Live-Schalte in den Gezi-Park: Moderator Can Tonbil spricht am Telefon mit einer Teilnehmerin der Proteste - und zwar mit seiner Mutter. Sie versucht ihm die Situation zu beschreiben, und nennt ihn dabei "Söhnchen".
Can Tonbil moderiert bei Acik Radyo - zu Deutsch "offenes Radio". Der kleine, aber modern ausgestattete Sender sitzt im Istanbuler Szeneviertel Cihangir, etwa 15 Gehminuten vom Taksim-Platz entfernt. Nicht nur die Interviews sind familiär, auch die Atmosphäre ist es. Bei "Acik" kennt jeder jeden, denn hier arbeiten gerade einmal drei fest angestellte und bezahlte Redakteure. Der Rest der knapp 200 Journalisten, die jede Woche das Programm stemmen, arbeitet ehrenamtlich. Seit den Gezi-Protesten hat der Sender - nach wie vor - jeden Tag eine halbe Stunde Programm ausschließlich zum Thema Gezi.
"Der Geist von Gezi ist immer noch am Leben! Das fühlt hier jeder. Soweit ich weiß, waren wir die Ersten, die über Gezi berichtet haben - schon am 27. Mai, als die ersten Bäume entwurzelt wurden. An einigen Tagen haben wir das gesamte Programm umgeschmissen, sodass wir ständig berichten konnten. Es war wie ein Marathon.”"
Sagt Ömer Madra, Chefredakteur und Gründer von Acik Radyo. Der 68-Jährige zeigt auf eine Karte der Türkei - auf ihr sind Punkte eingezeichnet, die abbilden, wo noch heute der Protest sporadisch aufflammt. Ömer Madra will den Hörern dreierlei bieten: Aufarbeitung, Analyse, Erinnerung.
Der Erfolg gibt ihm und Acik Radyo recht. Die Website des kleinen Senders hatte vor Gezi etwa 1600 Besucher täglich. Diese Zahl hat sich mehr als verzehnfacht. Aber Ömer Madra hat für diesen Erfolg eine ganz simple Erklärung:
""Es ist ein Albtraum. Ich möchte nicht darüber herziehen, aber: Wir haben nicht so viele Hörer, weil wir so gut sind, sondern weil die anderen so lausig sind. Sie haben die ganze Zeit über die drei Affen gespielt: Nicht Böses sehen, nicht Böses hören, nichts Böses sagen. Es war ein richtiger Blackout!"
Gegen diesen Blackout stemmt sich auch das Team der Nachrichtenwebsite T24 . Seine Redaktionsräume hat es in einer Altbauwohnung in Sichtweite des Taksim-Platzes bezogen. Noch vor wenigen Wochen standen dicke Tränengaswolken in den Räumen, suchten hier viele Demonstranten Unterschlupf. An diesem Nachmittag lauscht eine vierköpfige Gruppe den Worten von Cem Sey, seines Zeichens Reporter, der schon in Berlin, Brüssel und Kabul gearbeitet hat und heute auch Kolumnist für T24 ist.
"Wir haben über unsere eigenen Meldungen gesprochen. Und ich habe bei vielen Meldungen so drei, vier Punkte gefunden: Hier hätten wir eigentlich nachfragen müssen. Hier hätten wir die Anwälte von den Leuten fragen müssen. Hier hätten wir Experten fragen müssen. Hier hätten wir die Regierung fragen müssen. Das ist noch keine richtig professionelle Arbeit hier."
Neben dem erfahrenen Cem Sey arbeiten inzwischen auch andere renommierte Journalisten für T24 - Hassan Cemal wäre so ein Beispiel, der so intensiv wie kaum ein anderer über die Armenien- und auch die Kurdenthematik berichtet hat. Wofür er von einer der größten türkischen Tageszeitungen rausgeworfen wurde. Der Großteil der T24 Mitarbeiter macht aber hier seine ersten Schritte im Journalismus - fast immer ohne Bezahlung. Für eine Website, die bei ihrem Start vor vier Jahren etwa 2000 Klicks täglich zählte, seit den Gezi-Park-Protesten aber an Spitzentagen bis zu 400.000 Besucher angelockt hat.
"Beim Publikum hat sich geändert, dass sie jetzt denken, dass alles in der Türkei eigentlich anders sein könnte. Das heißt, sie sind auf der Suche nach Medien, die diese Erwartung bedienen - und finden keine. Das ist aber nur vorübergehend, das wissen wir. Wenn wir daraus jetzt nicht eine qualitativ gute Internetzeitung machen, dann wird dieses Zeitfenster auch irgendwann zugehen."
Can Tonbil moderiert bei Acik Radyo - zu Deutsch "offenes Radio". Der kleine, aber modern ausgestattete Sender sitzt im Istanbuler Szeneviertel Cihangir, etwa 15 Gehminuten vom Taksim-Platz entfernt. Nicht nur die Interviews sind familiär, auch die Atmosphäre ist es. Bei "Acik" kennt jeder jeden, denn hier arbeiten gerade einmal drei fest angestellte und bezahlte Redakteure. Der Rest der knapp 200 Journalisten, die jede Woche das Programm stemmen, arbeitet ehrenamtlich. Seit den Gezi-Protesten hat der Sender - nach wie vor - jeden Tag eine halbe Stunde Programm ausschließlich zum Thema Gezi.
"Der Geist von Gezi ist immer noch am Leben! Das fühlt hier jeder. Soweit ich weiß, waren wir die Ersten, die über Gezi berichtet haben - schon am 27. Mai, als die ersten Bäume entwurzelt wurden. An einigen Tagen haben wir das gesamte Programm umgeschmissen, sodass wir ständig berichten konnten. Es war wie ein Marathon.”"
Sagt Ömer Madra, Chefredakteur und Gründer von Acik Radyo. Der 68-Jährige zeigt auf eine Karte der Türkei - auf ihr sind Punkte eingezeichnet, die abbilden, wo noch heute der Protest sporadisch aufflammt. Ömer Madra will den Hörern dreierlei bieten: Aufarbeitung, Analyse, Erinnerung.
Der Erfolg gibt ihm und Acik Radyo recht. Die Website des kleinen Senders hatte vor Gezi etwa 1600 Besucher täglich. Diese Zahl hat sich mehr als verzehnfacht. Aber Ömer Madra hat für diesen Erfolg eine ganz simple Erklärung:
""Es ist ein Albtraum. Ich möchte nicht darüber herziehen, aber: Wir haben nicht so viele Hörer, weil wir so gut sind, sondern weil die anderen so lausig sind. Sie haben die ganze Zeit über die drei Affen gespielt: Nicht Böses sehen, nicht Böses hören, nichts Böses sagen. Es war ein richtiger Blackout!"
Gegen diesen Blackout stemmt sich auch das Team der Nachrichtenwebsite T24 . Seine Redaktionsräume hat es in einer Altbauwohnung in Sichtweite des Taksim-Platzes bezogen. Noch vor wenigen Wochen standen dicke Tränengaswolken in den Räumen, suchten hier viele Demonstranten Unterschlupf. An diesem Nachmittag lauscht eine vierköpfige Gruppe den Worten von Cem Sey, seines Zeichens Reporter, der schon in Berlin, Brüssel und Kabul gearbeitet hat und heute auch Kolumnist für T24 ist.
"Wir haben über unsere eigenen Meldungen gesprochen. Und ich habe bei vielen Meldungen so drei, vier Punkte gefunden: Hier hätten wir eigentlich nachfragen müssen. Hier hätten wir die Anwälte von den Leuten fragen müssen. Hier hätten wir Experten fragen müssen. Hier hätten wir die Regierung fragen müssen. Das ist noch keine richtig professionelle Arbeit hier."
Neben dem erfahrenen Cem Sey arbeiten inzwischen auch andere renommierte Journalisten für T24 - Hassan Cemal wäre so ein Beispiel, der so intensiv wie kaum ein anderer über die Armenien- und auch die Kurdenthematik berichtet hat. Wofür er von einer der größten türkischen Tageszeitungen rausgeworfen wurde. Der Großteil der T24 Mitarbeiter macht aber hier seine ersten Schritte im Journalismus - fast immer ohne Bezahlung. Für eine Website, die bei ihrem Start vor vier Jahren etwa 2000 Klicks täglich zählte, seit den Gezi-Park-Protesten aber an Spitzentagen bis zu 400.000 Besucher angelockt hat.
"Beim Publikum hat sich geändert, dass sie jetzt denken, dass alles in der Türkei eigentlich anders sein könnte. Das heißt, sie sind auf der Suche nach Medien, die diese Erwartung bedienen - und finden keine. Das ist aber nur vorübergehend, das wissen wir. Wenn wir daraus jetzt nicht eine qualitativ gute Internetzeitung machen, dann wird dieses Zeitfenster auch irgendwann zugehen."