Fünf Schauspieler bangen um ihre Zukunft. Noch sind sie engagiert in einer Show, die sich "Das Reich der Tiere" nennt. Aber die läuft nun schon seit sechs Jahren und soll bald abgesetzt werden. Dass die Darsteller des Löwen, des Zebra, der Ginsterkatze, der Antilope und des Marabu in ihrem Theater ein Anschlussengagement bekommen werden, ist unwahrscheinlich. Wenn sie mit der Sekretärin oder anderen Mitarbeitern des Theaters sprechen, dann wissen diese nicht einmal, dass ihnen ein Darsteller ihres Theater gegenüber steht. Auf der Bühne stehen also fünf Verlorene, fünf aus dem Menscheleben gefallene, verurteilt, Tiere zu spielen, um irgendwie überhaupt noch zu existieren.
Das dauernde Ankleben und Abreißen der Kostümfedern hat bei einem eine eiternde Wunde hinterlassen, eine andere hat sich beim Spiel auf der Bühne einen Fußnagel abgerissen; vor allem aber sind ihre Menschenseelen verletzt, weil sie langsam ahnen, dass sie zur anonymen Verschiebemasse des Showbiz geworden sind. Es ist ein Theater im Theater, das Roland Schimmelpfennig in dem zweiten Teil seiner Trilogie über die Tiere entwickelt, eine Parabel über das Ende einer Epoche. Die Fabel erzählt davon, wie der Löwe dem Zebra die Herrschaft über das Reich der Tiere entreißt, und auf einer weiteren Ebene, wie sich darüber auch die beiden Protagonisten entzweien und zu Feinden im wirklichen Leben werden. Die Verhältnisse zwischen den Figuren in diesem Darstellungsproletariat sind längst geklärt: die kurze Affäre zwischen den Darsteller des Löwen und der Darstellerin der Antilope ist längst Geschichte, ein Kind hat die gekriegt, das bei der Mutter der Schauspielerin aufwächst, weil die ja im Theater arbeit muss. Das ist eine Show, die für verstreute Seelen zu einer Ersatzfamilie geworden ist, einem Rettungsseil für Wesen, die nicht einmal mehr Tiere sind, wenn sie arbeitslos werden, am Ende dieses Lebensabschnitts.
Jürgen Gosch lässt seine Akteure von ersten Rang in einen geschlossenen, kahlen Bühnenraum treten, das ein helles Oberlicht nüchtern kühl ausleuchtet. Mit teilweise grandiosem Komödiantentum führen sie ausführlich ihre Verwandlung in Tiere vor. Sie ziehen sich aus, streichen sorgfältig den ganzen Körper mit Farbe ein, oder mit Leim, um sich anschließend mit Federn zu bedecken. Wenn Wolfgang Michael den Ekel vor dieser Verwandlung spielt, wenn er sein Darstellerschicksal als Passion vorführt, blitzt kurz der Schmerzensmannes auf, entsteht ein Theater als Martyrium, das Bild vom Schauspieler als Opferlamm eines schaugierigen Publikums. Die langen Rituale der Vorbereitung und die liebevoll decouvrierten Klischees der Tiercharaktere gehören zu den schönsten Momenten einer Aufführung, die keine Scheu hat vor grotesker Überzeichnung und kindlicher Albernheit.
Ein wenig zu ausführlich befasst sich Jürgen Gosch mit dem Allegorischen einer großen Kinderei, die dann doch nur selten bis in die großen Bilder entführt. Drei Stunden Spielzeit sind für die Geschichte vom Ende einer Show zuviel. Aber, während sie noch das Reich der Tiere spielen, tauschen die Akteure Gerüchte über den Sinn einer weiteren Show auf, für die ein Engagement möglich wäre. Als Ketchupflasche, Toast, Spiegelei, und Pfeffermühle werden sie am Ende noch einmal auftreten, einige Drehungen weiter nach unten in einer Spirale der Demütigung. Ein zynischer Modeautor hat sich diesen Quatsch mit dem Titel "Der Garten der Dinge" ausgedacht und einen Theaterpreis dafür kassiert. Wir erleben ihn in einer in das Fabelgeschehen eingefügten Szene leicht betrunken, heimatlos im Gespräch mit dem von Falk Rockstroh verkörperten Darsteller des Zebras. In dieser dritten Erzählebene erleben wir das aller verlorenste aller Tiere, den erfolgreichen Menschen: Einer, der alles vergessen hat, nicht mehr weiß, in welchem Hotel er abgestiegen ist, wohin die Reise am nächsten Tag weitergeht im Verlauf der Karriere des smarten Nihilisten. Wie diese Metapher vom Selbstverlust mit der Fabel vom Untergang der gerechten Herrschaft des Zebras und dem Triumph des machtgierigen Löwen zusammen hängt, wie mit dem Schatten, der sich über die Machherrschaft des Löwen gelegt hat, nachdem der das Zebra bis in das Schneegebirge gejagt und aus dem Auge verloren hat, wie also man sich im Verfolgen seines Zieles selbst verlieren kann, darüber hätte man gern Genaueres erfahren.
Aber Jürgen Gosch und seine Akteure haben sich ihrem unbändigen Spaß am Tierespielen hingegeben und darüber die Abgründe des Menschseins aus dem Auge verloren.
Das dauernde Ankleben und Abreißen der Kostümfedern hat bei einem eine eiternde Wunde hinterlassen, eine andere hat sich beim Spiel auf der Bühne einen Fußnagel abgerissen; vor allem aber sind ihre Menschenseelen verletzt, weil sie langsam ahnen, dass sie zur anonymen Verschiebemasse des Showbiz geworden sind. Es ist ein Theater im Theater, das Roland Schimmelpfennig in dem zweiten Teil seiner Trilogie über die Tiere entwickelt, eine Parabel über das Ende einer Epoche. Die Fabel erzählt davon, wie der Löwe dem Zebra die Herrschaft über das Reich der Tiere entreißt, und auf einer weiteren Ebene, wie sich darüber auch die beiden Protagonisten entzweien und zu Feinden im wirklichen Leben werden. Die Verhältnisse zwischen den Figuren in diesem Darstellungsproletariat sind längst geklärt: die kurze Affäre zwischen den Darsteller des Löwen und der Darstellerin der Antilope ist längst Geschichte, ein Kind hat die gekriegt, das bei der Mutter der Schauspielerin aufwächst, weil die ja im Theater arbeit muss. Das ist eine Show, die für verstreute Seelen zu einer Ersatzfamilie geworden ist, einem Rettungsseil für Wesen, die nicht einmal mehr Tiere sind, wenn sie arbeitslos werden, am Ende dieses Lebensabschnitts.
Jürgen Gosch lässt seine Akteure von ersten Rang in einen geschlossenen, kahlen Bühnenraum treten, das ein helles Oberlicht nüchtern kühl ausleuchtet. Mit teilweise grandiosem Komödiantentum führen sie ausführlich ihre Verwandlung in Tiere vor. Sie ziehen sich aus, streichen sorgfältig den ganzen Körper mit Farbe ein, oder mit Leim, um sich anschließend mit Federn zu bedecken. Wenn Wolfgang Michael den Ekel vor dieser Verwandlung spielt, wenn er sein Darstellerschicksal als Passion vorführt, blitzt kurz der Schmerzensmannes auf, entsteht ein Theater als Martyrium, das Bild vom Schauspieler als Opferlamm eines schaugierigen Publikums. Die langen Rituale der Vorbereitung und die liebevoll decouvrierten Klischees der Tiercharaktere gehören zu den schönsten Momenten einer Aufführung, die keine Scheu hat vor grotesker Überzeichnung und kindlicher Albernheit.
Ein wenig zu ausführlich befasst sich Jürgen Gosch mit dem Allegorischen einer großen Kinderei, die dann doch nur selten bis in die großen Bilder entführt. Drei Stunden Spielzeit sind für die Geschichte vom Ende einer Show zuviel. Aber, während sie noch das Reich der Tiere spielen, tauschen die Akteure Gerüchte über den Sinn einer weiteren Show auf, für die ein Engagement möglich wäre. Als Ketchupflasche, Toast, Spiegelei, und Pfeffermühle werden sie am Ende noch einmal auftreten, einige Drehungen weiter nach unten in einer Spirale der Demütigung. Ein zynischer Modeautor hat sich diesen Quatsch mit dem Titel "Der Garten der Dinge" ausgedacht und einen Theaterpreis dafür kassiert. Wir erleben ihn in einer in das Fabelgeschehen eingefügten Szene leicht betrunken, heimatlos im Gespräch mit dem von Falk Rockstroh verkörperten Darsteller des Zebras. In dieser dritten Erzählebene erleben wir das aller verlorenste aller Tiere, den erfolgreichen Menschen: Einer, der alles vergessen hat, nicht mehr weiß, in welchem Hotel er abgestiegen ist, wohin die Reise am nächsten Tag weitergeht im Verlauf der Karriere des smarten Nihilisten. Wie diese Metapher vom Selbstverlust mit der Fabel vom Untergang der gerechten Herrschaft des Zebras und dem Triumph des machtgierigen Löwen zusammen hängt, wie mit dem Schatten, der sich über die Machherrschaft des Löwen gelegt hat, nachdem der das Zebra bis in das Schneegebirge gejagt und aus dem Auge verloren hat, wie also man sich im Verfolgen seines Zieles selbst verlieren kann, darüber hätte man gern Genaueres erfahren.
Aber Jürgen Gosch und seine Akteure haben sich ihrem unbändigen Spaß am Tierespielen hingegeben und darüber die Abgründe des Menschseins aus dem Auge verloren.