"Das Kreuz ist das Ursymbol der Toleranz und Nächstenliebe. Wir werden das Kruzifix und die christlichen Wurzeln unserer Heimat verteidigen, wo immer sie vom Zeitgeist oder linken Ideologen angegriffen werden."
Was den Vorsitzenden Theo Waigel auf dem CSU-Parteitag von 1995 derart auf die Palme brachte, war eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes. Anthroposophisch ausgerichtete Eltern waren gegen die Kruzifixe an den Wänden der Klassenzimmer ihrer Kinder nach Karlsruhe gezogen - und hatten dort Recht bekommen. Im Kern ging es um den letzten Satz des Paragrafen 13 im Bayerischen Volksschulgesetz aus dem Jahre 1983. Dort hieß es:
"Die Schule unterstützt die Erziehungsberechtigten bei der religiösen Erziehung der Kinder. Schulgebet, Schulgottesdienst und Schulandacht sind Möglichkeiten der Unterstützung. In jedem Klassenzimmer ist ein Kreuz anzubringen."
Dies, stellte das Bundesverfassungsgericht am 16. Mai 1995 fest, sei mit der Weltanschauungs- und Religionsfreiheit in Artikel 4, Absatz 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar:
Erstens: "Die Anbringung eines Kreuzes oder Kruzifixes in den Unterrichtsräumen einer staatlichen Pflichtschule, die keine Bekenntnisschule ist, verstößt gegen Artikel 4, Absatz 1 des Grundgesetzes."
Zweitens: "Paragraf 13, Absatz 1, Satz 3 der Schulordnung für die Volksschulen in Bayern ist mit Artikel 4 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig."
Übergriff auf Traditionen
Über die Karlsruher Entscheidung brach eine spontane Empörung aus. Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick blickt nun, 25 Jahre nach dem Urteil, zurück:
"Ich habe das damals auch als übergriffig auf Traditionen empfunden, und dass individuelles Empfinden zu stark veranschlagt wurde im Vergleich zu dem Empfinden, das die meisten Menschen hatten. Aber auf der anderen Seite muss ich, und dazu stehe ich auch heute noch, sagen: Wenn jemand in der Schule das Kreuz nicht haben kann, und seine Religionsfreiheit wahrnehmen will, dann muss auch entsprechend gehandelt werden."
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Weit weniger zimperlich in der Bewertung und Wortwahl ist Professor Hans Maier, langjähriger bayerischer Kultusminister und Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken:
"Ich war schockiert, als ich davon hörte. Ich habe das zunächst gar nicht geglaubt. Ich habe in meiner Lebenszeit ja im Dritten Reich erlebt, wie die fanatischen Nationalsozialisten Kreuze abhängten. Und das war mein erster Gedanke. Haben die Richter in Karlsruhe denn diese fatale Nachbarschaft überhaupt nicht gekannt? Das war meine erste, spontane Reaktion."
Doch nicht nur konservative Katholiken wie Hans Maier, selbst politisch weiter links stehende Gläubige waren über das Urteil nicht glücklich, auch wenn sie mehr Verständnis für die schwierige Situation der Karlsruher Richterinnen und Richter aufbrachten. Der SPD-Politiker Wolfgang Thierse, lange Zeit selbst Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, fragt noch heute, ob der Staat sich in einer pluralistischen Gesellschaft eine Entscheidung über die öffentliche Sichtbarkeit von Religiosität überhaupt "anmaßen" dürfe:
"Was mich ein bisschen damals irritiert hat an dem Urteil, ist, dass die Richter so tun, als lebten wir in einem Land, dass keine geschichtlich-kulturelle Prägung hat, und dass in dieser Prägung das Christentum eine außerordentliche Rolle spielt. Es ist das Ernstnehmen eigener Herkunft und damit der Prägung eines Großteils der Bevölkerung. Der Staat sollte nicht das Fehlen religiöser Symbole privilegieren."
Die Neutralitätspflicht des Staates
Das Kruzifix-Urteil war die erste Grundsatzentscheidung des Karlsruher Gerichts zu Fragen der Religionsfreiheit. Erstmals wurde die Neutralitätspflicht ausformuliert, wonach der Staat sich zurückzuhalten habe. In staatlichen Amtszimmern, im Gerichtssaal, in Schulklassen sind religiöse Symbole demnach nicht zulässig. Draußen auf der Straße aber darf jeder religiöse Symbole tragen – mit Ausnahme der muslimischen Burka.
Journalistischer Zeitzeuge am Bundesverfassungsgericht 1995 war der Rechtsexperte und DPA-Korrespondent Christian Bommarius. Er erinnert an die folgenschweren Vermittlungsprobleme des Karlsruher Ersten Senats. Die ergaben sich daraus, dass er die Entscheidung im Mai bekannt gab, ihre Begründung aber erst im August nachlieferte.
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"Das war vielleicht auch ein Fehler, wenn man so will, Urteile werden ja öffentlich verkündet nach einer mündlichen Verhandlung. Die fand nicht statt. Hätte es sie gegeben, hätte die Öffentlichkeit sich vertraut machen können mit den Argumentationsmustern. So traf die Entscheidung die Öffentlichkeit völlig unvermittelt, praktisch wie ein Blitz. Da kam dann plötzlich aus Karlsruhe die Meldung, auch bei der DPA, Kreuze seien abzuhängen. Das war zum Teil undifferenziert und auch falsch."
Eine Mehrheit von fünf der acht Richter im ersten Karlsruher Senat unter dem Vorsitz von Richter Johann Friedrich Henschel hatte das Urteil bestimmt. Sie argumentierten:
"Zusammen mit der allgemeinen Schulpflicht führen Kreuze im Unterricht dazu, dass die Schüler während des Unterrichts von Staats wegen und ohne Ausweichmöglichkeit mit diesem Symbol konfrontiert sind und gezwungen werden, unter dem Kreuz zu lernen."
Die unterlegene "Dreier-Gruppe" hielt in ihrem Sondervotum dagegen: "Das Kruzifix gehört zur Lebenswelt und zum Alltag, besonders in Bayern. Es ist ein Traditionssymbol ohne Glaubensinhalte. Ein missionarischer Charakter kommt ihm nicht zu."
"Richter Henschel hat damals eine fragwürdige Mitteilung an die Presse gegeben. Es war so, dass danach der Eindruck entstehen konnte, als seien wirklich alle Kreuze abzuhängen in Bayern. Das war aber nicht so gewollt", erklärt Bommarius.
Bayrische Empörung
In Wahrheit ging es um die staatliche Anordnung der Aufhängung - und nicht um die Aufhängung an sich, wie der Vorsitzende Richter Henschel peinlicherweise in einer Presseerklärung nachreichen musste. Damit untergrub das Bundesverfassungsgericht die eigene Autorität, so dass es in der heraufziehenden Kampagne in Bayern neben dem Kruzifix-Urteil auch um die Glaubwürdigkeit der Karlsruher Institution ging.
Bis zum heutigen Tag hat es nie eine größere Aufregung der Öffentlichkeit über ein Verfassungsgerichtsurteil gegeben. 256.000 Proteststimmen wurden damals gezählt. So kamen zu den Münchener "Wehrt-Euch-Großdemonstrationen" im September 1995 rund 30.000 Teilnehmer. Die Empörung in der CSU gipfelte sogar in dem Aufruf, das Urteil nicht zu befolgen. Da schlug der betroffene Richter Johann Friedrich Henschel in einem Interview Alarm:
"Das stellt den grundsätzlichen Konsens in Frage, die Erklärung, wie es von manchen Politikern erfolgt ist, den Richterspruch nicht zu befolgen oder sich zu widersetzen. Wir verlassen die Grundlagen unseres Rechtsstaates, wenn das Schule macht."
Das Bundesverfassungsgericht als solches wurde von Urteilsgegnern in Frage gestellt: Es spreche kein Recht mehr für alle Deutschen. Ihm wurde eine angeblich "linke Tendenz" unterstellt. Denn fast gleichzeitig hatte das höchste Gericht die Strafbarkeit von Sitzblockaden bei Demonstrationen zurückgenommen. Außerdem urteilte es, dass das umstrittene Tucholsky-Zitat "Soldaten sind Mörder" durch die Meinungsfreiheit gedeckt sei und keine Beleidigung oder Volksverhetzung darstelle.
Wie offen ist das Grundgesetz für andere Religionen?Die FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat "unsere Verfassung" als "offen für andere Religionsgemeinschaften" bezeichnet.
In wutschnaubenden CSU-Kreisen wurde fortan das Pferd von der anderen Seite aufgezäumt: Wer schütze eigentlich die sogenannte schweigende Mehrheit vor zu viel Toleranz gegenüber Minderheiten? Die Parteitagsrede des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber geriet so auf dem CSU-Parteitag 1995 zur Generalabrechnung mit der obersten richterlichen Gewalt.
"Die Minderheit – natürlich ein toleranter Staat, ein freiheitlicher Staat, geprägt auch von Toleranz gegenüber Minderheiten, geprägt gegenüber religiösen Gefühlen von Minderheiten, überhaupt keine Frage! Aber die Menschen müssen halt irgendwo das Gefühl behalten, dass das Lebensgefühl der Mehrheit auch noch etwas gilt, denn sonst fühlt sich die Mehrheit geistig nicht mehr zu Hause. Und das ist eigentlich das Problem, was eigentlich hier dahintersteckt!"
Die bayerische Staatsregierung ließ die Karlsruher Entscheidung nicht lange auf sich sitzen und forcierte noch 1995 eine neue gesetzliche Regelung im Freistaat, nach der Kreuze in Grund- und Mittelschulen regelmäßig anzubringen seien. In Artikel 7 Absatz 4 des Bayerischen Gesetzes über Erziehung und Unterrichtswesen heißt es bis heute:
"Angesichts der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns wird in jedem Klassenraum ein Kreuz angebracht. Und: Dabei ist auch der Wille der Mehrheit, soweit möglich, zu berücksichtigen."
Das Kreuz als kulturelles Symbol
Diese Bestimmung wurde durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1999 bestätigt.
"Allerdings hat das Gericht die Schulleiter dazu verpflichtet, im Einzelfall, wenn das gefordert wird von Eltern, das Kreuz aus dem Klassenraum zu entfernen. Allerdings hat man vorher zu versuchen, eine gemeinsame Einigung von Eltern und Schülern zu erreichen. Man kann ja auch das Kreuz an verschiedenen Orten aufhängen, über der Tür, dann ist es fast unsichtbar, mit Kruzifix, dann ist es deutlich sichtbar, während das einfache schlichte Kreuz ja kaum ein religiöses Symbol intensiv fordernder missionarischer Art darstellt.," erläutert der frühere bayerische Kultusminister Hans Maier.
Kern des neuen bayerischen Gesetzes ist eine Konfliktregelung, wie bei einem Protest von Eltern vorzugehen sei. Ein behutsamer Ausgleich wurde angestrebt.
"Die Linie war dabei: Es bleibt das Kreuz so lange hängen, bis Eltern, Schüler oder Lehrer einen ernsthaften Protest anmelden oder auf dem Klageweg die Entfernung durchfechten. Dabei liegt die Beweislast aber bei den Kreuzgegnern."
Mit Edmund Stoibers Diktum, das Kreuz gehöre zu Bayern "wie die Berge", mündete der Streit um das Kruzifix-Urteil in eine Kontroverse über die Bedeutung des Kreuzes - ob es ein religiöses oder nur noch ein kulturelles Symbol sei. Die Verteidigung des Kreuzes mit dem "bayerischen Volksempfinden" stellt für den rheinisch-katholischen Publizisten Otto Kallscheuer eine fragwürdige Selbstverteidigung dar. Das Kreuz werde als religiöses Symbol entwertet, wenn es nur kulturell, die äußere Identität betreffend, wahrgenommen werde. Denn dabei bleibe die innere Haltung zum christlichen Gott auf der Strecke.
"Insofern habe ich diese Verteidigungsstruktur von kirchennahen Politikern nie verstanden. Religiöse Symbole sollten als religiöse Symbole verteidigt werden. Dass sie zudem die Kulturlandschaft in Europa geprägt haben, ist ja unbestreitbar", sagt Kallscheuer: "Dann, wenn es nur eine kulturelle Frage ist, dann kann man sie ja auch ins Museum stellen."
"Einfach nur zu behaupten, ‚es gehört zu uns‘, ist natürlich zu wenig. Was gesagt sein müsste, ist doch: Das Kreuz ist Ausdruck des Leidens Christi und der Herrschaft Christi. Das ist natürlich eine Kernaussage, die aber Herr Stoiber und Herr Söder vermeiden. Jetzt heißt es nur noch, wir tragen das Kreuz wie eine Art Trachtenhut. Mehr ist es nicht."
Söders Symbolpolitik
Der alte Streit um das Kreuz keimte nochmals auf, als der frisch gekürte bayerische Ministerpräsident Markus Söder 2018 in einer seiner ersten Amtshandlungen öffentlichkeitswirksam ein Kreuz an der Münchener Staatskanzlei anbringen ließ.
Auch der Seehofer-Nachfolger zog sich dabei auf kulturelle Definitionen zurück: Das Kreuz sei kein "Zeichen einer Religion", sondern ein, Zitat, "Vergewisserungswunsch der Menschen nach ihrer Identität". In kirchlichen Kreisen war man nicht gerade erfreut, wie Hans Maier hervorhebt:
"Nein, die Kirchen waren vor allem unglücklich, weil mit ihnen gar nicht gesprochen worden war. Natürlich sind Kreuze in Behörden nicht zwingend so zu beurteilen wie Kreuze in Schulen. Da ist sogar dem Karlsruher Urteil ein Stück weit recht zu geben. In den Schulen gehören diese Kreuze zumindest indirekt zum Bildungsprozess dazu, während in den Behörden ein Kreuz nicht unbedingt religiöse Reflexe auslöst."
Es war also das christliche Kreuz, anhand dessen die Bundesrepublik vor 25 Jahren erstmals breit und öffentlich über den Unterschied und die mögliche – oder unmögliche – Abgrenzung von Religion und Identität diskutierte. Inzwischen wird diese Debatte jedoch vor allem anhand eines muslimischen Kleidungsstücks geführt: das Kopftuch.
Wolfgang Thierse sagt: "Wir erleben ja, um die Sache noch zu erschweren, einen vergleichbaren Streit – im Umgang etwa mit Kopftüchern, Burka etc. Es ist ja auch beides, ein kulturelles Zeichen, interpretierbar als Zeichen der Unterdrückung der Frau, und gleichzeitig als religiöses Zeichen. Das macht ja auch die Schwierigkeit des Umgangs miteinander aus. Und deshalb sind allgemeine Dekrete darüber so schwierig."
Großes Aufsehen erregte etwa das 2005 in Kraft getretene Berliner Neutralitätsgesetz des rot-roten Senats, das der sozialdemokratische Innensenator Erhart Körting als "laizistischen Sonderweg" pries. Alle religiösen Symbole – auch christliche - sollten aus dem Unterricht verbannt werden. In dem Gesetz heißt es, dass Lehrkräfte an öffentlichen Schulen und Beamtinnen und Beamte, die im Bereich der Rechtspflege, des Justizvollzugs oder der Polizei beschäftigt sind, im Dienst keine sichtbaren religiösen oder weltanschaulichen Symbole oder Kleidungsstücke tragen dürften.
Streitfrage auch bei diesem Berliner Gesetz war, juristisch gesprochen: Ob der Staat die negative Religionsfreiheit, von Religion und Kirche verschont zu bleiben, für wichtiger halten dürfe als die positive Religionsfreiheit, sie auszuüben und rituell zu pflegen. Zumal inzwischen der Atheismus selbst zu einer Art von Bekenntnis geworden ist. Der Katholik und langjährige SPD-Politiker Wolfgang Thierse findet, das Gesetz verletze die staatliche Neutralitätspflicht, wenn es religiöse Symbole aus der Öffentlichkeit verdränge:
"Gerade weil es einen religiös-weltanschaulichen Pluralismus gibt, darf das nicht heißen, dass der Staat Partei ergreift für Religionslosigkeit, für die Unsichtbarkeit von Religion, für Agnostizismus oder Atheismus. Laizismus ist die falsche Antwort auf die anstrengende religiös-pluralistische Realität, mit der wir es zu tun haben."
Die Entwicklung der vergangenen 25 Jahre
Plural ist jedenfalls auch die Wirklichkeit der 16 Bundesländer, die in der Kopftuchfrage ganz unterschiedliche Regelungen gefunden haben. Das Bundesverfassungsgericht urteilte 2015, dass ein generelles Kopftuchverbot nicht möglich sei. Ein Verbot sei nur noch im Konfliktfall an der Schule, aber nicht vor einem Konfliktfall möglich.
Damit erkennt das Gericht auch an, wie stark sich die religiöse Landschaft seit dem Kruzifix-Urteil gewandelt hat. Durch Zuwanderung sind neue Kirchen hinzugekommen. Während der Anteil der Konfessionslosen und Muslime stetig wächst, nimmt die Zuwendung zu den beiden bislang privilegierten christlichen Religionsgemeinschaften ab. Dazu Wolfgang Thierse:
"Wir haben ja, da das 25 Jahre her ist, inzwischen gelernt, dass unsere Gesellschaft multireligiöser und weltanschaulich pluralistischer geworden ist. Das verlangt vom Staat durchaus Sensibilität. Denn der religionsneutrale, der weltanschaulich neutrale Staat darf in seiner Praxis selber nicht illiberal werden. Das ist die schwierige Herausforderung, mit der wir es zu tun haben. Und deswegen ist es ja durchaus weise, dass man sagt: ‚Das muss von Fall zu Fall entschieden werden, immer vor Ort im Gespräch mit den Bürgern, die ja jeweils unterschiedliche Auffassungen haben. Es darf nicht umschlagen in bilderstürmerischen Laizismus."
Rückblickend lässt sich feststellen, dass das Karlsruher Kruzifix-Urteil vor 25 Jahren nicht den religiösen Dammbruch auslöste, den seine Kritiker befürchtet hatten. Professor Hans Maier, der damals mit zu den Protagonisten des Protestes gehörte, ist gleichwohl um die Entschlossenheit und Glaubensfestigkeit der Christen besorgt.
"Es ist auf jeden Fall so, dass heute die großen Weltreligionen für sich stehen und für sich kämpfen. Nur die Christen folgen nicht mehr der alten Aufforderung des Evangeliums: ‚Ruft Euren Glauben von den Dächern.‘ Nun muss man nicht so pathetisch auftrumpfen. Aber ich glaube schon, Bekenntnis, bekennen, das ist angezeigt. Nur dadurch wird man auch interreligiös ernst genommen."