Tobias Armbrüster: Die Selbstmordattentate gestern in der Moskauer U-Bahn waren nicht die ersten, aber sie gehören zu den schwersten solcher Attentate in der russischen Hauptstadt. 39 Menschen sind bei den Detonationen im dichten unterirdischen Berufsverkehr ums Leben gekommen, 60 wurden verletzt. Welche politischen Konsequenzen müssen jetzt folgen? – Darüber wollen wir mit Gernot Erler sprechen. Er ist SPD-Außenpolitiker, Russland-Kenner und ehemaliger Staatsminister im Auswärtigen Amt. Schönen guten Morgen, Herr Erler.
Gernot Erler: Guten Morgen, ich grüße Sie.
Armbrüster: Es hieß schon kurz nach diesen Anschlägen, Herr Erler, dahinter stecken einmal mehr Extremisten aus dem Nordkaukasus. Für wie sicher halten Sie das?
Erler: Das ist der Reflex, den wir auch bei allen früheren Attentaten – und es hat ja schon einige gegeben – gehabt haben, und natürlich gibt es auch solche Spuren. Jetzt wird darauf verwiesen, dass die Beschaffenheit der Attentäterinnen, die man in den U-Bahnen entdeckt haben will, darauf hinweist.
Armbrüster: Aber Sie trauen der Sache nicht so ganz?
Erler: Es ist schon wahrscheinlich, dass es diese Zusammenhänge gibt, weil es eben auch in der Vergangenheit solche Anschläge gegeben hat und in den letzten Wochen auch den russischen Sicherheitskräften einige Festnahmen gelungen sind und es auch einige Scharmützel gegeben hat mit Aufständischen aus dem Kaukasus, die erfolgreich waren, und das könnte die Antwort sein. So wird jedenfalls in Moskau gemutmaßt.
Armbrüster: Ministerpräsident Putin hat seinen Landsleuten gestern gesagt, die Drahtzieher hinter diesen Anschlägen, die würden, so wörtlich, vernichtet. Worauf lässt diese Wortwahl schließen?
Erler: Das ist eine Wortwahl, die wir auch schon öfter gehört haben. Das ist ein Ausdruck von Stärke und ein Signal, dass man alles tun wird, um die Verantwortlichen hier zu erwischen und auch dann zu vernichten. Aber das überdeckt im Grunde genommen auch, dass es eigentlich sehr wenig Fahndungserfolge gibt. Auch in der Vergangenheit, zum Beispiel im letzten November, wo der Fernzug Moskau-Sankt-Petersburg mit vielen Toten überfallen wurde, beziehungsweise eine Sprengladung angebracht wurde, auch da ist eine Aufklärung nicht möglich gewesen. Das heißt, in Wirklichkeit kann man mit Sicherheitsmaßnahmen allein gegen diese Form von Selbstmordanschlägen sehr wenig ausrichten.
Armbrüster: Was müsste Moskau zusätzlich tun, um solche Anschläge zu verhindern?
Erler: Im Grunde genommen geht es um eine Stabilisierung und eine konfliktvermeidende Strategie in der ganzen Nordkaukasus-Region. Hier ist auch die russische Regierung in den letzten Wochen durchaus tätig gewesen. Es gab am 19. Januar einen Erlass von Präsident Medwedew, der die Schaffung eines neuen Föderalbezirks Nordkaukasus beschlossen hat, und er hat dort einen recht gut angesehenen Mann, Alexander Chloponin, bisher Gouverneur von Krasnojarsk, dort eingesetzt als den Präsidialbevollmächtigten. Das ist ein Schritt auf der präsidialen Ebene, auf der administrativen Ebene. Noch wichtiger sind die sozialen Maßnahmen in dieser Region. Es ist eine der ärmsten Regionen, oder es ist die ärmste Region von der ganzen Russischen Föderation, und daran haben auch die bisherigen Maßnahmen der Regierung leider wenig ändern können.
Armbrüster: Welche Hilfe könnte von außen kommen, beispielsweise von Deutschland oder von der EU?
Erler: Es hat in der Vergangenheit schon mehrfach kleinere EU-Programme auch für den Nordkaukasus gegeben, die darauf abzielen, im Grunde genommen dort den Wohlstand und vor allen Dingen auch die Handelsbeziehungen zu intensivieren. Sehr viel Wirkung haben sie bisher nicht gezeigt, aber es ist eine Geste des guten Willens gewesen, dass auch die EU, dass auch die europäischen Länder sich Sorgen machen über den Nordkaukasus. Und dann ist natürlich das ganz wichtig, was auch Deutschland in besonderer Weise innerhalb der EU tut, nämlich Hilfen anbieten für Russland in der Lösung des Konflikts mit Georgien, denn das ist ja nicht weit weg, der Nordkaukasus und der Südkaukasus. Da gibt es auch Querverbindungen. Das heißt, es müsste eigentlich im russischen Interesse liegen, auch diesen Konflikt zu beenden, weil nur dann eine Stabilität der gesamten Region möglich ist, und wie Sie wissen, ist ja Deutschland hier auch mit unserer Beteiligung an der EU-Vermittler- oder Beobachtungsmission einschließlich des Leiters, Herrn Botschafter Haber, hier besonders aktiv und auch sonst bemühen wir uns, beizutragen zur Lösung dieses Konflikts.
Armbrüster: Einschätzungen zur Lage in Russland und im Nordkaukasus waren das von Gernot Erler, ehemaliger Staatsminister im Auswärtigen Amt. Vielen Dank, Herr Erler, für dieses Gespräch und einen schönen Tag noch.
Gernot Erler: Guten Morgen, ich grüße Sie.
Armbrüster: Es hieß schon kurz nach diesen Anschlägen, Herr Erler, dahinter stecken einmal mehr Extremisten aus dem Nordkaukasus. Für wie sicher halten Sie das?
Erler: Das ist der Reflex, den wir auch bei allen früheren Attentaten – und es hat ja schon einige gegeben – gehabt haben, und natürlich gibt es auch solche Spuren. Jetzt wird darauf verwiesen, dass die Beschaffenheit der Attentäterinnen, die man in den U-Bahnen entdeckt haben will, darauf hinweist.
Armbrüster: Aber Sie trauen der Sache nicht so ganz?
Erler: Es ist schon wahrscheinlich, dass es diese Zusammenhänge gibt, weil es eben auch in der Vergangenheit solche Anschläge gegeben hat und in den letzten Wochen auch den russischen Sicherheitskräften einige Festnahmen gelungen sind und es auch einige Scharmützel gegeben hat mit Aufständischen aus dem Kaukasus, die erfolgreich waren, und das könnte die Antwort sein. So wird jedenfalls in Moskau gemutmaßt.
Armbrüster: Ministerpräsident Putin hat seinen Landsleuten gestern gesagt, die Drahtzieher hinter diesen Anschlägen, die würden, so wörtlich, vernichtet. Worauf lässt diese Wortwahl schließen?
Erler: Das ist eine Wortwahl, die wir auch schon öfter gehört haben. Das ist ein Ausdruck von Stärke und ein Signal, dass man alles tun wird, um die Verantwortlichen hier zu erwischen und auch dann zu vernichten. Aber das überdeckt im Grunde genommen auch, dass es eigentlich sehr wenig Fahndungserfolge gibt. Auch in der Vergangenheit, zum Beispiel im letzten November, wo der Fernzug Moskau-Sankt-Petersburg mit vielen Toten überfallen wurde, beziehungsweise eine Sprengladung angebracht wurde, auch da ist eine Aufklärung nicht möglich gewesen. Das heißt, in Wirklichkeit kann man mit Sicherheitsmaßnahmen allein gegen diese Form von Selbstmordanschlägen sehr wenig ausrichten.
Armbrüster: Was müsste Moskau zusätzlich tun, um solche Anschläge zu verhindern?
Erler: Im Grunde genommen geht es um eine Stabilisierung und eine konfliktvermeidende Strategie in der ganzen Nordkaukasus-Region. Hier ist auch die russische Regierung in den letzten Wochen durchaus tätig gewesen. Es gab am 19. Januar einen Erlass von Präsident Medwedew, der die Schaffung eines neuen Föderalbezirks Nordkaukasus beschlossen hat, und er hat dort einen recht gut angesehenen Mann, Alexander Chloponin, bisher Gouverneur von Krasnojarsk, dort eingesetzt als den Präsidialbevollmächtigten. Das ist ein Schritt auf der präsidialen Ebene, auf der administrativen Ebene. Noch wichtiger sind die sozialen Maßnahmen in dieser Region. Es ist eine der ärmsten Regionen, oder es ist die ärmste Region von der ganzen Russischen Föderation, und daran haben auch die bisherigen Maßnahmen der Regierung leider wenig ändern können.
Armbrüster: Welche Hilfe könnte von außen kommen, beispielsweise von Deutschland oder von der EU?
Erler: Es hat in der Vergangenheit schon mehrfach kleinere EU-Programme auch für den Nordkaukasus gegeben, die darauf abzielen, im Grunde genommen dort den Wohlstand und vor allen Dingen auch die Handelsbeziehungen zu intensivieren. Sehr viel Wirkung haben sie bisher nicht gezeigt, aber es ist eine Geste des guten Willens gewesen, dass auch die EU, dass auch die europäischen Länder sich Sorgen machen über den Nordkaukasus. Und dann ist natürlich das ganz wichtig, was auch Deutschland in besonderer Weise innerhalb der EU tut, nämlich Hilfen anbieten für Russland in der Lösung des Konflikts mit Georgien, denn das ist ja nicht weit weg, der Nordkaukasus und der Südkaukasus. Da gibt es auch Querverbindungen. Das heißt, es müsste eigentlich im russischen Interesse liegen, auch diesen Konflikt zu beenden, weil nur dann eine Stabilität der gesamten Region möglich ist, und wie Sie wissen, ist ja Deutschland hier auch mit unserer Beteiligung an der EU-Vermittler- oder Beobachtungsmission einschließlich des Leiters, Herrn Botschafter Haber, hier besonders aktiv und auch sonst bemühen wir uns, beizutragen zur Lösung dieses Konflikts.
Armbrüster: Einschätzungen zur Lage in Russland und im Nordkaukasus waren das von Gernot Erler, ehemaliger Staatsminister im Auswärtigen Amt. Vielen Dank, Herr Erler, für dieses Gespräch und einen schönen Tag noch.