"Ein hilfloses Schweigen entstand zwischen dem Mann und der Frau. 'Wollen wir in die Hütte gehen?' fragte er schließlich."
Lady Chatterley ist zum ersten Mal in die Hütte des Wildhüters gekommen, um mit ihm eine ganze Nacht zu verbringen - eine Schlüsselszene aus dem Roman "Lady Chatterleys Liebhaber".
"Hast du dein Unterzeug weggelassen?" fragte er. "Ja." "Na gut. Dann ziehe ich meins auch aus."
Dreimal schrieb David Herbert Lawrence die Geschichte von der Lady und ihrem Liebhaber um, die letzte Version wollte er veröffentlichen. Aber dass ein derart unbefangener Umgang mit sexuellen Dingen und den dazugehörigen volkstümlichen Vokabeln an die Grenzen moralischer Toleranz stoßen würde, das wusste er sehr gut. Deshalb entschloss er sich im Frühjahr 1928 zu einer Ausgabe im Eigendruck. Und zwar nicht in seiner britischen Heimat.
Freunde in Florenz drängen mich, das Buch hier, in Florenz, herauszubringen.
Denn seit Jahren war Lawrence auf Reisen, zuletzt vor allem, seiner kranken Lunge wegen, in der Schweiz und in Italien.
Die Produktion ist billig, und ich und mein Freund Pino Orioli könnten die ganze Arbeit selbst erledigen.
Hektisch arbeitete Lawrence, immer in Geldnöten, zusammen mit seinen Freunden an der Veröffentlichung der "Lady Chatterley". Aber selbst in diesem aufgeklärten und liberalen Kreis stieß er auf Widerstand. Jedenfalls gab eine Freundin, die versprochen hatte, das Manuskript abzutippen, beim fünften Kapitel auf.
"Sie lag nur da, die Hände tot auf seinem sich mühenden Körper."
Das Abschreiben der gewagtesten Stellen übernahm schließlich eine Andere, Aldous Huxleys Ehefrau Maria, bevor das Manuskript dann in die Florentiner "Tipografia Giuntina" ging. Dort fabrizierten die italienischen Drucker, des Englischen nicht mächtig, zu Lawrences großem Ärger Hunderte von Setzfehlern hinein. Aber schließlich verschickte der Autor die Exemplare, wieder in Eigenarbeit, paketweise an Buchhändler und private Käufer in aller Welt. Allerdings endete die Reise oft genug an der Grenze, wo die Eigendrucke - wie in den USA - schon beim Zoll von Zensoren abgefangen wurden.
"Lady Chatterley's Lover" erzählt die Geschichte von der jungen Constance, die in wohlhabend-liberalem Künstlermilieu groß geworden ist und sich an der Universität sexuell durchaus schon umgetan hat, bevor sie den im Ersten Weltkrieg versehrten und gelähmten Aristokraten Clifford Chatterley heiratet. Dass sie, jetzt Herrin des langweiligen Chatterley-Landsitzes in einer vom Bergbau zerstörten Gegend, an der Seite des impotenten und dünkelhaften Gatten ihre moralische Hochgestimmtheit allmählich verliert, das kann nicht verwundern. Aber die Avancen der jungen Männer ihrer Klasse lassen sie kalt, es ist der Wildhüter, den sie nimmt. Mit diesem düsteren und kritischen Einzelgänger entdeckt sie die Leidenschaft - und damit die Liebe.
In "Lady Chatterley's Lover" buchstabierte Lawrence seine alten, biografisch begründeten Themen: Die diffizil verfestigten Klassenunterschiede, das kühle Britannien, die Frau der Oberklasse, die einen Tieferstehenden liebt, die von der Lebensreformbewegung übernommene Zivilisations- und Maschinenkritik - all das hatte es in seinen früheren Werken schon gegeben, sogar den Wildhüter gab es, als starke Stimme für Individualismus, Humanität und Naturverbundenheit. Wie dieser Oliver Mellors war David Herbert Lawrence Sohn eines Bergarbeiters, und in Constance finden sich Züge seiner Frau, der Deutschen Frieda von Richthofen, die er einem Universitätslehrer ausgespannt hatte.
In der realistisch-detaillierten Beschreibung, wie zwei Menschen die Freuden des Eros miteinander entdecken, wollte Lawrence das Wesen zärtlicher Menschlichkeit feiern. Sie ist nicht pornografisch, nur selten kitschig - auch wenn das von der Warte heutiger Aufgeklärtheit herab gern behauptet wird - und keineswegs frauenfeindlich, sorgte aber auf ewig für den zweifelhaften Ruf der "Lady Chatterley". Als der Roman am 14. Dezember 1928 schließlich auch in Großbritannien auf den Markt kam, wurde er sofort verboten.
Eine Jauchegrube!
Schrieb John Bull im "Sunday Chronicle".
Das obszönste Buch in englischer Sprache!
Sofort wurde "Lady Chatterley's Lover" günstige Beute für Buchpiraten. Schon 1929 gab es vier Raubdrucke. Erst 1959 hob ein amerikanischer Richter den Zensurbann von "Lady Chatterley's Lover" auf. Ein Jahr später wurde endlich auch dem britischen Penguin-Verlag der unzensierte Druck erlaubt. Das alles erlebte David Herbert Lawrence nicht mehr: Er starb 1930 an Tuberkulose, der Krankheit, vor der er ein halbes Leben lang geflüchtet war.
Lady Chatterley ist zum ersten Mal in die Hütte des Wildhüters gekommen, um mit ihm eine ganze Nacht zu verbringen - eine Schlüsselszene aus dem Roman "Lady Chatterleys Liebhaber".
"Hast du dein Unterzeug weggelassen?" fragte er. "Ja." "Na gut. Dann ziehe ich meins auch aus."
Dreimal schrieb David Herbert Lawrence die Geschichte von der Lady und ihrem Liebhaber um, die letzte Version wollte er veröffentlichen. Aber dass ein derart unbefangener Umgang mit sexuellen Dingen und den dazugehörigen volkstümlichen Vokabeln an die Grenzen moralischer Toleranz stoßen würde, das wusste er sehr gut. Deshalb entschloss er sich im Frühjahr 1928 zu einer Ausgabe im Eigendruck. Und zwar nicht in seiner britischen Heimat.
Freunde in Florenz drängen mich, das Buch hier, in Florenz, herauszubringen.
Denn seit Jahren war Lawrence auf Reisen, zuletzt vor allem, seiner kranken Lunge wegen, in der Schweiz und in Italien.
Die Produktion ist billig, und ich und mein Freund Pino Orioli könnten die ganze Arbeit selbst erledigen.
Hektisch arbeitete Lawrence, immer in Geldnöten, zusammen mit seinen Freunden an der Veröffentlichung der "Lady Chatterley". Aber selbst in diesem aufgeklärten und liberalen Kreis stieß er auf Widerstand. Jedenfalls gab eine Freundin, die versprochen hatte, das Manuskript abzutippen, beim fünften Kapitel auf.
"Sie lag nur da, die Hände tot auf seinem sich mühenden Körper."
Das Abschreiben der gewagtesten Stellen übernahm schließlich eine Andere, Aldous Huxleys Ehefrau Maria, bevor das Manuskript dann in die Florentiner "Tipografia Giuntina" ging. Dort fabrizierten die italienischen Drucker, des Englischen nicht mächtig, zu Lawrences großem Ärger Hunderte von Setzfehlern hinein. Aber schließlich verschickte der Autor die Exemplare, wieder in Eigenarbeit, paketweise an Buchhändler und private Käufer in aller Welt. Allerdings endete die Reise oft genug an der Grenze, wo die Eigendrucke - wie in den USA - schon beim Zoll von Zensoren abgefangen wurden.
"Lady Chatterley's Lover" erzählt die Geschichte von der jungen Constance, die in wohlhabend-liberalem Künstlermilieu groß geworden ist und sich an der Universität sexuell durchaus schon umgetan hat, bevor sie den im Ersten Weltkrieg versehrten und gelähmten Aristokraten Clifford Chatterley heiratet. Dass sie, jetzt Herrin des langweiligen Chatterley-Landsitzes in einer vom Bergbau zerstörten Gegend, an der Seite des impotenten und dünkelhaften Gatten ihre moralische Hochgestimmtheit allmählich verliert, das kann nicht verwundern. Aber die Avancen der jungen Männer ihrer Klasse lassen sie kalt, es ist der Wildhüter, den sie nimmt. Mit diesem düsteren und kritischen Einzelgänger entdeckt sie die Leidenschaft - und damit die Liebe.
In "Lady Chatterley's Lover" buchstabierte Lawrence seine alten, biografisch begründeten Themen: Die diffizil verfestigten Klassenunterschiede, das kühle Britannien, die Frau der Oberklasse, die einen Tieferstehenden liebt, die von der Lebensreformbewegung übernommene Zivilisations- und Maschinenkritik - all das hatte es in seinen früheren Werken schon gegeben, sogar den Wildhüter gab es, als starke Stimme für Individualismus, Humanität und Naturverbundenheit. Wie dieser Oliver Mellors war David Herbert Lawrence Sohn eines Bergarbeiters, und in Constance finden sich Züge seiner Frau, der Deutschen Frieda von Richthofen, die er einem Universitätslehrer ausgespannt hatte.
In der realistisch-detaillierten Beschreibung, wie zwei Menschen die Freuden des Eros miteinander entdecken, wollte Lawrence das Wesen zärtlicher Menschlichkeit feiern. Sie ist nicht pornografisch, nur selten kitschig - auch wenn das von der Warte heutiger Aufgeklärtheit herab gern behauptet wird - und keineswegs frauenfeindlich, sorgte aber auf ewig für den zweifelhaften Ruf der "Lady Chatterley". Als der Roman am 14. Dezember 1928 schließlich auch in Großbritannien auf den Markt kam, wurde er sofort verboten.
Eine Jauchegrube!
Schrieb John Bull im "Sunday Chronicle".
Das obszönste Buch in englischer Sprache!
Sofort wurde "Lady Chatterley's Lover" günstige Beute für Buchpiraten. Schon 1929 gab es vier Raubdrucke. Erst 1959 hob ein amerikanischer Richter den Zensurbann von "Lady Chatterley's Lover" auf. Ein Jahr später wurde endlich auch dem britischen Penguin-Verlag der unzensierte Druck erlaubt. Das alles erlebte David Herbert Lawrence nicht mehr: Er starb 1930 an Tuberkulose, der Krankheit, vor der er ein halbes Leben lang geflüchtet war.