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Das Projekt Joasihno
Improvisation mit Blockflöte und selbstgebauten Keyboards

Cico Beck macht mit seinen eigenen Bandprojekten "Aloa Input" und "Joasihno" Musik, die die Strukturen der Popmusik weit hinter sich lässt. Die neue Platte "Meshes" beschäftigt sich mit New York, der Stadt der großen Magier der neuen Musik wie Steve Reich, Philip Glass und Raymond Scott.

Von Andi Hörmann |
    Das Setup des Duos bei einem Konzert in München
    Das Setup des Duos bei einem Konzert in München (Foto: Andi Hörmann)
    "Ich glaube, es ist eigentlich immer noch genauso poppig, was die verschiedenen Melodien und Akkorde betrifft. Aber es ist ohne Gesang. Und allein von den Strukturen ist es viel offener."
    Joasihno machen mit ihrem dritten Album Popmusik, die Grenzen ausradiert. Die Stücke hören sich an wie Song-Skizzen ohne Schablone, wie Tusche-Tracks in Farbe getaucht. Klingt kompliziert, ist aber die Freude am Spiel selbst. Im Proberaum sieht es dabei aus wie in der Erfinderwerkstatt von Doctor Snuggles. Cino Beck:
    "Der Rechner ist schon die Schnittstelle von allem, da läuft alles zusammen. Ansonsten sind es Controller oder Keyboards, mit denen wir spielen... Das ist auch ein Midi-Controller in Xylophon-Form."
    Ineinander geschachtelte Tasteninstrumente liegen auf dem Boden, eine Insel aus Keyboards - umgeben von Rotoren auf Stativen mit waagrechten Armen wie ein sich drehendes T aus Holzleisten, an denen kleine Kugeln baumeln und an darunter liegende Gegenstände schlagen. Pling-Plong, Klipp-Klapp. Nur ein Stück auf dem neuen Album wird live auch mit herkömmlichen Instrumenten umgesetzt. Beck:
    "Sollen wir es ins Radio reinspielen? Wir können das ja schnell spielen, oder?"
    Ein kreatives Durcheinander
    Akustikgitarre und Blockflöte, wie im Kindergarten. Und es klingt doch so erwachsen albern.
    "Ich kann nämlich nicht gut Blockflöte spielen. Ich kann keine komplizierten Sachen. Ich kann nur so...", erklärt Beck und spielt.
    Das Prinzip des unkontrollierten Komponierens. Nico Sierig und Cico Beck, beide Anfang 30, spielen in ihrem Duo Joasihno mit dem Zufall in der Musik. Komplex und simpel: Mal verlaufen die transparenten Sounds wie Pastelltöne, mal verschwimmen sie wie Wasserfarben. Beck:
    "So eine konstruktivistische Sichtweise: Man geht davon aus, dass man nie richtig gleichzeitig mit jemanden anderes ist."
    Andi Hörmann: "Ihr zwei dann auch nicht...?"
    Beck: "Wir sind auch nicht gleichzeitig zusammen..."
    Hörmann: "...in der Musik."
    "Eher zufällig. Es gibt natürlich festgelegte Songs, die durch Beat oder Click zusammengehalten werden. Und da sind wir dann hoffentlich schon zusammen. Und dann gibt es eben diese Improvisations-Geschichten, die dann eher freier sind", so Beck.
    Hörmann: "Ihr sitzt ja dann tatsächlich live auf dem Bühnenboden."
    "Das ist ein bisschen daran geschuldet, weil diese Rotoren, die um uns herum sind, nicht so wahnsinnig hoch sind. Ich glaube der größte ist so 1,40 Meter hoch. Deswegen haben wir uns gedacht, wir sitzen lieber selber am Boden und spielen alles im Sitzen oder im Knien", erklärt Nico Sierig.
    Hörmann: "Da entsteht ja gerade ein neues Genre: Shoe-Gazer ist es mit Sicherheit nicht, es ist irgendwas mit Hocke oder..."
    Beck: "Knie-Gazer!"
    Weiche Übergange und ein fein gestrickter Sound
    "Meshes", also Maschen, haben Joasihno ihr neues Album betitelt. Und es hat tatsächlich was vom Stricken: Das Auffädeln von wollweichen Sounds - links, rechts - und wie an Nadelspitzen laufen die brüchigen Beats zusammen. Schlaufe, Loop. Hin und wieder fällt dann mal eine Masche runter. Macht nichts! Denn im musikalischen Experimentieren von Joasihno gibt es kein Scheitern. Im Gegenteil: Scheitern ist die große Kunst. Beck:
    "Das hat so ein bisschen einen Bezug auf "Meshes of the Afternoon". Das ist ein super Film, ein surrealer Kurzfilm. Das ist auch super Musik von Taiji Ito. Auch die Atmosphäre von diesem "Meshes of the Afternoon" trifft es irgendwie auch gut."
    Der Stummfilm "Meshes of the Afternoon" aus dem Jahr 1943 gilt als Wegbereiter des Avantgarde-Kinos in den USA. Die Tänzerin Maya Daren verkörpert darin eine psychisch kranke Frau: Depression und Schizophrenie in symbolträchtigen Bildern. Und auch in der Musik von Joasihno schwingen schwermütige Bilder mit: Musikalische Schieflagen als Gleichzeitigkeit in der Ungleichzeitigkeit. Beck:
    "Ein Bild, das ich da immer hatte: Wenn man in der Nacht irgendwo rum fährt und da sind Windräder und die haben alle so ein rotes Licht und das blinkt immer bei allen gleich, aber die Rotoren sind immer so ein bisschen unterschiedlich und das wird dann immer unterschiedlich von dem Rotor verdeckt. Das gibt dann so einen ganz komplexen Rhythmus."
    Es ist wundervoll wie Joasihno in ihrer Musik das Komplexe im Simplen verpacken - oder umgekehrt. Und alles fließt zusammen im betörenden Klang eines alten Synthesizers.
    Ein Roland SH 2000. Immer wenn ich ihn höre, dann muss ich sagen: Ich liebe ihn. Den mag ich echt extrem gerne. Das ist so ein 70er Jahre Roland... Sehr einfach, auch nicht teuer, aber klingt ganz toll", schwärmt Beck.
    "Das könnte ich mir schon stundenlang anhören. So schlaftrunken..."