Sigrid Fischer: Smudo, Sie spielen einen fiesen Typ mit schlechtem Geschmack, wenn man sich die Anzüge anschaut. Wie gefallen Sie sich selbst in der Rolle?
Smudo: Auf die Frage, was zieht denn der Onkel Walther an?, hat die Regisseurin Tina von Traben gesagt: scheißegal, Hauptsache teuer. Und das war für mich auch so ein Schlüsselding, was Onkel Walther ist, der sich sein "guck mal, ich hab's geschafft" dadurch holt, indem er entsprechende Sachen, Waren an sich dran hängt. Der Walther ist eigentlich ein Typ, mit dem ich persönlich nichts zu tun haben wollte. Aber da ich mich ja sehr mit ihm beschäftigt habe, habe ich bei ihm etwas sehr Liebenswertes gefunden. Das ist nämlich ein kleiner Junge, der echt vom Papa nicht so geliebt wurde wie seine Schwester. Und das ist eigentlich traurig. Und eigentlich auch realistisch, dass wenn jemand die letzten 30 Jahre seines Lebens auf der Karriereleiter und nicht auf der Couch beim Therapeuten verbracht hat, dass der so wird wie Onkel Walther. Und irgendwann ist jeder mal arrogant oder egoistisch.
Fischer: Es wurde ja nicht viel mit Maske gemacht, man musste nicht soviel verändern, und schon sieht man Smudo als Fiesling.
Smudo: Nein, ich glaube, wenn ich einfach nur so aus mir rausgucke, hält man mich oft für schlecht gelaunt. Das ist natürlich hilfreich für jemand wie Onkel Walther.
Fischer: Haben Sie eine Stamm-Pommesbude in irgendeiner Stadt dieser Welt?
Smudo: Ja, tatsächlich, und zwar bei mir um die Ecke, die heißt so wie ich: Pommes Schmidt. Die machen eine ganz adäquate Currywurst. Die leckerste Wurst mache ich natürlich selbst auf dem Grill, is' ja klar: 200 Grad, bei indirekter Hitze, zehn Minuten, und wenn man's braucht, kann man's noch ein bisschen anschmiergeln. Und dann war ich – als ich "Das Haus Anubis" gedreht habe in Belgien, haben mich die Mitarbeiter in eine richtig zünftige belgische Frittjesbude mitgenommen. Und das ist großes Showgeschäft. So muss man die Fritten machen!
Fischer: Rot-weiß, oder rot oder weiß oder ohne, die Pommes?
Smudo: Gerne rot-weiß mit starker Tendenz zur Mayonnaise.
Fischer: Im Auto fahren Sie ja gerne Rapsöl – kann man damit auch Pommes machen?
Smudo: Selbstverständlich kann man mit Rapsöl – ja, weiß ich gar nicht. Auf jeden Fall kann man mit Rapsöl ganz gut kochen. Und es macht sich sehr gut im Diesel. Ja, das stimmt, ich fahre mit Rapsöl seit fast zehn Jahren.
Fischer: Aber nur im Motorsport, nicht im normalen –
Smudo: Nein, bedauerlicherweise nicht, 100 Prozent Rapsöldiesel, wie ich ihn eine Zeit lang fuhr, das geht leider nicht. Die deutschen Autohersteller zieren sich.
Fischer: Fanta4 kokettieren ja immer ein bisschen damit: Vielleicht hören wir doch mal auf, vielleicht ist das unser letztes Album. Also ist das schon der Weg für danach: Dann werde ich eben Schauspieler?
Smudo: Das zweite Standbein … weiß ich nicht, ob es das wirklich ist. Ich mache ja viele Sachen nebenher, manche Sachen bringen ein bisschen was ein, manche nicht. Aber Fanta4, das ist mein Hauptberuf und das macht ja auch Riesenspaß. Wir werden jetzt zusammen das neue "Unplugged" machen, freu ich mich schon sehr drauf. Dann wollen wir uns an ein neues Album setzen. Aber ich finde das Schauspielen ganz toll, das war ein tolles letztes Jahr, die beiden Filme zu drehen, hab sehr viel gelernt, und das möchte ich gerne weiter machen und auch ausbauen.
Fischer: Es ist ja jetzt so, dass man den Film guckt und denkt: Ach guck mal, toll, der Smudo spielt einen Bösewicht. Aber wahrscheinlich soll das mal dahin gehen, dass man eine Figur richtig so entwickelt, dass man nicht mehr an den Smudo denkt, der einen Auftritt in einem Film hat, oder?
Smudo: Das ist natürlich das Problem, das zweischneidige Schwert. Weil ich mit meinem Gesicht natürlich mit einer anderen Tätigkeit verbunden werde, und – geht mir ja selber so, wenn ich den Kollegen Campino im Film sehe, weiß ich manchmal auch nicht, was ich denken soll. Ich fand aber, dass es gerade bei "Pommes essen" mir selber nicht so aufgefallen ist. Meine Bandkumpels fanden's merkwürdig, weil die mich natürlich ganz anders kennen. Bei "Pommes essen" hatte ich das Gefühl, das kann schon gehen. Selbst ein einschneidiges Schwert ist ein zweischneidiges Schwert, denn es hat eine scharfe und eine stumpfe Seite.
Fischer: Aber die Situation ist für Sie ja vollkommen ungewohnt. Sie schreiben die Texte, Sie haben vollkommen die Regie. Und auf einmal ist da einer, der sagt: nee, so nicht. Wie kommen Sie denn damit klar als jemand, der es gewohnt ist, sein eigener Regisseur zu sein?
Smudo: Das find ich ganz toll. Es ist genau wie bei "American Beauty", als Kevin Spacey sich beim Fastfood-Restaurant vorstellt und der Chef sagt: Sie sind ja in allen Breichen vollkommen überqualifiziert. Warum wollen Sie denn hier arbeiten? - "I'm looking for something with the least amount of responsibility." - Ich suche nach etwas mit dem geringstmöglichen Verantwortungsaufwand. Das ist schön, weisungsbefugt zu arbeiten. Auch jemand zu sein, der ich gar nicht bin. Wenn ich auf der Bühne bin, schreibe ich über die Dinge, die mich beschäftigen, wir spielen unsere Musik, da bin ich ich. Aber tatsächlich was zu sein und was anderes zu machen, das ist für mich ne tolle Abwechselung. Und "Pommes essen" ist zum ersten Mal eine größere, richtige Rolle. So richtig mit Spielen und so. Und das ist schon ein anderer Schnack.
Fischer: "Irgendwann fällt der Vorhang, dann geben wir dem Privatleben Vorrang" – kennen wir die Liedzeile – ist aus dem letzten Album – das sind ja schon so kleine Anspielungen. Wie ist das denn mit diesem "Wir sind jetzt 20 Jahre die Rapband in Deutschland"? Und die Fans, sind die mitgewachsen, kommen die nach, passt man sich denen an und sagt: Die könnten ja fast unsere Kinder sein?
Smudo: Jaaa, das ist auf jeden Fall ein Gedanke, der uns oft durchfleucht, wie das ist, als Coolness-Katechismus-Rapper alt zu werden. Aber aktuell geht's noch ganz gut. Zum Beispiel das "MTV Unplugged", das wir jetzt wiederholen, aber das wir vor 12 Jahren das erste Mal gemacht haben. Da haben wir uns in eine erwachsenere Welt gegeben, und das hat uns gut getan. Wir haben viele Leute mitgenommen, und wir haben dieses multiinstrumentelle ja auch ausgebaut auf der Bühne und sind musikalisch eine sehr anspruchsvolle Band. Und trotzdem gibt es aber auch – na, die 15-jährigen Fans vielleicht nicht mehr, aber der 20-jährige Fan vielleicht – der das irgendwie cool findet. Und ich bin mir manchmal nicht sicher, ob das wirklich an uns liegt, oder ob es nicht einfach die Zeit ist. Weil ich habe den Eindruck, dass der Popmusikfan sehr breit gefächert ist vom Alter her als noch vor 20 oder 30 Jahren.
Fischer: Eigentlich müssten ja die heute 20-Jährigen wieder ihr eigenes Ding entwickeln, so wie Ihr das damals auch gemacht habt.
Smudo: Also meiner Einschätzung nach entsteht dieses neue Ding gar nicht in den Musikkellern. Musik dient ja in allererster Linie der Identitätsstiftung, möchte ich mal sagen. Man ist ein junger Mensch, man ist auf der Suche nach sich und seinem Weg, und dann hört man dazu einen gewissen Soundtrack, der Ideen oder Träume transportiert, denen ich gerne nachkomme in meiner Generation, die sind natürlich in der Regel gegen "da oben". Oder gegen das Establishment im Allgemeinen und dann eher aufbrechen soll. Aber derjenige, der heute das Gefühl hat, ich verändere die Welt, ich glaube nicht, dass der einen bestimmten Soundtrack hat wie jemand, der das in den 70ern gemacht hat. Ich glaube, dass der was anderes macht. Die Anonymous-Geschichten beispielsweise, das ist bestimmt etwas, dem man sich als jugendlicher Rebell gerne anschließen möchte. Kann mir jemand ne spezielle Anonymous-Musik nennen? Nein. Eine Hippie-Musik aus den Sixties, da gibt es ganze Platten voll. Aber da gibt es keinen Soundtrack dazu, aber es gibt ne Mode, die Fashion, die Maske, einen gewissen Behaviorismus. Das gibt es sicher. Ich glaube, Musik ist diesbezüglich lange nicht mehr auf dem Punkt, wie wir das vielleicht mal gewohnt waren, wir "fourtysomethings".
Fischer: Da ist der Film ja an einer ganz aktuellen Frage dran. Beim Currysaucenrezept geht es ja letztendlich ums Urheberrecht. Onkel Walther will das Originalrezept, das ist aber geheim und es gehört seiner Schwester. Er will es kopieren, er will es klauen. Im Film haben wir ein Happy End. Wird es das in der Musikbranche zum Thema Urheberrecht auch mal irgendwann geben?
Smudo: Das ist natürlich ein sehr unterhaltsames Bild. Ja, das Urheberrecht ist wirklich ein ganz abgefahrenes Ding. Das Interessante vor allem, es wurde ja von Urhebern für Urheber als Schutz vor Ausbeutung von Industrie ersonnen, und ist jetzt als Synonym in der Diskussion von Industrie und Ausbeutung. Also völlig gedreht. Aber ich denke, im Großen und Ganzen ist der Konsens schon so, dass man eigentlich der Ansicht ist, dass man das, was man macht, dass man dafür ruhig eine Bezahlung sehen sollte und man es auch so verwenden sollte, wie man möchte, also dass nicht jemand die Musik wegnimmt und veröffentlicht, obwohl man das selbst vielleicht gar nicht will. Mein Eindruck ist, dass die legislative Welt wie immer der echten Welt hinterher regelt. Und ich hab auch den Eindruck, dass das auf einem einigermaßen okayen Weg ist. Und zum Glück haben die Piraten diesen billigen Populismus aufgegeben, den Leuten zu sagen: Hey, wenn Ihr uns wählt, gibt es Süßigkeiten für alle, und zwar umsonst. Das kann's ja nicht sein. Dass natürlich ein rebellierender Teenager selbstverständlich ganz anders argumentiert und sicher jemand ist, der sich ganz gerne mal was "besorgt" – wir haben unsere Kippen ja auch nicht bezahlt – ist ja auch normal. Aber denkt daran: Lasst den Künstlern ihre Drogen, denn sie nehmen sie für uns.
Filmhomepage "Pommes Essen"
Fanseite der "Fantastischen 4"
Smudo: Auf die Frage, was zieht denn der Onkel Walther an?, hat die Regisseurin Tina von Traben gesagt: scheißegal, Hauptsache teuer. Und das war für mich auch so ein Schlüsselding, was Onkel Walther ist, der sich sein "guck mal, ich hab's geschafft" dadurch holt, indem er entsprechende Sachen, Waren an sich dran hängt. Der Walther ist eigentlich ein Typ, mit dem ich persönlich nichts zu tun haben wollte. Aber da ich mich ja sehr mit ihm beschäftigt habe, habe ich bei ihm etwas sehr Liebenswertes gefunden. Das ist nämlich ein kleiner Junge, der echt vom Papa nicht so geliebt wurde wie seine Schwester. Und das ist eigentlich traurig. Und eigentlich auch realistisch, dass wenn jemand die letzten 30 Jahre seines Lebens auf der Karriereleiter und nicht auf der Couch beim Therapeuten verbracht hat, dass der so wird wie Onkel Walther. Und irgendwann ist jeder mal arrogant oder egoistisch.
Fischer: Es wurde ja nicht viel mit Maske gemacht, man musste nicht soviel verändern, und schon sieht man Smudo als Fiesling.
Smudo: Nein, ich glaube, wenn ich einfach nur so aus mir rausgucke, hält man mich oft für schlecht gelaunt. Das ist natürlich hilfreich für jemand wie Onkel Walther.
Fischer: Haben Sie eine Stamm-Pommesbude in irgendeiner Stadt dieser Welt?
Smudo: Ja, tatsächlich, und zwar bei mir um die Ecke, die heißt so wie ich: Pommes Schmidt. Die machen eine ganz adäquate Currywurst. Die leckerste Wurst mache ich natürlich selbst auf dem Grill, is' ja klar: 200 Grad, bei indirekter Hitze, zehn Minuten, und wenn man's braucht, kann man's noch ein bisschen anschmiergeln. Und dann war ich – als ich "Das Haus Anubis" gedreht habe in Belgien, haben mich die Mitarbeiter in eine richtig zünftige belgische Frittjesbude mitgenommen. Und das ist großes Showgeschäft. So muss man die Fritten machen!
Fischer: Rot-weiß, oder rot oder weiß oder ohne, die Pommes?
Smudo: Gerne rot-weiß mit starker Tendenz zur Mayonnaise.
Fischer: Im Auto fahren Sie ja gerne Rapsöl – kann man damit auch Pommes machen?
Smudo: Selbstverständlich kann man mit Rapsöl – ja, weiß ich gar nicht. Auf jeden Fall kann man mit Rapsöl ganz gut kochen. Und es macht sich sehr gut im Diesel. Ja, das stimmt, ich fahre mit Rapsöl seit fast zehn Jahren.
Fischer: Aber nur im Motorsport, nicht im normalen –
Smudo: Nein, bedauerlicherweise nicht, 100 Prozent Rapsöldiesel, wie ich ihn eine Zeit lang fuhr, das geht leider nicht. Die deutschen Autohersteller zieren sich.
Fischer: Fanta4 kokettieren ja immer ein bisschen damit: Vielleicht hören wir doch mal auf, vielleicht ist das unser letztes Album. Also ist das schon der Weg für danach: Dann werde ich eben Schauspieler?
Smudo: Das zweite Standbein … weiß ich nicht, ob es das wirklich ist. Ich mache ja viele Sachen nebenher, manche Sachen bringen ein bisschen was ein, manche nicht. Aber Fanta4, das ist mein Hauptberuf und das macht ja auch Riesenspaß. Wir werden jetzt zusammen das neue "Unplugged" machen, freu ich mich schon sehr drauf. Dann wollen wir uns an ein neues Album setzen. Aber ich finde das Schauspielen ganz toll, das war ein tolles letztes Jahr, die beiden Filme zu drehen, hab sehr viel gelernt, und das möchte ich gerne weiter machen und auch ausbauen.
Fischer: Es ist ja jetzt so, dass man den Film guckt und denkt: Ach guck mal, toll, der Smudo spielt einen Bösewicht. Aber wahrscheinlich soll das mal dahin gehen, dass man eine Figur richtig so entwickelt, dass man nicht mehr an den Smudo denkt, der einen Auftritt in einem Film hat, oder?
Smudo: Das ist natürlich das Problem, das zweischneidige Schwert. Weil ich mit meinem Gesicht natürlich mit einer anderen Tätigkeit verbunden werde, und – geht mir ja selber so, wenn ich den Kollegen Campino im Film sehe, weiß ich manchmal auch nicht, was ich denken soll. Ich fand aber, dass es gerade bei "Pommes essen" mir selber nicht so aufgefallen ist. Meine Bandkumpels fanden's merkwürdig, weil die mich natürlich ganz anders kennen. Bei "Pommes essen" hatte ich das Gefühl, das kann schon gehen. Selbst ein einschneidiges Schwert ist ein zweischneidiges Schwert, denn es hat eine scharfe und eine stumpfe Seite.
Fischer: Aber die Situation ist für Sie ja vollkommen ungewohnt. Sie schreiben die Texte, Sie haben vollkommen die Regie. Und auf einmal ist da einer, der sagt: nee, so nicht. Wie kommen Sie denn damit klar als jemand, der es gewohnt ist, sein eigener Regisseur zu sein?
Smudo: Das find ich ganz toll. Es ist genau wie bei "American Beauty", als Kevin Spacey sich beim Fastfood-Restaurant vorstellt und der Chef sagt: Sie sind ja in allen Breichen vollkommen überqualifiziert. Warum wollen Sie denn hier arbeiten? - "I'm looking for something with the least amount of responsibility." - Ich suche nach etwas mit dem geringstmöglichen Verantwortungsaufwand. Das ist schön, weisungsbefugt zu arbeiten. Auch jemand zu sein, der ich gar nicht bin. Wenn ich auf der Bühne bin, schreibe ich über die Dinge, die mich beschäftigen, wir spielen unsere Musik, da bin ich ich. Aber tatsächlich was zu sein und was anderes zu machen, das ist für mich ne tolle Abwechselung. Und "Pommes essen" ist zum ersten Mal eine größere, richtige Rolle. So richtig mit Spielen und so. Und das ist schon ein anderer Schnack.
Fischer: "Irgendwann fällt der Vorhang, dann geben wir dem Privatleben Vorrang" – kennen wir die Liedzeile – ist aus dem letzten Album – das sind ja schon so kleine Anspielungen. Wie ist das denn mit diesem "Wir sind jetzt 20 Jahre die Rapband in Deutschland"? Und die Fans, sind die mitgewachsen, kommen die nach, passt man sich denen an und sagt: Die könnten ja fast unsere Kinder sein?
Smudo: Jaaa, das ist auf jeden Fall ein Gedanke, der uns oft durchfleucht, wie das ist, als Coolness-Katechismus-Rapper alt zu werden. Aber aktuell geht's noch ganz gut. Zum Beispiel das "MTV Unplugged", das wir jetzt wiederholen, aber das wir vor 12 Jahren das erste Mal gemacht haben. Da haben wir uns in eine erwachsenere Welt gegeben, und das hat uns gut getan. Wir haben viele Leute mitgenommen, und wir haben dieses multiinstrumentelle ja auch ausgebaut auf der Bühne und sind musikalisch eine sehr anspruchsvolle Band. Und trotzdem gibt es aber auch – na, die 15-jährigen Fans vielleicht nicht mehr, aber der 20-jährige Fan vielleicht – der das irgendwie cool findet. Und ich bin mir manchmal nicht sicher, ob das wirklich an uns liegt, oder ob es nicht einfach die Zeit ist. Weil ich habe den Eindruck, dass der Popmusikfan sehr breit gefächert ist vom Alter her als noch vor 20 oder 30 Jahren.
Fischer: Eigentlich müssten ja die heute 20-Jährigen wieder ihr eigenes Ding entwickeln, so wie Ihr das damals auch gemacht habt.
Smudo: Also meiner Einschätzung nach entsteht dieses neue Ding gar nicht in den Musikkellern. Musik dient ja in allererster Linie der Identitätsstiftung, möchte ich mal sagen. Man ist ein junger Mensch, man ist auf der Suche nach sich und seinem Weg, und dann hört man dazu einen gewissen Soundtrack, der Ideen oder Träume transportiert, denen ich gerne nachkomme in meiner Generation, die sind natürlich in der Regel gegen "da oben". Oder gegen das Establishment im Allgemeinen und dann eher aufbrechen soll. Aber derjenige, der heute das Gefühl hat, ich verändere die Welt, ich glaube nicht, dass der einen bestimmten Soundtrack hat wie jemand, der das in den 70ern gemacht hat. Ich glaube, dass der was anderes macht. Die Anonymous-Geschichten beispielsweise, das ist bestimmt etwas, dem man sich als jugendlicher Rebell gerne anschließen möchte. Kann mir jemand ne spezielle Anonymous-Musik nennen? Nein. Eine Hippie-Musik aus den Sixties, da gibt es ganze Platten voll. Aber da gibt es keinen Soundtrack dazu, aber es gibt ne Mode, die Fashion, die Maske, einen gewissen Behaviorismus. Das gibt es sicher. Ich glaube, Musik ist diesbezüglich lange nicht mehr auf dem Punkt, wie wir das vielleicht mal gewohnt waren, wir "fourtysomethings".
Fischer: Da ist der Film ja an einer ganz aktuellen Frage dran. Beim Currysaucenrezept geht es ja letztendlich ums Urheberrecht. Onkel Walther will das Originalrezept, das ist aber geheim und es gehört seiner Schwester. Er will es kopieren, er will es klauen. Im Film haben wir ein Happy End. Wird es das in der Musikbranche zum Thema Urheberrecht auch mal irgendwann geben?
Smudo: Das ist natürlich ein sehr unterhaltsames Bild. Ja, das Urheberrecht ist wirklich ein ganz abgefahrenes Ding. Das Interessante vor allem, es wurde ja von Urhebern für Urheber als Schutz vor Ausbeutung von Industrie ersonnen, und ist jetzt als Synonym in der Diskussion von Industrie und Ausbeutung. Also völlig gedreht. Aber ich denke, im Großen und Ganzen ist der Konsens schon so, dass man eigentlich der Ansicht ist, dass man das, was man macht, dass man dafür ruhig eine Bezahlung sehen sollte und man es auch so verwenden sollte, wie man möchte, also dass nicht jemand die Musik wegnimmt und veröffentlicht, obwohl man das selbst vielleicht gar nicht will. Mein Eindruck ist, dass die legislative Welt wie immer der echten Welt hinterher regelt. Und ich hab auch den Eindruck, dass das auf einem einigermaßen okayen Weg ist. Und zum Glück haben die Piraten diesen billigen Populismus aufgegeben, den Leuten zu sagen: Hey, wenn Ihr uns wählt, gibt es Süßigkeiten für alle, und zwar umsonst. Das kann's ja nicht sein. Dass natürlich ein rebellierender Teenager selbstverständlich ganz anders argumentiert und sicher jemand ist, der sich ganz gerne mal was "besorgt" – wir haben unsere Kippen ja auch nicht bezahlt – ist ja auch normal. Aber denkt daran: Lasst den Künstlern ihre Drogen, denn sie nehmen sie für uns.
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