" William Walton
Aus: Concerto for Viola and Orchestra
2. Satz; Ausschnitt "
Walton, der von 1902 bis 1983 lebte, hatte in den zwanziger Jahren durchaus mit Elementen der musikalischen Moderne experimentiert und ähnlich wie Strawinsky einen veritablen Skandal-Erfolg zuwege gebracht: mit dem auch sprachlich recht eigenwilligen Melodram "Facade". Doch später machte er einen Rückzieher: das Konzert für Viola und Orchester von 1929 zeigt wieder fast schon romantische Züge. Trotzdem weigerte sich der zunächst für die Uraufführung vorgesehene Lionel Tertis, das Werk aus der Taufe zu heben, und zwar mit der Begründung, es sei zu modern und deshalb unspielbar. Am 3. Oktober 1929 kam das Konzert dann doch in London auf die Bühne, und Solist war der keineswegs weniger prominente Paul Hindemith, der damit gleichzeitig seine Wertschätzung für den jungen britischen Kollegen zum Ausdruck brachte und dessen Karriere einen gehörigen Schub gab.
" William Walton
Aus: Concerto for Viola and Orchestra
2. Satz; Ausschnitt 7 "
Soweit der 2. Satz aus dem Violakonzert von William Walton, komponiert in einer zeittypischen, fast schon wieder barock anmutenden motorischen Bewegung.
Deutlich "moderner" ist die Handschrift der schottischen Komponistin Sally Beamish, die schon deshalb einen besonders direkten Draht zu den vier Saiten der Viola hat, weil sie viele Jahre lang bei den London Mozart Players und dem Scottish Chamber Orchestra als erste Bratschistin ihr Geld verdiente. Typisch für viele ihrer Werke ist ein direkter Bezug zu starken außermusikalischen Bildern oder Szenen, die dann den Verlauf und die Machart der Komposition bestimmen. Bei ihrem ersten, einsätzigen Violakonzert von 1995 ist es eine persönliche Auseinandersetzung mit der berühmten Bibelstelle im neuen Testament, wo der Apostel Petrus im Vorfeld von Christi Leidensgeschichte wiederholt leugnet, diesen Jesus überhaupt zu kennen. Musikalisch verkörpert wird Petrus durch die Bratsche; sie ist die Hauptfigur in dieser Erzählung über menschliche Schwäche, über fehlenden Bekennermut aus Angst vor Verfolgung, über anschließende Gewissensbisse und Selbstvorwürfe. Das Orchester stellt über weite Strecken den tumultartigen Lärm dar, der rund um den Gerichtshof herrscht. Die Komponistin setzt geradezu klassische Werkzeuge der Tonsymbolik ein, zum Beispiel wenn sie die Falschheit der Petrus-Aussage mit übermäßigen Quarten darstellt, also mit dem immer schon als "teuflisch" empfundenen Tritonus. Hören Sie hier, wie auf das Krähen des Hahns eine ausgedehnte tränenreiche Passage folgt ("Petrus weinete bitterlich"), eine Passage, die sich nur langsam zu einem leisen Optimismus wendet, denn immerhin wird Petrus, trotz seines groben Fehlverhaltens schließlich zum Fels, auf dem die Kirche gebaut wird. Vorher war die Viola als handelnde Figur in das Geschehen integriert; erst hier in diesem Schlussteil der Komposition rückt sie sozusagen solistisch in den Vordergrund - eine gute Möglichkeit, das seelenvolle Spiel der Solistin Tatjana Masurenko zu bewundern.
" Sally Beamish
Aus: Violakonzert Nr. 1 "
Soweit der Schluss des 1. Violakonzertes der schottischen Komponistin Sally Beamish, gespielt von Tatjana Masurenko und der NDR Radiophilharmonie unter der Leitung von Garry Walker.
Eins der schönsten Stücke, die je für Viola komponiert wurden, sind die mit "Lachrimae", also "Tränen" überschriebenen Reflexionen über ein Lied von Dowland, die Benjamin Britten 1950 zunächst für Violine und Klavier komponierte. 1976, in seinem letzten Lebensjahr, schrieb er den Klavierpart für Streichorchester um, und diese Fassung bildet den Ausklang der neuen CD von Tatjana Masurenko. Britten stellte dabei das Variationsprinzip sozusagen auf den Kopf, denn er beginnt nicht wie sonst üblich mit der vorangestellten Originalmelodie, sondern fängt mit den Variationen an, in denen das Lied geradezu versteckt ist, und lässt den Original-Dowland dann erst am Schluss auftauchen. In 12 ineinander übergehenden Abschnitten erscheint das alte Lied in immer wieder überraschend neuen Gestalten, und in der sechsten Variation kommt noch ein Zitat aus einem anderen Dowland-Lied dazu. Beide Lieder sind für die Epoche John Dowlands typische Klagegesänge, und welches Instrument kann wirkungsvoller Klagen als die Bratsche?
" Benjamin Britten
Schulz aus: Lachrymae - Reflections on a song by Dowland "
Die Neue Platte - heute mit einer rundum empfehlenswerten CD des Labels Coviella Classics, die Violakonzerte von William Walton, Sally Beamish und Benjamin Britten bietet - mit Tatjana Masurenko und der NDR Radiophilharmonie unter der Leitung von Garry Walker. Mit guten Wünschen für einen schönen Sonntag verabschiedet sich im Studio Ludwig Rink.
CD:
Titel: Britische Viola-Konzerte
Solistin: Tatjana Masurenko, Viola
Orchester: NDR Radiophilharmonie
Leitung: Garry Walker
Label: Coviello Classics
Labelcode: LC 12403
Bestellnr.: COV 30507
Aus: Concerto for Viola and Orchestra
2. Satz; Ausschnitt "
Walton, der von 1902 bis 1983 lebte, hatte in den zwanziger Jahren durchaus mit Elementen der musikalischen Moderne experimentiert und ähnlich wie Strawinsky einen veritablen Skandal-Erfolg zuwege gebracht: mit dem auch sprachlich recht eigenwilligen Melodram "Facade". Doch später machte er einen Rückzieher: das Konzert für Viola und Orchester von 1929 zeigt wieder fast schon romantische Züge. Trotzdem weigerte sich der zunächst für die Uraufführung vorgesehene Lionel Tertis, das Werk aus der Taufe zu heben, und zwar mit der Begründung, es sei zu modern und deshalb unspielbar. Am 3. Oktober 1929 kam das Konzert dann doch in London auf die Bühne, und Solist war der keineswegs weniger prominente Paul Hindemith, der damit gleichzeitig seine Wertschätzung für den jungen britischen Kollegen zum Ausdruck brachte und dessen Karriere einen gehörigen Schub gab.
" William Walton
Aus: Concerto for Viola and Orchestra
2. Satz; Ausschnitt 7 "
Soweit der 2. Satz aus dem Violakonzert von William Walton, komponiert in einer zeittypischen, fast schon wieder barock anmutenden motorischen Bewegung.
Deutlich "moderner" ist die Handschrift der schottischen Komponistin Sally Beamish, die schon deshalb einen besonders direkten Draht zu den vier Saiten der Viola hat, weil sie viele Jahre lang bei den London Mozart Players und dem Scottish Chamber Orchestra als erste Bratschistin ihr Geld verdiente. Typisch für viele ihrer Werke ist ein direkter Bezug zu starken außermusikalischen Bildern oder Szenen, die dann den Verlauf und die Machart der Komposition bestimmen. Bei ihrem ersten, einsätzigen Violakonzert von 1995 ist es eine persönliche Auseinandersetzung mit der berühmten Bibelstelle im neuen Testament, wo der Apostel Petrus im Vorfeld von Christi Leidensgeschichte wiederholt leugnet, diesen Jesus überhaupt zu kennen. Musikalisch verkörpert wird Petrus durch die Bratsche; sie ist die Hauptfigur in dieser Erzählung über menschliche Schwäche, über fehlenden Bekennermut aus Angst vor Verfolgung, über anschließende Gewissensbisse und Selbstvorwürfe. Das Orchester stellt über weite Strecken den tumultartigen Lärm dar, der rund um den Gerichtshof herrscht. Die Komponistin setzt geradezu klassische Werkzeuge der Tonsymbolik ein, zum Beispiel wenn sie die Falschheit der Petrus-Aussage mit übermäßigen Quarten darstellt, also mit dem immer schon als "teuflisch" empfundenen Tritonus. Hören Sie hier, wie auf das Krähen des Hahns eine ausgedehnte tränenreiche Passage folgt ("Petrus weinete bitterlich"), eine Passage, die sich nur langsam zu einem leisen Optimismus wendet, denn immerhin wird Petrus, trotz seines groben Fehlverhaltens schließlich zum Fels, auf dem die Kirche gebaut wird. Vorher war die Viola als handelnde Figur in das Geschehen integriert; erst hier in diesem Schlussteil der Komposition rückt sie sozusagen solistisch in den Vordergrund - eine gute Möglichkeit, das seelenvolle Spiel der Solistin Tatjana Masurenko zu bewundern.
" Sally Beamish
Aus: Violakonzert Nr. 1 "
Soweit der Schluss des 1. Violakonzertes der schottischen Komponistin Sally Beamish, gespielt von Tatjana Masurenko und der NDR Radiophilharmonie unter der Leitung von Garry Walker.
Eins der schönsten Stücke, die je für Viola komponiert wurden, sind die mit "Lachrimae", also "Tränen" überschriebenen Reflexionen über ein Lied von Dowland, die Benjamin Britten 1950 zunächst für Violine und Klavier komponierte. 1976, in seinem letzten Lebensjahr, schrieb er den Klavierpart für Streichorchester um, und diese Fassung bildet den Ausklang der neuen CD von Tatjana Masurenko. Britten stellte dabei das Variationsprinzip sozusagen auf den Kopf, denn er beginnt nicht wie sonst üblich mit der vorangestellten Originalmelodie, sondern fängt mit den Variationen an, in denen das Lied geradezu versteckt ist, und lässt den Original-Dowland dann erst am Schluss auftauchen. In 12 ineinander übergehenden Abschnitten erscheint das alte Lied in immer wieder überraschend neuen Gestalten, und in der sechsten Variation kommt noch ein Zitat aus einem anderen Dowland-Lied dazu. Beide Lieder sind für die Epoche John Dowlands typische Klagegesänge, und welches Instrument kann wirkungsvoller Klagen als die Bratsche?
" Benjamin Britten
Schulz aus: Lachrymae - Reflections on a song by Dowland "
Die Neue Platte - heute mit einer rundum empfehlenswerten CD des Labels Coviella Classics, die Violakonzerte von William Walton, Sally Beamish und Benjamin Britten bietet - mit Tatjana Masurenko und der NDR Radiophilharmonie unter der Leitung von Garry Walker. Mit guten Wünschen für einen schönen Sonntag verabschiedet sich im Studio Ludwig Rink.
CD:
Titel: Britische Viola-Konzerte
Solistin: Tatjana Masurenko, Viola
Orchester: NDR Radiophilharmonie
Leitung: Garry Walker
Label: Coviello Classics
Labelcode: LC 12403
Bestellnr.: COV 30507