Der Innenminister kündigte an, dass bis zum Ende des Monats noch rund 700 Roma "in ihre Heimat" - wie er es nennt - zurück gebracht werden. Dass die Roma "Heimat" anders definieren, als der französische Innenminister liegt auf der Hand, aber auch in Bulgarien selbst werden die Ausweisungen scharf kritisiert: So wirft die bulgarische Oppositionszeitung "Sega" Frankreich "die größte Massendeportation seit dem Zweiten Weltkrieg" vor.
Welches Leben die ausgewiesenen Roma in Bulgarien erwartet, Simone Böcker ist der Frage nachgegangen:
Die Sonne brennt heiß vom Sofioter Mittagshimmel, langsam schiebt Vaska Mihailova ihre Mülltonne über den Platz vor dem sowjetischen Denkmal. Ihr Kollege fegt mit dem Besen die vertrockneten Blätter zusammen. Die Stadtangestellten sind Roma und halten hier jeden Tag den Park sauber:
"Wir arbeiten für sehr wenig Geld, so wenig, dass wir manchmal nicht wissen, was wir essen sollen. Hungrig kommen wir zur Arbeit. Wir bekommen 240 Leva, 120 Euro im Monat, das ist der Minimallohn, davon kann man nicht leben."
Ivan Dimitrov war bereits in Spanien, sechs Jahre hat er auf Baustellen gearbeitet. Und er will wieder weg – so bald es geht:
"Wir Roma werden in Bulgarien nicht geschätzt, und deswegen gehen wir in andere Länder, weil es mehr Geld gibt und man einen höheren Lebensstandard hat. In Spanien hat es mir gut gefallen, die Firma hat uns 1300 Euro im Monat gezahlt. Ich habe mich wie ein König gefühlt. Hier werden wir wie Sklaven behandelt."
Wenn sie könnte, dann würde auch Vaska Mihailova am liebsten auswandern. Doch hat sie einen kranken Mann und kein Geld für die Reise. Und sie ist nicht mehr allzu jung. Sonst wäre sie schon längst weg. Dass Frankreich die bulgarischen Roma nun in ihre Heimat abschiebt – Vaska schüttelt den Kopf. Auch wir sind Menschen, auch wir möchten leben, sagt sie. Und eine Zukunft für unsere Kinder haben. Das wollten auch die 700 Roma auf der Abschiebeliste, meint Iliya Iliev, Vorsitzender der Roma-Partei Drom. Er verurteilt das Vorgehen Frankreichs scharf:
"Kriminalität muss natürlich verfolgt werden. Jede Gesetzesübertretung muss sanktioniert werden. Aber nicht durch eine solche Massenaktionen gegen alle. Mit dieser Aktion verletzt Frankreich die Menschenrechte. Diese Roma sind bulgarische und rumänische Bürger. Wir sind Mitglied der EU. Das ist eine durch und durch inhumane Aktion. Sanktionen, ok. Aber das Abschieben einer ganzen Gemeinschaft, das ist schlimm."
Mit Unverständnis reagierten auch viele bulgarischen Medien. Die größte Massendeportation nach dem Zweiten Weltkrieg, hieß es in der Zeitung "Sega". Auch Ivan Dikov, Chefredakteur der Nachrichtenseite novinite, schrieb einen gepfefferten Leitartikel:
"Bulgarien wurde ständig wegen der mangelhaften Integration der Roma kritisiert. Und das zu Recht! Wir haben versagt. Jetzt gab es die Chance für die westeuropäischen Staaten zu zeigen, wie man mit der Sache besser umgehen kann. Und was erleben wir? Abschiebungen! Das ist wirklich ein düsteres Bild, das wir hier von der EU und den zwischeneuropäischen Beziehungen bekommen."
Enttäuschung – das ist das überwiegende Gefühl vieler, die bislang auf die EU als moralische Instanz gezählt haben. Dazu mischt sich jetzt ein Schuss Häme, denn insgeheim gab es schon immer die Vermutung, dass die westeuropäischen Mahnungen zu Toleranz im Ernstfall nur leere Worthülsen sind. Doch für Ivan Dikov ist das Problem zu ernst, um Schadenfreude zu empfinden:
"Es geht nicht darum, dass wir diese Leute nicht zurückhaben wollen. Sondern es ist für uns ein klares Signal, dass die westeuropäischen Staaten nicht bei der Lösung dieses Problems mithelfen wollen, das die gesamte EU betrifft. 10 Millionen Roma leben in der EU, es muss dringend ein Weg gefunden werden, den Teufelskreis, in dem sie sich befinden, zu durchbrechen. Aber es gibt in Europa offenbar keinen Wunsch, sich darüber zu verständigen und geschlossen zu handeln. Diese Aktion zeigt ein totales Scheitern des Zusammenhalts in der EU."
Ohnehin ist man sich in Bulgarien sicher, werden die meisten der Abgeschobenen sowieso wieder den Weg nach Frankreich suchen. Oder Schlimmeres, befürchtet der Drom-Vorsitzende Iliev:
"Jeder Mensch folgt am Ende einem Überlebenstrieb. Und wenn jemand nichts zu essen hat, dann wird er darum kämpfen müssen. Ich denke, viele werden aus Not und Armut irgendwie in die Kriminalität abdriften. Und das wird am Ende schädlich für alle sein."
Welches Leben die ausgewiesenen Roma in Bulgarien erwartet, Simone Böcker ist der Frage nachgegangen:
Die Sonne brennt heiß vom Sofioter Mittagshimmel, langsam schiebt Vaska Mihailova ihre Mülltonne über den Platz vor dem sowjetischen Denkmal. Ihr Kollege fegt mit dem Besen die vertrockneten Blätter zusammen. Die Stadtangestellten sind Roma und halten hier jeden Tag den Park sauber:
"Wir arbeiten für sehr wenig Geld, so wenig, dass wir manchmal nicht wissen, was wir essen sollen. Hungrig kommen wir zur Arbeit. Wir bekommen 240 Leva, 120 Euro im Monat, das ist der Minimallohn, davon kann man nicht leben."
Ivan Dimitrov war bereits in Spanien, sechs Jahre hat er auf Baustellen gearbeitet. Und er will wieder weg – so bald es geht:
"Wir Roma werden in Bulgarien nicht geschätzt, und deswegen gehen wir in andere Länder, weil es mehr Geld gibt und man einen höheren Lebensstandard hat. In Spanien hat es mir gut gefallen, die Firma hat uns 1300 Euro im Monat gezahlt. Ich habe mich wie ein König gefühlt. Hier werden wir wie Sklaven behandelt."
Wenn sie könnte, dann würde auch Vaska Mihailova am liebsten auswandern. Doch hat sie einen kranken Mann und kein Geld für die Reise. Und sie ist nicht mehr allzu jung. Sonst wäre sie schon längst weg. Dass Frankreich die bulgarischen Roma nun in ihre Heimat abschiebt – Vaska schüttelt den Kopf. Auch wir sind Menschen, auch wir möchten leben, sagt sie. Und eine Zukunft für unsere Kinder haben. Das wollten auch die 700 Roma auf der Abschiebeliste, meint Iliya Iliev, Vorsitzender der Roma-Partei Drom. Er verurteilt das Vorgehen Frankreichs scharf:
"Kriminalität muss natürlich verfolgt werden. Jede Gesetzesübertretung muss sanktioniert werden. Aber nicht durch eine solche Massenaktionen gegen alle. Mit dieser Aktion verletzt Frankreich die Menschenrechte. Diese Roma sind bulgarische und rumänische Bürger. Wir sind Mitglied der EU. Das ist eine durch und durch inhumane Aktion. Sanktionen, ok. Aber das Abschieben einer ganzen Gemeinschaft, das ist schlimm."
Mit Unverständnis reagierten auch viele bulgarischen Medien. Die größte Massendeportation nach dem Zweiten Weltkrieg, hieß es in der Zeitung "Sega". Auch Ivan Dikov, Chefredakteur der Nachrichtenseite novinite, schrieb einen gepfefferten Leitartikel:
"Bulgarien wurde ständig wegen der mangelhaften Integration der Roma kritisiert. Und das zu Recht! Wir haben versagt. Jetzt gab es die Chance für die westeuropäischen Staaten zu zeigen, wie man mit der Sache besser umgehen kann. Und was erleben wir? Abschiebungen! Das ist wirklich ein düsteres Bild, das wir hier von der EU und den zwischeneuropäischen Beziehungen bekommen."
Enttäuschung – das ist das überwiegende Gefühl vieler, die bislang auf die EU als moralische Instanz gezählt haben. Dazu mischt sich jetzt ein Schuss Häme, denn insgeheim gab es schon immer die Vermutung, dass die westeuropäischen Mahnungen zu Toleranz im Ernstfall nur leere Worthülsen sind. Doch für Ivan Dikov ist das Problem zu ernst, um Schadenfreude zu empfinden:
"Es geht nicht darum, dass wir diese Leute nicht zurückhaben wollen. Sondern es ist für uns ein klares Signal, dass die westeuropäischen Staaten nicht bei der Lösung dieses Problems mithelfen wollen, das die gesamte EU betrifft. 10 Millionen Roma leben in der EU, es muss dringend ein Weg gefunden werden, den Teufelskreis, in dem sie sich befinden, zu durchbrechen. Aber es gibt in Europa offenbar keinen Wunsch, sich darüber zu verständigen und geschlossen zu handeln. Diese Aktion zeigt ein totales Scheitern des Zusammenhalts in der EU."
Ohnehin ist man sich in Bulgarien sicher, werden die meisten der Abgeschobenen sowieso wieder den Weg nach Frankreich suchen. Oder Schlimmeres, befürchtet der Drom-Vorsitzende Iliev:
"Jeder Mensch folgt am Ende einem Überlebenstrieb. Und wenn jemand nichts zu essen hat, dann wird er darum kämpfen müssen. Ich denke, viele werden aus Not und Armut irgendwie in die Kriminalität abdriften. Und das wird am Ende schädlich für alle sein."