Sandra Schulz: Die neue EU-Ratspräsidentschaft Frankreichs hat einen klaren geographischen Vorteil. Als Tagungsorte kommen attraktive Orte wie die Cote d'Azur in Frage. Eben dort in Cannes beraten die EU-Innenminister derzeit auf ihrem informellen Gipfel unter anderem über die Flüchtlingspolitik und Einwanderung. Vorab hatte es schon Forderungen nach Verbesserung des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen gegeben. Die Pläne für einen erweiterten Datenaustausch wollen wir jetzt vertiefen im Gespräch mit Silke Stokar, der Datenschutzexpertin von Bündnis 90/Die Grünen. Sie begrüße ich am Telefon. Guten Tag!
Silke Stokar: Guten Tag.
Schulz: Frau Stokar, wir haben es gerade gehört. Terrorfahnder sollen die Erlaubnis bekommen, Datenbanken wie zum Beispiel diese Bankenschaltstelle Swift zu nutzen. Wer muss diesen Datenaustausch fürchten?
Stokar: Alle Bankkunden, die internationale Überweisungen tätigen. Vor einem Jahr war das noch ein riesiger Skandal in Europa, dass die USA sich illegal Zugriff auf die Swift-Daten verschafft haben. Jetzt wollen auf einmal die europäischen Innenminister diesen Zugriff für ganz Europa legalisieren. Das heißt ja nichts anderes, als dass bei jeder Banküberweisung, die ich tätige und die ins europäische Ausland geht oder in einen Drittstaat geht, die Sicherheitsbehörden Einblick nehmen können. Das ist die völlige Aufgabe des Bankgeheimnisses.
Schulz: Aber warum meinen Sie, dass das alle Bankkunden fürchten müssen? Worin liegt für mich zum Beispiel die Bedrohung?
Stokar: Erstmal ist es meiner Meinung nach so, dass Europa sich Gedanken darüber machen sollte, nicht wie wir eine Kampagne für mehr Verständnis für Datenaustausch bekommen, sondern wir warten jetzt seit Jahren auf die europäische Datenschutzrichtlinie. Das heißt die verschiedenen Präsidentschaften, angefangen von der deutschen bis jetzt zur französischen Präsidentschaft, haben nichts, aber auch gar nichts getan für den Datenschutz in Europa. Jetzt soll das Prinzip umgekehrt werden und Verständnis geweckt werden für den Datenaustausch in Europa. Ich habe ein Recht darauf, dass meine Banküberweisungen nicht von allen möglichen Sicherheitsbehörden eingesehen werden können. Das ist der Kernbereich meines privaten Lebens, und bislang war es so, dass dieser in Europa geschützt war.
Schulz: Frau Stokar, es geht aber auch um Kfz-Kennzeichnen, um Angaben von Schusswaffen, die vielleicht nicht ganz so eng im engsten Persönlichkeitskreis anzusiedeln sind. Warum sollen die Mitgliedsstaaten die für sich behalten?
Stokar: Ich habe nichts dagegen - das ist sogar eine Forderung, die ich hier im Zusammenhang mit dem Waffengesetz in Deutschland aufgestellt habe -, dass es eine Schusswaffendatei gibt, auf die die Sicherheitsbehörden Zugriff haben. Das finde ich in Ordnung. Wir wollen nicht den Informationsaustausch dort, wo er sinnvoll ist, unterbinden. Aber das, was jetzt die Innenminister Schäuble, Sarkozy und Berlusconi vor haben, ist das Prinzip der totalen Verfügbarkeit aller Daten für die Sicherheitsbehörden, und das ist das Gegenteil von Datenschutz. Das ist die Aufgabe des Datenschutzes in Europa, ohne dass der Nachweis erbracht worden ist, ob der bisherige, ja schon sehr weit gehende Datenaustausch überhaupt zu irgendwelchen relevanten Erkenntnissen im Terrorismusbereich geführt hat.
Schulz: Aber ist die Gefahr des staatlichen Austauschs denn wirklich eine so große im Vergleich dazu, was die Menschen für Bonuskarten und Gratismöglichkeiten an Daten freiwillig abgeben?
Stokar: Ich glaube, dass man diesen Vergleich so nicht ziehen darf. Natürlich ist es richtig, dass die Bürgerinnen und Bürger sensibel mit ihren privaten Daten auch innerhalb der Privatwirtschaft umgehen müssen.
Schulz: Was sie aber nicht machen!
Stokar: Was sie nicht machen, was richtig ist, dass sie viele private Daten abgeben, um an irgendwelchen P-Kartensystemen teilzunehmen. Aber im Verhältnis Bürger/Staat bin ich nach wie vor der Meinung, dass die Grundsätze der Verfassung, auch des Vertrages von Lissabon gelten müssen und dass ich ein Recht darauf habe, dass meine privatesten Daten nicht völlig offen liegen gegenüber dem Zugriff von staatlichen Behörden. Das gilt für die Online-Durchsuchung, und das gilt für meine Bankdaten. Das gilt für meine Gesundheitsdaten, das gilt für meine Gen-Daten. Wenn wir aufhören, all diese Daten zu schützen, dann können wir auch gleich das Prinzip des gläsernen Bürgers einrichten und sagen, Datenschutz ist in Europa generell aufgehoben. Ich halte das für einen falschen Weg.
Silke Stokar: Guten Tag.
Schulz: Frau Stokar, wir haben es gerade gehört. Terrorfahnder sollen die Erlaubnis bekommen, Datenbanken wie zum Beispiel diese Bankenschaltstelle Swift zu nutzen. Wer muss diesen Datenaustausch fürchten?
Stokar: Alle Bankkunden, die internationale Überweisungen tätigen. Vor einem Jahr war das noch ein riesiger Skandal in Europa, dass die USA sich illegal Zugriff auf die Swift-Daten verschafft haben. Jetzt wollen auf einmal die europäischen Innenminister diesen Zugriff für ganz Europa legalisieren. Das heißt ja nichts anderes, als dass bei jeder Banküberweisung, die ich tätige und die ins europäische Ausland geht oder in einen Drittstaat geht, die Sicherheitsbehörden Einblick nehmen können. Das ist die völlige Aufgabe des Bankgeheimnisses.
Schulz: Aber warum meinen Sie, dass das alle Bankkunden fürchten müssen? Worin liegt für mich zum Beispiel die Bedrohung?
Stokar: Erstmal ist es meiner Meinung nach so, dass Europa sich Gedanken darüber machen sollte, nicht wie wir eine Kampagne für mehr Verständnis für Datenaustausch bekommen, sondern wir warten jetzt seit Jahren auf die europäische Datenschutzrichtlinie. Das heißt die verschiedenen Präsidentschaften, angefangen von der deutschen bis jetzt zur französischen Präsidentschaft, haben nichts, aber auch gar nichts getan für den Datenschutz in Europa. Jetzt soll das Prinzip umgekehrt werden und Verständnis geweckt werden für den Datenaustausch in Europa. Ich habe ein Recht darauf, dass meine Banküberweisungen nicht von allen möglichen Sicherheitsbehörden eingesehen werden können. Das ist der Kernbereich meines privaten Lebens, und bislang war es so, dass dieser in Europa geschützt war.
Schulz: Frau Stokar, es geht aber auch um Kfz-Kennzeichnen, um Angaben von Schusswaffen, die vielleicht nicht ganz so eng im engsten Persönlichkeitskreis anzusiedeln sind. Warum sollen die Mitgliedsstaaten die für sich behalten?
Stokar: Ich habe nichts dagegen - das ist sogar eine Forderung, die ich hier im Zusammenhang mit dem Waffengesetz in Deutschland aufgestellt habe -, dass es eine Schusswaffendatei gibt, auf die die Sicherheitsbehörden Zugriff haben. Das finde ich in Ordnung. Wir wollen nicht den Informationsaustausch dort, wo er sinnvoll ist, unterbinden. Aber das, was jetzt die Innenminister Schäuble, Sarkozy und Berlusconi vor haben, ist das Prinzip der totalen Verfügbarkeit aller Daten für die Sicherheitsbehörden, und das ist das Gegenteil von Datenschutz. Das ist die Aufgabe des Datenschutzes in Europa, ohne dass der Nachweis erbracht worden ist, ob der bisherige, ja schon sehr weit gehende Datenaustausch überhaupt zu irgendwelchen relevanten Erkenntnissen im Terrorismusbereich geführt hat.
Schulz: Aber ist die Gefahr des staatlichen Austauschs denn wirklich eine so große im Vergleich dazu, was die Menschen für Bonuskarten und Gratismöglichkeiten an Daten freiwillig abgeben?
Stokar: Ich glaube, dass man diesen Vergleich so nicht ziehen darf. Natürlich ist es richtig, dass die Bürgerinnen und Bürger sensibel mit ihren privaten Daten auch innerhalb der Privatwirtschaft umgehen müssen.
Schulz: Was sie aber nicht machen!
Stokar: Was sie nicht machen, was richtig ist, dass sie viele private Daten abgeben, um an irgendwelchen P-Kartensystemen teilzunehmen. Aber im Verhältnis Bürger/Staat bin ich nach wie vor der Meinung, dass die Grundsätze der Verfassung, auch des Vertrages von Lissabon gelten müssen und dass ich ein Recht darauf habe, dass meine privatesten Daten nicht völlig offen liegen gegenüber dem Zugriff von staatlichen Behörden. Das gilt für die Online-Durchsuchung, und das gilt für meine Bankdaten. Das gilt für meine Gesundheitsdaten, das gilt für meine Gen-Daten. Wenn wir aufhören, all diese Daten zu schützen, dann können wir auch gleich das Prinzip des gläsernen Bürgers einrichten und sagen, Datenschutz ist in Europa generell aufgehoben. Ich halte das für einen falschen Weg.