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"Das Problem ist, dass die Verbraucher über Elektroautos wenig wissen"

Verbraucher hielten E-Autos noch immer für eine anfällige Technik, sagt Konrad Götz vom Institut für sozial-ökologische Forschung in Frankfurt am Main. Man müsse ihnen mehr Testmöglichkeiten bieten. Denn während theoretisch die Akzeptanz eher gering sei, sei beim konkreten Fahrerlebnis die Begeisterung meist groß.

Konrad Götz im Gespräch mit Georg Ehring |
    Georg Ehring: Wenn ein neues Produkt auf den Markt kommt, weil die Politik es so will, dann muss der Verbraucher meist mit ziemlichem Aufwand davon überzeugt werden – zum Beispiel vom Elektroauto. Bis 2020 soll eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen rollen, um klimafreundliche Mobilität zu gewährleisten, doch der Plan kommt nicht so recht voran. Anfang des Jahres fuhren von 43 Millionen zugelassenen Fahrzeugen gerade einmal 4500 voll elektrisch, das ist ein Anteil von etwa einem Hundertstel Prozent. – Konrad Götz beschäftigt sich beim ISOE - Institut für sozial-ökologische Forschung in Frankfurt am Main mit dem Thema und mit ihm bin ich jetzt telefonisch verbunden. Guten Tag, Herr Götz!

    Konrad Götz: Guten Tag!

    Ehring: Herr Götz, Deutschland will bis 2020 rund 40 Prozent weniger CO2 in die Atmosphäre blasen als 1990, um dem Klimaschutz zu nutzen. Welchen Anteil können denn Elektroautos an diesem Klimaziel leisten?

    Götz: Elektroautos – also zunächst mal zu diesem Klimaziel -, einen wirklichen Beitrag können sie nur dann leisten, wenn sie mit erneuerbaren Energien, also mit Wind-, Sonnen- und Bioenergie geladen werden. Das ist erst mal die wichtigste Voraussetzung. Und dann, je nach Szenario, je nachdem, wie viele Autos auf die Straße kommen – ich gehe jetzt mal von etwa vier bis acht Millionen Elektroautos in 2030 aus -, dann kann hier eine CO2-Einsparung von sechs bis acht Prozent der PKW-Emissionen möglich sein.

    Ehring: Sie haben ja Verbraucher gefragt, ob sie sich den Kauf eines Elektroautos vorstellen können. Was sagen denn Verbraucher dazu?

    Götz: Das Problem ist, dass die Verbraucher über Elektroautos wirklich wenig wissen. Sie glauben, das sei eine neue anfällige Technik. In Wirklichkeit ist es eine alte und sehr stabile und sehr bewährte Technik, und deswegen muss man den Verbrauchern erst mal die Chance geben, dass sie Testmöglichkeiten haben, dass sie die Dinge ausprobieren und dass sie mal das Fahrgefühl erleben. Wir haben erlebt, wenn wir Verbraucher sozusagen theoretisch fragen, wie sie zum Kauf eines Elektroautos stehen, dass die Akzeptanz relativ gering ist. Im konkreten Fahrerlebnis ist die Sache völlig anders. Wenn sie dieses geräuscharme und in der Beschleunigung völlig andere Fahrverhalten erleben, dann kommt, muss man sagen, Begeisterung auf.

    Ehring: Verbraucher entscheiden aber vor dem Kauf auch aus praktischen Erwägungen. Für wen wäre denn das Elektroauto heute oder in den nächsten Jahren eine Alternative?

    Götz: Ganz interessant wäre es, wenn man sich die Pendler anguckt und wenn man sich die Zweit- und Drittwagen anguckt und wenn man sich vor allem betriebliche Fahrzeugflotten anguckt. Außerdem wäre es absolut sinnvoll, Elektroautos dort einzusetzen, wo Sharing-Systeme fahren, also nutzen statt haben. Das wissen Sie sicher, das hat im Moment einen ziemlichen Boom. Hier in der Flotte können Elektroautos intelligent geladen werden, das ist eine wichtige Voraussetzung, und die Problematik – die Verbraucher wünschen sich natürlich eine große Reichweite, wie sie das von ihren Autos gewöhnt sind -, die Problematik der Reichweite tritt hier auch nicht so auf, wie wenn Sie ein privates Auto zuhause stehen haben.

    Ehring: Was können denn Politik und Wirtschaft tun, um die Akzeptanz und das Interesse zu erhöhen?

    Götz: Zunächst mal wie gesagt müssen die Autos ausprobiert werden. Die Verbraucher müssen die Autos erleben und dazu müssen Systeme eingeführt werden, wo es möglich ist zu probieren. Wie gesagt, solche Nutzen-statt-Haben-Systeme, da ist es möglich. Aber die Industrie hat auch bei anderen Autos gezeigt: man kann sich noch erinnern, als damals der Mini auf die Straße kam, dass man den konkreten Test im Stadtteil ermöglichen sollte, und dann ist die Einstellung schon mal ganz anders.
    Dann ist natürlich noch die Frage der Finanzen. Hier wird zurzeit diskutiert, ob man einen Barzuschuss von 5000 bis 7000 Euro gibt. Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist. Man sollte sich überlegen, ob man den Preisvorteil, den man gegenwärtig hat, wenn man elektrisch fährt, erhält, indem man nicht sofort die gesamte Steuer auf die Elektromobilität draufhaut.

    Ehring: Hybridautos fahren ja teils elektrisch und zum Teil mit Mineralöl. Wie steht es denn hier um das Kundeninteresse?

    Götz: Das ist bedeutend größer als bei den voll elektrischen. Es kommen ja jetzt ganz verschiedene Möglichkeiten im Moment auf den Markt. Heute ist wieder eine Meldung, dass Audi ein Auto mit Range Extender, also mit einer Reichweitenverlängerung entwickelt. Bei Opel ist so was ja schon da. Es gibt die verschiedenen Möglichkeiten von Hybridlösungen. Eigentlich ist hier die Kreativität der Motorenbauer erst mal gefragt, und die deutsche Automobilindustrie hat ja bekanntlich großen Nachholbedarf. Aber hier kann sie jetzt ihre ganze Kreativität zeigen und sozusagen in nachholender Entwicklung jetzt was viel besseres auf die Straße stellen, als wir bisher gesehen haben.

    Ehring: Wer braucht das Elektroauto? Das waren Antworten von Konrad Götz, Wissenschaftler beim Institut für sozial-ökologische Forschung. Herzlichen Dank.

    Götz: Bitte schön.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.