Nach nur wenigen Boomjahren ist es ruhiger geworden in Havannas Altstadt. Zu ruhig für Yuneisy Dueñas, die innerhalb des Spazierradius der Kreuzfahrttouristen einen Souvenirladen betreibt:
"Als die Kreuzfahrtschiffe noch kamen, wurde viel mehr verkauft. Unsere wirtschaftliche Situation hatte sich dadurch verbessert. Jetzt ist unsere Entwicklung unterbrochen. Es geht praktisch nicht mehr voran. Alle Kubaner sind betroffen."
Kreuzfahrtschiffe legen seit dem Sommer wegen der verschärften US-Sanktionen nur noch selten an. US-Fluggesellschaften dürfen als einzige kubanische Stadt Havanna anfliegen. Aber der härteste Schlag gegen die wichtige Devisenquelle Tourismus ist das Verbot für US-Bürger, auf die Karibikinsel zu reisen.
Den Politikwechsel spüren vor allem die vielen Privatleute, die in den vergangenen Jahren mit der Zimmervermietung an US-Amerikaner ein Geschäft gemacht haben. Möglich geworden war das durch die Annäherungspolitik der früheren Präsidenten Barack Obama und Raúl Castro. Schrittweise lockerte Obama das längste Embargo der Geschichte.
Sowjetunion wird zum Verbündeten Kubas
Erste Wirtschafts- und Handelssanktionen hatten die USA nach der kubanischen Revolution verhängt. Ab 1960 reagierten sie auf den linken Umsturz auf der Insel vor ihrer Haustür mit dem ersten harten Schlag und kauften ihr keinen Zucker mehr ab. Kubas Hauptexportprodukt ging daraufhin in die Sowjetunion, die auch dadurch mehr und mehr zum Verbündeten wurde, 1961 schwor Revolutionsführer Fidel Castro schließlich auf den Sozialismus.
In den Jahren nach der Revolution verschlechterten sich die Beziehungen zu den USA täglich. Jede Enteignung auf der Insel zog neue Sanktionen nach sich. Als sich der Kalte Krieg zuspitzte, weitete US-Präsident Kennedy 1962 die Handelsbeschränkungen per Präsidentenerlass aus – allerdings nicht, ohne sich vorher noch mit kubanischen Zigarren einzudecken.
Spätere Präsidenten lockerten das Embargo, verschärften es wieder und betonierten es 1996 in einem Gesetz – alles jedoch ohne den gewünschten Erfolg. In Havanna regierte weiterhin Fidel Castro. Es ist dieses Gesetz, das Donald Trump heute als Grundlage für die Daumenschrauben dient. Gleich nach seinem Amtsantritt kündigte er unter dem Jubel der Exil-Kubaner in Miami an, seine Regierung werde sich im Gegensatz zu Vorgänger Barack Obama wieder an das Gesetz halten.
"Wir werden die Sanktionen nicht aufheben, bis nicht alle politischen Gefangenen frei sind, bis nicht Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit respektiert werden, alle politischen Parteien legalisiert sind und es freie Wahlen unter internationaler Aufsicht gibt."
Sanktionen gegen Kuba aus innenpolitischen Gründen
Donald Trump hat die Uhr zurück gedreht und die Embargoregelungen sogar zur Blockade verschärft. Aber Kuba lässt sich nicht vom sozialistischen Weg abbringen. Estrella Matamoros, die in Havanna wertvolle Devisen mit Zimmervermietung verdient, hat wegen der ausbleibenden Touristen ihre Preise gesenkt. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage funktioniere auch im kubanischen Sozialismus.
"Der nordamerikanische Imperialismus ist für unsere Situation verantwortlich. Wir können viele Dinge nicht mehr kaufen, die wir für unsere Versorgung brauchen. Aber alles wird ein gutes Ende nehmen, denn Imperien gehen früher oder später unter. Die USA haben auch wirtschaftliche Probleme und einen Verrückten, der sie regiert. Kuba überlebt immer. Das haben wir 60 Jahre lang bewiesen."
Regelmäßig verurteilt die UN-Vollversammlung das Embargo als überkommen und ungerecht. Regelmäßig stimmen nur zwei dagegen, Israel und die USA, die die Entschließung als Zeitverschwendung abtun. Zuletzt schlug sich auch Brasilien auf die Seite der USA. Wozu ein Embargo, das seit 60 Jahren nicht den gewünschten Effekt erzielt? Günter Maihold, Lateinamerikaexperte der Stiftung für Wissenschaft und Politik, sieht vor allem Trumps Innenpolitik als Grund für die verschärften Kuba-Sanktionen:
"Es geht darum, sich die Stimmen des kubanischen Exils zu sichern, das sich in Florida wieder neu konstituiert hat. Da Florida ein wichtiger Swing-State ist, hat Trump hier einen Schwerpunkt gesetzt und versucht, das Votum bei der nächsten Wahl sicherzustellen. Kuba ist insofern eine übliche Projektionsfläche dieser Interessen, ohne das davon ausgegangen werden kann, dass dies zu einem Umbruch im System führen könnte. Das wird auch selbst in den Kreisen des State Department nicht so gesehen."
Wirtschaftliche Misere auch durch Zentralismus und Ineffizienz
Sanktionen seien das zentrale außenpolitische Instrument dieser Regierung, so Maihold. Das bekommt auch Venezuela zu spüren. Der wichtige Verbündete Kubas kann kaum noch Öl auf die Karibikinsel schicken. Kuba leidet doppelt unter dem Sanktionsregime und es trifft – wie immer – vor allem die Bevölkerung. Das seit 60 Jahren bestehende Embargo diente der Parteiführung stets als Rechtfertigung der schlechten wirtschaftlichen Lage. Ein ganzes Volk ist dadurch in den Dauerausnahmezustand versetzt und wähnt sich in einer Art Krieg gegen den Feind USA. Allerdings leisten auch Zentralismus, Ineffizienz und Planwirtschaft ihren Beitrag zur wirtschaftlichen Misere. Der kubanische Wirtschaftswissenschaftler Omar Everleny spricht von einer internen Blockade:
"Zweifellos bedeutet die Blockade für die kubanische Bevölkerung, dass es an Dingen fehlt, die es gäbe, wenn die Beziehungen zu den USA gut wären. Aber wir leben seit Jahrzehnten mit dem Embargo und auch wenn die UN jedes Mal dagegen stimmen, können wir nichts daran ändern. Aber wir können an unserer 'internen' Blockade arbeiten. Angesichts des niedrigen Wirtschaftswachstums müssen wir unsere Produktion erhöhen, damit Devisen ins Land kommen. Aber dafür müssten wir Raum für kleine und mittelständische Unternehmen und den aufkeimenden Privatsektor schaffen. Es gibt viele Maßnahmen, die nicht getroffen werden, obwohl sie wichtig wären. Wenn man sich selbst einschränkt, blockiert man sich."
Eine Embargo-Bedingung ist inzwischen entfallen: In Kuba regieren keine Castros mehr. Fidel ist 2016 verstorben und sein Bruder und Nachfolger Raúl hat das Präsidentenamt vor zwei Jahren an Miguel Diaz-Canel übergeben. Der steht für Kontinuität und das bedeutet: Auch seine Regierung wird sich dem Sanktionsdruck nicht beugen.