Geld macht sexy, heißt es, und so ist es kein Wunder, dass ein gewaltiges TV-Publikum sich von denen verzaubern ließ, die"reich und schön" sind, wie eine langjährige, äußerst erfolgreiche Soap im Öffentlichen Fernsehen heißt. Reich und schön also: ein Gesellschaftsideal, das längst auch das Private erobert hat, das vorgedrungen ist bis in den intimen Bereich der Paarbeziehung.
Geld regiert die Welt - und damit auch die Liebe, denn auch die ist ja von dieser Welt. Ich kaufe, also bin ich - und darum, so die Soziologin Christine Wimbauer vom Wissenschaftsforum Berlin für Sozialforschung, darum bin ich auch in der Liebe nur noch im Doppelpack, als Romantiker und als Konsument zu haben.
"Je mehr Geld, desto mehr Konsum. Und der Konsum - Kleidung, wie man sich bewegt, was man in seiner Freizeit tut - wird Teil der eigenen Person, zur eigenen Einzigartigartigkeit und damit Teil der Paarbeziehung, wie man dieses Paar zusammenhalten kann."
Aber wo bleibt die Romantik, der geschützte Raum der Intimität? Wie verhält es sich mit jenem Terrain, das, so heißt es zumindest, die Gesetze des Marktes außen vorlässt, das den Mensch als Menschen und eben nicht als Marktteilnehmer schätzt. War das alles nur ein schöner Traum? Feiert die Soziologie nun vor allem die monetär bewegte Libido der Liebenden? Endgültige Antworten gibt es auf diese Fragen noch nicht, die Soziologen diskutieren noch. Aber ihre Diskussion zeigt, dass das, was sie für wahr und gut und schön halten, auch ihre Deutung der Liebe bestimmt. Christine Wimbauer weist darauf hin,
"dass Geld ein Medium wird zum Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, dass es in den Paarbeziehungen zu Darstellung der eigenen Person und zur Verbindung des Paares beiträgt, während andere die These vertreten, dass Geld eigentlich romantische Beziehungen, Paarbeziehungen ökonomisiert, kolonialisiert, im schlimmsten Fall zerstört."
Aber trotzdem: Die öffentlichen Kräfte setzen den privaten Verhältnissen zu. Stichwort demografischer Schwund etwa, der längst auch die Familie oder besser den Familienclan erreicht hat: Es dominiert die Kleinfamilie: Vater, Mutter Kind, mit etwas Glück ein Onkel oder eine Tante. An wen wenden sich junge Menschen in einer solchen Situation? An ihre Freunde, sagt Janosch Schobin vom Hamburger Institut für Sozialforschung. Er beobachtet eine steigende Bedeutung der Freundschaft - bezweifelt aber, dass sie das familiäre Gefüge auch nur ansatzweise retten kann.
"Ich denke, wenn man anschaut, was in Freundschaften stattfindet, dann ist das bis heute meistens noch Freizeitverhalten. Das hat gute Gründe. Freundschaften sind Beziehungen, die auf die Lebensalter angelegt sind. Klassischerweise findet man immer neue Freunde mit dem Beginn jedes Lebensalters und verliert alte Freunde. Generell ist Freundschaft eine Beziehung, die eine gewisse ephemere Schranke hat. Sie schwimmt und irgendwann versiegt sie. Freundschaft auf Dauer zu stellen, ist eine äußerst komplexe Angelegenheit, die Techniken erfordert, die die meisten Menschen gar nicht beherrschen."
Wenn dem so ist, dann wird es eng. Denn die Familie ist auch darum nicht mehr, was sie mal war, weil ihr neben der demografischen Entwicklung auch die ökonomische zusetzt. Der flexible Mensch zieht die flexible Familie nach sich oder besser, die latent zerfallende Familie. Denn auch wenn das protestantische Arbeitsethos, wie Max Weber es einst beschrieb, kein durchgängig akzeptiertes Ideal mehr ist, kann man trotzdem nicht behaupten, dass die Menschen träger geworden sind. Im Gegenteil: Sie schuften ungeheuer und das längst nicht mehr zu den Bedingungen des Nine-to-five-Jobs, also den regelmäßigen Arbeitszeiten von neun Uhr morgens bis Nachmittags um fünf. Und das, erläutert Christine Wimbauer, hat auch für die Familie erhebliche Konsequenzen.
"Was bei unseren eigenen empirischen Untersuchungen eher ein Problem ist, ist die Arbeit, die Erwerbsarbeit, die Zwänge der Erwerbsarbeit. Einerseits gibt es bei der Erwerbsarbeit die Versprechen nach Anerkennung, nach Erfolg, nach Geld, aber auch nach Zugehörigkeit. Gleichermaßen werden aber durch die strukturellen Bedingungen massive Zeitdrücke, Anwesenheitsbedingungen generiert, die dann unseren Paaren zu schaffen machen, weil sie zeitlich eben Beruf und Familie und Freunde nicht mehr unter einen Hut kriegen."
Was könnte helfen? Vielleicht die Möglichkeit, Familie und Freunde zusammenzudenken, im Partner auch den Freund zu sehen. Janosch Schobin jedenfalls sieht die Ehe als wandlungsfähige Institution, in deren Verlauf die Partner füreinander ganz unterschiedliche Rollen einnehmen.
"Was ich beobachte, ist, dass man in Paarbeziehungen ist, dass am Anfang der Beziehung Passion herrscht, Liebe, dann wenn die Kinder kommen, herrscht Nächstenliebe - es geht um die Aufzucht der Kinder. Und wenn die Kinder das Haus verlassen, stellt sich die Frage der Lücke. Und diese Lücke wird heutzutage oft mit einer Form von Freundschaft erfüllt. Das heißt, man geht über zu einem Modell, das unter Aristokraten im ausgehenden 18. Jahrhundert üblich war, nämlich zur Freundschaftsehe. Und das ist tatsächlich eine Möglichkeit, eine Ehe zu retten, nachdem die Liebe und die Nächstenliebe an ihr Ende kamen."
Während die einen zu stark eingebunden sind, sind es andere zu wenig. Nikola Tietze vom Hamburger Institut für Sozialforschung erforscht in Berlin die Situation palästinensischer Jugendlicher, die als Töchter und Söhne von Flüchtlingen einen oft prekären Status haben: In Deutschland nur geduldet, sind sie stets von Abschiebung bedroht. Zudem haben sie Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt. All dies animiert sie, sich auf die alte Heimat zu konzentrieren: auf eine Heimat allerdings, die es so gar nicht mehr gibt, eine Heimat der Herzen, aber keine Heimat von dieser Welt.
"Die jungen Leute reproduzieren diese Bilder, ohne dass sie damit wirklich politisch konkrete Projekte oder Ideen verbinden. Man kann es daran festmachen, dass sie oft sehr wenig wissen, historisch wenig wissen. Von Politikern - außer Arafat - sind Namen nicht bekannt, Schriftsteller und so weiter. Da verflüchtigt sich ein Bild. Auf der anderen Seite wird damit was verbunden, eine Situation, die man in Berlin erlebt, dass man da stigmatisiert ist. Und da wird es vielleicht manchmal etwas schematisch und pauschalierend, dass man das auf ein diffuses Unterdrücktsein der Palästinenser in der Welt schiebt."
Wankende Welten, ganz oben, bei den Reichen und Schönen und denen, die es gerne wären. Und bei denen draußen vor der Tür, den Flüchtlingen, die eine Heimat nur im Imaginären finden. Ihnen allen ist gemein, dass die Kräfte der Gesellschaft massiv ins Private drängen, dass das öffentliche Leben das persönliche nach Kräften formt. Das Private ist politisch und das Politische ist privat, verkündet ein alter Sponti-Spruch. Er gilt noch immer, und das ist schön. Wenigstens etwas bleibt, wie es ist, in diesen modernen Zeiten.
Geld regiert die Welt - und damit auch die Liebe, denn auch die ist ja von dieser Welt. Ich kaufe, also bin ich - und darum, so die Soziologin Christine Wimbauer vom Wissenschaftsforum Berlin für Sozialforschung, darum bin ich auch in der Liebe nur noch im Doppelpack, als Romantiker und als Konsument zu haben.
"Je mehr Geld, desto mehr Konsum. Und der Konsum - Kleidung, wie man sich bewegt, was man in seiner Freizeit tut - wird Teil der eigenen Person, zur eigenen Einzigartigartigkeit und damit Teil der Paarbeziehung, wie man dieses Paar zusammenhalten kann."
Aber wo bleibt die Romantik, der geschützte Raum der Intimität? Wie verhält es sich mit jenem Terrain, das, so heißt es zumindest, die Gesetze des Marktes außen vorlässt, das den Mensch als Menschen und eben nicht als Marktteilnehmer schätzt. War das alles nur ein schöner Traum? Feiert die Soziologie nun vor allem die monetär bewegte Libido der Liebenden? Endgültige Antworten gibt es auf diese Fragen noch nicht, die Soziologen diskutieren noch. Aber ihre Diskussion zeigt, dass das, was sie für wahr und gut und schön halten, auch ihre Deutung der Liebe bestimmt. Christine Wimbauer weist darauf hin,
"dass Geld ein Medium wird zum Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, dass es in den Paarbeziehungen zu Darstellung der eigenen Person und zur Verbindung des Paares beiträgt, während andere die These vertreten, dass Geld eigentlich romantische Beziehungen, Paarbeziehungen ökonomisiert, kolonialisiert, im schlimmsten Fall zerstört."
Aber trotzdem: Die öffentlichen Kräfte setzen den privaten Verhältnissen zu. Stichwort demografischer Schwund etwa, der längst auch die Familie oder besser den Familienclan erreicht hat: Es dominiert die Kleinfamilie: Vater, Mutter Kind, mit etwas Glück ein Onkel oder eine Tante. An wen wenden sich junge Menschen in einer solchen Situation? An ihre Freunde, sagt Janosch Schobin vom Hamburger Institut für Sozialforschung. Er beobachtet eine steigende Bedeutung der Freundschaft - bezweifelt aber, dass sie das familiäre Gefüge auch nur ansatzweise retten kann.
"Ich denke, wenn man anschaut, was in Freundschaften stattfindet, dann ist das bis heute meistens noch Freizeitverhalten. Das hat gute Gründe. Freundschaften sind Beziehungen, die auf die Lebensalter angelegt sind. Klassischerweise findet man immer neue Freunde mit dem Beginn jedes Lebensalters und verliert alte Freunde. Generell ist Freundschaft eine Beziehung, die eine gewisse ephemere Schranke hat. Sie schwimmt und irgendwann versiegt sie. Freundschaft auf Dauer zu stellen, ist eine äußerst komplexe Angelegenheit, die Techniken erfordert, die die meisten Menschen gar nicht beherrschen."
Wenn dem so ist, dann wird es eng. Denn die Familie ist auch darum nicht mehr, was sie mal war, weil ihr neben der demografischen Entwicklung auch die ökonomische zusetzt. Der flexible Mensch zieht die flexible Familie nach sich oder besser, die latent zerfallende Familie. Denn auch wenn das protestantische Arbeitsethos, wie Max Weber es einst beschrieb, kein durchgängig akzeptiertes Ideal mehr ist, kann man trotzdem nicht behaupten, dass die Menschen träger geworden sind. Im Gegenteil: Sie schuften ungeheuer und das längst nicht mehr zu den Bedingungen des Nine-to-five-Jobs, also den regelmäßigen Arbeitszeiten von neun Uhr morgens bis Nachmittags um fünf. Und das, erläutert Christine Wimbauer, hat auch für die Familie erhebliche Konsequenzen.
"Was bei unseren eigenen empirischen Untersuchungen eher ein Problem ist, ist die Arbeit, die Erwerbsarbeit, die Zwänge der Erwerbsarbeit. Einerseits gibt es bei der Erwerbsarbeit die Versprechen nach Anerkennung, nach Erfolg, nach Geld, aber auch nach Zugehörigkeit. Gleichermaßen werden aber durch die strukturellen Bedingungen massive Zeitdrücke, Anwesenheitsbedingungen generiert, die dann unseren Paaren zu schaffen machen, weil sie zeitlich eben Beruf und Familie und Freunde nicht mehr unter einen Hut kriegen."
Was könnte helfen? Vielleicht die Möglichkeit, Familie und Freunde zusammenzudenken, im Partner auch den Freund zu sehen. Janosch Schobin jedenfalls sieht die Ehe als wandlungsfähige Institution, in deren Verlauf die Partner füreinander ganz unterschiedliche Rollen einnehmen.
"Was ich beobachte, ist, dass man in Paarbeziehungen ist, dass am Anfang der Beziehung Passion herrscht, Liebe, dann wenn die Kinder kommen, herrscht Nächstenliebe - es geht um die Aufzucht der Kinder. Und wenn die Kinder das Haus verlassen, stellt sich die Frage der Lücke. Und diese Lücke wird heutzutage oft mit einer Form von Freundschaft erfüllt. Das heißt, man geht über zu einem Modell, das unter Aristokraten im ausgehenden 18. Jahrhundert üblich war, nämlich zur Freundschaftsehe. Und das ist tatsächlich eine Möglichkeit, eine Ehe zu retten, nachdem die Liebe und die Nächstenliebe an ihr Ende kamen."
Während die einen zu stark eingebunden sind, sind es andere zu wenig. Nikola Tietze vom Hamburger Institut für Sozialforschung erforscht in Berlin die Situation palästinensischer Jugendlicher, die als Töchter und Söhne von Flüchtlingen einen oft prekären Status haben: In Deutschland nur geduldet, sind sie stets von Abschiebung bedroht. Zudem haben sie Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt. All dies animiert sie, sich auf die alte Heimat zu konzentrieren: auf eine Heimat allerdings, die es so gar nicht mehr gibt, eine Heimat der Herzen, aber keine Heimat von dieser Welt.
"Die jungen Leute reproduzieren diese Bilder, ohne dass sie damit wirklich politisch konkrete Projekte oder Ideen verbinden. Man kann es daran festmachen, dass sie oft sehr wenig wissen, historisch wenig wissen. Von Politikern - außer Arafat - sind Namen nicht bekannt, Schriftsteller und so weiter. Da verflüchtigt sich ein Bild. Auf der anderen Seite wird damit was verbunden, eine Situation, die man in Berlin erlebt, dass man da stigmatisiert ist. Und da wird es vielleicht manchmal etwas schematisch und pauschalierend, dass man das auf ein diffuses Unterdrücktsein der Palästinenser in der Welt schiebt."
Wankende Welten, ganz oben, bei den Reichen und Schönen und denen, die es gerne wären. Und bei denen draußen vor der Tür, den Flüchtlingen, die eine Heimat nur im Imaginären finden. Ihnen allen ist gemein, dass die Kräfte der Gesellschaft massiv ins Private drängen, dass das öffentliche Leben das persönliche nach Kräften formt. Das Private ist politisch und das Politische ist privat, verkündet ein alter Sponti-Spruch. Er gilt noch immer, und das ist schön. Wenigstens etwas bleibt, wie es ist, in diesen modernen Zeiten.