Krieg, Misswirtschaft, Korruption, oder Gefahren durch Ebola– die Demokratische Republik Kongo steht, trotz reicher Vorkommen an Erz und Mineralien, bei Investoren aus dem westlichen Ausland nicht hoch im Kurs. Der kanadische Konzern Feronia hat aber dennoch im Kongo investiert: in Konzessionen für drei Palmölplantagen, 30.000 Hektar Land inmitten des Dschungels. 8000 Arbeiter werden beschäftigt. Eigentlich eine gute Sache. Doch die Plantagen waren 1911 während der Kolonialzeit gepflanzt worden. Damals hatte die belgische Kolonialverwaltung die Ländereien an Unilever gegeben. Der niederländische Nahrungsmittel- und Kosmetikkonzern förderte Palmöl im Kongo für die europäischen Konsumenten. De facto war das Sklavenarbeit. Feronia weiß um die umstrittene Vergangenheit, räumt Firmenchef Xavier de Carniére ein.
"Wir können die Jahrhunderte alte Geschichte nicht ändern. Als Feronia 2009 die Konzessionen übernahm, haben wir einen großen Fehler begangen. Wir haben völlig unterschätzt, welche Investitionen nötig sind, um die Firma aus den roten Zahlen heraus zu holen. Sie stand letztlich kurz vor der Pleite. Da hat sich Feronia an die Agenturen der Entwicklungszusammenarbeit gewendet, um die Plantagen zu retten. Mittlerweile sehen wir jetzt Licht am Ende des Tunnels und hoffen, dass wir im nächsten Jahr endlich schwarze Zahlen schreiben."
Auch die soziale Verantwortung habe Feronia unterschätzt, gibt de Carniére zu. In den abgelegenen Regionen ist Feronia der einzige Arbeitgeber und auch der einzige Investor in Infrastruktur: Straßen, Schulen, Krankenhäuser, Wasserleitungen – all dies soll und muss von Feronia geleistet werden. Die soziale Bilanz, wie Firmenchef de Carniere sie zieht:
"Wir haben Projekte initiiert. Doch wir werden nie alle glücklich machen, denn um unsere Plantagen leben 150.000 Menschen."
Belastetes Erbe der Kolonialzeit
Aus reiner Nächstenliebe aber hat Feronia nicht investiert. Das Engagement war die Voraussetzung dafür, dass die Kanadier 2009 genau 76,17 Prozent der Anteile an der "Plantations et Huileries du Congo" von Unilever übernehmen durften - unterstützt von internationalen Entwicklungshilfe-Darlehen. Die restlichen Anteile hält die Demokratische Republik Kongo. An drei Standorten im Kongo hat Feronia damit Zugriff auf mehr als 30.000 Hektar Land. Die deutsche Nichtregierungsorganisation Urgewald wirft Feronia vor, die Rechte der Bevölkerung auf dieses Land systematisch zu missachten. Katrin Betz von Urgewald:
"Unilever hat die Länder erworben in den tiefsten Zeiten des Kolonialismus und die Menschen, die bis dahin die Länder genutzt haben und die dort wohnen, wurden niemals gefragt, ob ihre Länder konsultiert und gefragt, ob diese Länder genutzt werden können."
Die Aufarbeitung der Kolonialvergangenheit steht im Kongo noch aus. Viele Landrechte sind bis heute nicht geklärt. Feronia PHC, das räumt der Firmenchef ein, arbeitet auf einem historisch verminten Fundament:
"Was vor über hundert Jahren geschehen ist, können wir heute nicht mehr nachvollziehen. Doch, was ich nach einem Blick in die Firmenarchive sicher weiß, ist: Die Firma hat sich immer an die aktuellen Gesetz gehalten. Ob diese Gesetze richtig und fair waren, das sei dahingestellt."
Vor allem in der Provinz Tshopo halten sich die Konflikte zwischen der Bevölkerung und dem Konzern. Verhandlungen zum Abschluss von Pachtverträgen laufen schleppend, Verträge, die zwischen Gemeinden und Feronia PHC abgeschlossen werden, verschwinden oder sind nicht öffentlich zugänglich. Firmenchef de Carniére spricht selbst von einem mühsamen Geschäft:
"Wir haben ein seit drei Jahren Team von Mitarbeitern, die ständig nur damit beschäftigt sind, sich mit den Gemeindevorstehern auseinander zu setzen, das ist enorm zeitaufwendig."
Vorwurf: Steuergelder zur Finanzierung umstrittener Palmöl-Geschäfte
Die Landkonflikte im Kongo haben sogar den weiten Weg bis in den deutschen Bundestag geschafft. Zu den vier Entwicklungsfinanzierern, die Feronia mit Darlehen bei der Übernahme des kongolesischen Palmöl-Geschäfts geholfen haben, gehört auch die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, die DEG. Eine Tochter der staatlichen KfW. 16,5 Millionen Dollar umfasste der Darlehensteil der DEG. Steuergelder, mit denen Landkonflikte im Kongo finanziert werden? Mit diesem Vorwurf wurde die Bundesregierung Ende 2016 von der Linksfraktion in einer kleinen Anfrage konfrontiert.
Auf Anfrage des Deutschlandfunks hat die DEG das umstrittene Engagement zugunsten von Feronia so beantwortet:
"In der DR Kongo, einem der ärmsten Länder Afrikas mit einer Arbeitslosenrate von über 80 Prozent, können mit dem Engagement der Entwicklungsfinanzierer rund 3.800 dauerhafte und bis zu 5.200 saisonale Arbeitsplätze gesichert werden. Das Vorhaben wird von den mitfinanzierenden Entwicklungsfinanzierern intensiv begleitet. Dazu gehören auch regelmäßige Vor-Ort-Besuche. Die Entwicklungsfinanzierer sind bei diesem Vorhaben, ebenso wie das Unternehmen, im regelmäßigen Austausch mit der Zivilgesellschaft."
Entwicklungshilfe mit den Mitteln der Ökonomie?
Unproblematisch ist das Projekt aber weiterhin nicht. Die Linksfraktion zitierte vor knapp zwei Jahren die Analysten der Beratungsfirma Hallgarten & Company. Die hatten Feronia PHC als "Quango", als "Quasi nongovernmental Organization" bezeichnet, ein wenig schmückender Begriff für ein Unternehmen, das nicht wirklich privatwirtschaftlich arbeitet. Klappt die Idee vielleicht doch nicht? Entwicklungshilfe mit den Mitteln der Ökonomie? Für Feronia-Chef Xavier de Carniére steht jedenfalls fest: Von allen Entwicklungsinvestitionen sei seine die am meisten überprüfte:
"Wir sind wahrscheinlich die am meist überprüfte Gesellschaft von allen Entwicklungsinvestitionen weltweit."
Palmöl im Kongo ist also ein Geschäft im Licht der Öffentlichkeit. Theoretisch zumindest. Praktisch aber dürften der Dschungel ebenso wie fehlende Rechtstaatlichkeit und instabile politische Verhältnisse doch noch für viele dunkle Regionen im Palmöl-Geschäft sorgen.