Mit einem dramatischen Videospot auf Youtube geht El Faro auf Spendentour. Leserinnen und Leser sollen Geld spenden, damit die Journalisten des Online-Mediums aus El Salvador künftig noch besser und gründlicher recherchieren können. Nächstes Jahr feiert El Faro seinen 20. Geburtstag, und als unabhängiges Medium sind die Finanzen noch immer ein Dauerthema. Aber die konstanten Geldnöte haben auch ihr Gutes: Denn die ersten sieben Jahre, in denen kein einziges Honorar bezahlt werden konnte, hätten die Redaktion zusammengeschweißt, erzählt Carlos Dada, einer der Gründer von El Faro. "Und das ist das Besondere an der ganzen Entwicklung, und das war identitätsstiftend für das ganze Projekt. Denn ein Projekt, wo die Leute mit ganzem Herzen dabei sind, weil sie an das glauben, was sie tun, ist auch viel besser geschützt vor äußeren Bedrohungen und vor wirtschaftlichem Druck."
Sechs Jahre nach Ende des Bürgerkriegs in El Salvador als ambitioniertes No-Budget-Projekt gegründet, ist El Faro – auf Deutsch "Der Leuchtturm" – längst zu einem der führenden Investigativ-Medien in Lateinamerika aufgestiegen. Und anders als den traditionellen Medien des Landes ist es El Faro tatsächlich gelungen, sich vom wirtschaftlichen Druck der Anzeigenkunden freizumachen – auch dank langfristiger Unterstützung von Stiftungen wie der Open Society und der Friedrich Ebert- oder Böll-Stiftung.
Den Zorn der Regierung zugezogen
Das Erfolgsrezept: Gründlich recherchierte Hintergrundstücke von einer Länge, über die jeder vermeintliche Online-Profi bloß den Kopf schütteln würde. Auch wenn El Salvador in der Region in Sachen Pressefreiheit vergleichsweise gut dasteht – durch seine fortwährende Berichterstattung über Themen wie Korruption, Drogenschmuggel oder organisierte Kriminalität hat sich El Faro viele Feinde gemacht, und die Lage wird nicht einfacher. "Im Vergleich zu vor fünf Jahren sind die Risiken für Journalisten in El Salvador größer geworden. Heute geht die Bedrohung direkt von den staatlichen Institutionen aus, und der Staat selbst gibt Grünes Licht, damit diese Bedrohung weitergeht."
Den Zorn der staatlichen Institutionen zog El Faro zum Beispiel auf sich, als deren Reporter belegen konnten, dass salvadorianische Polizisten an der systematischen Ermordung von jugendlichen Gang-Mitgliedern beteiligt waren. Selbst als El Faro nach der Publikation die Bedrohung ihrer Reporter durch Polizisten öffentlich machte, verteidigte der Staat lieber die Täter, anstatt die Journalisten zu schützen. "Die Antwort des Staates war, dass die Polizisten Helden sind, die uns vor der organisierten Kriminalität schützen, und jeder, der ihnen widerspricht, ist ein Feind der Ruhe und des Friedens im Land."
Mit Tabus brechen
Was also kann Journalismus leisten in einer Gesellschaft, die auch 25 Jahre nach Ende des Bürgerkrieges ideologisch polarisiert ist und die eigenen Kriegstraumata noch längst nicht aufgearbeitet hat? Chefredakteur José Luis Sanz hat darauf eine klare Antwort. "Die Aufgabe des Journalismus ist es, voranzugehen und neue Wege zu beschreiten, damit auch der Rest der Gesellschaft die Möglichkeit hat, eigene Fragen zu stellen und eigene Meinungen zu vertreten. In El Salvador gibt es immer noch Angst davor, Fragen zu stellen, und es gibt Angst davor, bestimmte Dinge zu sagen."
Die 20-köpfige Redaktion versucht, mit diesen Tabus zu brechen. Damit macht El Faro seinem Namen alle Ehre. Denn tatsächlich ist es zum journalistischen Leuchtturm und Vorbild für andere Medien in der Region geworden, die sein investigatives Konzept übernommen haben. Auch einige Politiker in El Salvador haben erkannt, dass guter, unabhängiger Journalismus seine Berechtigung hat – selbst wenn er unbequem ist. Einer von ihnen ist der junge Abgeordnete Johnny Wright Sol von der konservativen Oppositionspartei ARENA. "Die Journalisten von El Faro gehören zu denjenigen, vor denen wir als Politiker flüchten, die am unangenehmsten sind, die die schwierigsten Fragen stellen. Aber darum geht es ja: Sich den Mächtigen in den Weg zu stehen, nicht immer grünes Licht zu geben und nicht zuzulassen, dass die Mächtigen hier alles tun und lassen können, ohne sich kritischen Fragen stellen zu müssen."