Dirk Müller: Ein weiterer Rückschlag also für Schwarz-Gelb, wenn auch äußerst knapp, entschieden erst kurz vor Mitternacht. CDU und Liberale verlieren die Macht in Niedersachsen, werden abgelöst von Rot und Grün. Die Liberalen waren dabei gar nicht das Problem, satte zehn Prozent hat die FDP eingefahren, sondern die Christdemokraten waren das Problem: über sechs Prozent Verlust. Das war zu viel, wieder einmal. – Am Telefon ist nun CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Guten Morgen!
Hermann Gröhe: Guten Morgen, Herr Müller!
Müller: Herr Gröhe, wie kann man mit einer so populären Kanzlerin Wahlen verlieren?
Gröhe: Also es war ein denkbar knappes Ergebnis, es war eine Landtagswahl, aber natürlich hätten wir uns als CDU ein besseres Ergebnis vorgestellt. Wenn man sich die Erststimmen in den Wahlkreisen ansieht, dann sieht man auch, dass dort weit über 42 Prozent der Menschen CDU-Kandidatinnen und Kandidaten ihr Vertrauen ausgesprochen haben, aber eben sehr häufig mit der Zweitstimme, um David McAllister zu unterstützen, FDP gewählt haben. Insofern muss man sicher die christlich-liberalen und die rot-grünen Stimmen zusammenzählen und vergleichen, muss wissen, wie weit Schwarz-Gelb zurücklag vor einigen Wochen. Das war eine tolle Aufholjagd mit einem klasse Wahlkampf, aber es hat leider – und das schmerzt sehr – am Ende nicht gereicht.
Müller: Jetzt argumentieren Sie auch mit den Leihstimmen. Gestern Abend haben Sie, glaube ich, noch gesagt, Leihstimmen gibt es im Grunde gar nicht. Renate Künast hatte das eben auch gesagt, zuungunsten der FDP gesagt, alles aufgeblasen. Ich habe das immer noch nicht verstanden mit den Leihstimmen. Jeder Bürger kann sich doch da entscheiden!
Gröhe: Ja, und deswegen habe ich stets – und das tue ich auch heute – den Begriff Leihstimmen zurückgewiesen. Es sind nicht unsere Stimmen, das sind die Stimmen der Wählerinnen und Wähler. Aber wenn 80 Prozent der FDP-Wähler gesagt haben, für sie ist das zentral, ihre Präferenz ist eigentlich die CDU, dass David McAllister nach vorne geht, dass er Ministerpräsident bleibt, dann ist das die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler, ihre Stimmen zu splitten. Das können sie. Sie wollten damit die Koalition stärken, und das hätte fast geklappt. 0,4 Prozent haben gefehlt, sonst hätten wir die Arbeit von McAllister fortsetzen können. Das ist ein schmerzhaftes Ergebnis.
Müller: Das muss man ja erst mal verstehen, Herr Gröhe, dass die Arbeit von McAllister dadurch gestärkt werden soll, dass viele CDU-Wähler dann FDP wählen.
Gröhe: Weil über Wochen die Berichterstattung sich darauf konzentrierte, dass die FDP gar keine Chancen haben würde, dem nächsten Landtag anzugehören, und weil damit klar war, dann hätte Rot-Grün deutlich die Nase vorn, hat die FDP in den Mittelpunkt gerade des Schlussspurts auch die Popularität von David McAllister gestellt und gesagt, diesen Mann fortsetzen, auf Nummer sicher gehen. Wir haben für beide Stimmen für die CDU geworben. Insofern hätte ich mir ein stärkeres CDU-Ergebnis gewünscht. Aber es ist keine Frage: Christlich-liberale Stimmen waren McAllister-Stimmen.
Müller: Dann reden wir über Ihre Partei, über Ihre Probleme: Schon wieder verloren. Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Hamburg, einige Beispiele von Niederlagen-Landtagswahlen. Warum können Sie nicht mehr gewinnen?
Gröhe: Also es geht nicht um ein nicht mehr gewinnen können. Annegret Kramp-Karrenbauer ist erfolgreich bestätigt worden, Reiner Haseloff hat die Landesregierung neu übernommen, erstmalig angetreten. Es ist übrigens, wenn Sie die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland sich ansehen, nicht ungewöhnlich, dass Menschen offenkundig auch, um Balancen herzustellen, in Zeiten, in denen Helmut Schmidt, Helmut Kohl, Gerhard Schröder in Bonn oder später in Berlin regierte, sich für andere politische Farben in den Ländern entschieden haben. Das ist mitunter so und es hätte gestern um wenige Hundert Stimmen anders kommen können. Es sind 0,4 Prozent, die uns von einem Sieg trennen. Insofern rate ich uns jetzt auch nicht zu irgendeinem hektischen Schuldzuweisen. Wir werden in Ruhe uns die Dinge ansehen, wo wir noch besser werden können, und wir werden mit ganzer Kraft dafür arbeiten, dass im September, das was ja gestern auch deutlich geworden ist, dass wir mit ganzem Einsatz sehr nahe an den Sieg gekommen sind, dass wir noch ein Schippchen drauflegen, und dann auch mit dem Rückenwind der besonderen Popularität der Bundeskanzlerin und ja auch angesichts deutlich guter Umfragewerte auf Bundesebene dann im September die Nase vorn haben.
Müller: Jetzt hört sich das ein bisschen so an, als seien Sie quasi als Underdog angetreten. Um das hier auch noch mal klarzustellen: Sie sind ja in Regierung gewesen, Schwarz und Gelb. Das heißt, eine komfortable Ausgangsposition, losgelöst jetzt von den Problemen mit der FDP und der Mediendarstellung der FDP. Aber kommen wir noch einmal auf die CDU ...
Gröhe: Na ja, gut: Underdog hatten wir nie gesagt. Aber wenn Sie sich die Umfragen im Herbst ansehen, dann war Schwarz-Gelb weit hinter Rot-Grün. Dann war eine Aufholjagd zu bestehen, und die hat nicht ganz gereicht. Das ist eine Niederlage, das beschönige ich nicht, und es schmerzt besonders, weil es so knapp war.
Müller: Jetzt sagen Sie uns, Herr Gröhe, doch mal einen Punkt, wo die CDU, Sie sagen, etwas besser machen kann. Sagen Sie einen Punkt, was die CDU falsch gemacht hat.
Gröhe: Ich glaube nicht, dass es Fehler im Landtagswahlkampf waren, aber es ist erkennbar, dass wir uns anstrengen müssen, unsere Erfolge beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt in der Wirtschaftspolitik zusammenzubringen mit vielen Sorgen, die sich Menschen machen darüber, wie es mit ihnen ganz persönlich weitergeht. Wir werden hier nicht nur in den Gremien der Partei, sondern in einem ganz intensiven Gespräch mit der Bevölkerung dafür werben müssen, deutlich zu machen, warum diese gute Entwicklung verstetigt werden muss, warum wir weiter daran arbeiten müssen, dass Deutschland Spitze bleibt, und wie das allen Menschen in diesem Land zugutekommen kann.
Müller: Und schon wieder die großen Schwierigkeiten der CDU besonders in den Großstädten. Was läuft da falsch?
Gröhe: Also es ist eine landespolitische Weichenstellung gewesen. Wir haben in Großstädten - - Wir haben traditionell es im ländlichen Raum leichter, das ist wahr. Hinzu kam, dass sich SPD und Grüne sehr stark gegen den ländlichen Raum gestellt haben in ihren landespolitischen Aussagen. Aber wir arbeiten erfolgreich in Berlin, in Düsseldorf, in Dresden, in anderen Großstädten. Da wollen wir noch besser werden, aber wir spielen das auch nicht gegeneinander aus. Volkspartei heißt stark in Stadt und im Land sein und nicht die Dinge gegeneinander ausspielen, wie es die SPD getan hat.
Müller: Aber, Herr Gröhe, das war ja die Diskussion in den vergangenen Monaten, wo sich ja viele in der Partei auch Gedanken gemacht haben, vielleicht sogar mit der Fragestellung oder mit dem Fragezeichen, die ganze Modernisierung der Partei ist so weit gegangen, dass wir jetzt für viele vielleicht zu modern sind?
Gröhe: Nein. Es würde ja auch komisch sein, jetzt zu vermuten, dass wir in den Städten Schwierigkeiten haben, weil wir zu modern sind.
Müller: Es gibt ja Konservative in Städten.
Gröhe: Ja, und Städter werden auch nicht nur mit Schubladenthemen angesprochen, sondern für den Städter ist die innere Sicherheit, ist der Arbeitsplatz, sind ordentliche öffentliche Dienstleistungen, funktionierender Nahverkehr, all das wichtig. Das zeigen wir auch in den Städten, in denen wir regieren. Nein, gar keine Frage: Ich bin davon überzeugt, dass die Union auf Bundesebene heute so gut dasteht, hat etwas damit zu tun, dass wir Prinzipientreue und Modernität zusammenbringen.
Müller: Aber was nützt das alles, wenn das nichts bringt, als Rückenwind für die Landtagswahlen?
Gröhe: Das ist nun eindeutig so, dass Menschen auch wissen, was auf dem Stimmzettel steht, dass es um eine Weichenstellung für ihr Bundesland geht. Noch mal: Da waren 0,4 Prozent wir entfernt von einer Bestätigung von David McAllister. Aber die Menschen haben gewusst, dass das gestern eine Entscheidung über ihr Bundesland ist, so wie sie bei Bundestagswahlen wissen, dass es jetzt um die Bundespolitik geht.
Müller: Ist das immer so, wenn man verliert, dass es immer eine Bundeslandentscheidung war?
Gröhe: Nein! Wir haben das übrigens, wenn ich richtig zurückdenke, sogar alle Parteien vor diesem Wahlsonntag, sehr deutlich gesagt. Noch einmal: Wir hätten uns natürlich auf Bundesebene auch einen erfolgreichen Wahlausgang gewünscht in diesem wichtigen Jahr. Aber wenn Sie die Menschen gefragt haben, das ist gestern in den Wahlanalysen auch zum Ausdruck gekommen, dann hat das eine Weichenstellung für Niedersachsen bedeutet und war keine vorgezogene Bundestagswahl.
Müller: Herr Gröhe, noch ein Wort zum Partner. Die FDP hat viel, viel besser abgeschnitten als erwartet in den vergangenen Monaten. Gehen Sie jetzt auch davon aus, dass Philipp Rösler gut ist und weitermachen soll?
Gröhe: Ich gehe davon aus, dass das in Niedersachsen das Resultat war eines sehr fairen Umgangs in der Koalition untereinander, dass man deutlich gemacht hat, es sind gemeinsame Erfolge, und dieses Zusammenstehen in der Regierungsarbeit, Dinge leisten, Konflikte nicht auf offener Bühne austragen, das hat der FDP in Niedersachsen es ermöglicht, vom Ansehen der Gesamtlandesregierung mitzuprofitieren, und das ist sicher ein Weg der auch sich auf Bundesebene anbietet. Aber öffentliche Personalratschläge sind da nicht der richtige Weg. Wir arbeiten mit Philipp Rösler und mit der FDP-Führungsmannschaft, mit dem Fraktionsvorsitzenden Rainer Brüderle fair und gut zusammen.
Müller: Mal nur eine Frage nach Ihrer Einschätzung: Wird er bleiben?
Gröhe: Das ist Angelegenheit der FDP, über Personalfragen zu entscheiden. Philipp Rösler wird als amtierender Vorsitzender gestärkt durch dieses Ergebnis sicher den FDP-Gremien heute seinen Fahrplan, seine Vorschläge für die nächsten Wochen vorlegen.
Müller: CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören nach Berlin.
Gröhe: Ich danke Ihnen, Herr Müller.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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Das Wahlergebnis in Niedersachsen interaktiv
Hermann Gröhe: Guten Morgen, Herr Müller!
Müller: Herr Gröhe, wie kann man mit einer so populären Kanzlerin Wahlen verlieren?
Gröhe: Also es war ein denkbar knappes Ergebnis, es war eine Landtagswahl, aber natürlich hätten wir uns als CDU ein besseres Ergebnis vorgestellt. Wenn man sich die Erststimmen in den Wahlkreisen ansieht, dann sieht man auch, dass dort weit über 42 Prozent der Menschen CDU-Kandidatinnen und Kandidaten ihr Vertrauen ausgesprochen haben, aber eben sehr häufig mit der Zweitstimme, um David McAllister zu unterstützen, FDP gewählt haben. Insofern muss man sicher die christlich-liberalen und die rot-grünen Stimmen zusammenzählen und vergleichen, muss wissen, wie weit Schwarz-Gelb zurücklag vor einigen Wochen. Das war eine tolle Aufholjagd mit einem klasse Wahlkampf, aber es hat leider – und das schmerzt sehr – am Ende nicht gereicht.
Müller: Jetzt argumentieren Sie auch mit den Leihstimmen. Gestern Abend haben Sie, glaube ich, noch gesagt, Leihstimmen gibt es im Grunde gar nicht. Renate Künast hatte das eben auch gesagt, zuungunsten der FDP gesagt, alles aufgeblasen. Ich habe das immer noch nicht verstanden mit den Leihstimmen. Jeder Bürger kann sich doch da entscheiden!
Gröhe: Ja, und deswegen habe ich stets – und das tue ich auch heute – den Begriff Leihstimmen zurückgewiesen. Es sind nicht unsere Stimmen, das sind die Stimmen der Wählerinnen und Wähler. Aber wenn 80 Prozent der FDP-Wähler gesagt haben, für sie ist das zentral, ihre Präferenz ist eigentlich die CDU, dass David McAllister nach vorne geht, dass er Ministerpräsident bleibt, dann ist das die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler, ihre Stimmen zu splitten. Das können sie. Sie wollten damit die Koalition stärken, und das hätte fast geklappt. 0,4 Prozent haben gefehlt, sonst hätten wir die Arbeit von McAllister fortsetzen können. Das ist ein schmerzhaftes Ergebnis.
Müller: Das muss man ja erst mal verstehen, Herr Gröhe, dass die Arbeit von McAllister dadurch gestärkt werden soll, dass viele CDU-Wähler dann FDP wählen.
Gröhe: Weil über Wochen die Berichterstattung sich darauf konzentrierte, dass die FDP gar keine Chancen haben würde, dem nächsten Landtag anzugehören, und weil damit klar war, dann hätte Rot-Grün deutlich die Nase vorn, hat die FDP in den Mittelpunkt gerade des Schlussspurts auch die Popularität von David McAllister gestellt und gesagt, diesen Mann fortsetzen, auf Nummer sicher gehen. Wir haben für beide Stimmen für die CDU geworben. Insofern hätte ich mir ein stärkeres CDU-Ergebnis gewünscht. Aber es ist keine Frage: Christlich-liberale Stimmen waren McAllister-Stimmen.
Müller: Dann reden wir über Ihre Partei, über Ihre Probleme: Schon wieder verloren. Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Hamburg, einige Beispiele von Niederlagen-Landtagswahlen. Warum können Sie nicht mehr gewinnen?
Gröhe: Also es geht nicht um ein nicht mehr gewinnen können. Annegret Kramp-Karrenbauer ist erfolgreich bestätigt worden, Reiner Haseloff hat die Landesregierung neu übernommen, erstmalig angetreten. Es ist übrigens, wenn Sie die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland sich ansehen, nicht ungewöhnlich, dass Menschen offenkundig auch, um Balancen herzustellen, in Zeiten, in denen Helmut Schmidt, Helmut Kohl, Gerhard Schröder in Bonn oder später in Berlin regierte, sich für andere politische Farben in den Ländern entschieden haben. Das ist mitunter so und es hätte gestern um wenige Hundert Stimmen anders kommen können. Es sind 0,4 Prozent, die uns von einem Sieg trennen. Insofern rate ich uns jetzt auch nicht zu irgendeinem hektischen Schuldzuweisen. Wir werden in Ruhe uns die Dinge ansehen, wo wir noch besser werden können, und wir werden mit ganzer Kraft dafür arbeiten, dass im September, das was ja gestern auch deutlich geworden ist, dass wir mit ganzem Einsatz sehr nahe an den Sieg gekommen sind, dass wir noch ein Schippchen drauflegen, und dann auch mit dem Rückenwind der besonderen Popularität der Bundeskanzlerin und ja auch angesichts deutlich guter Umfragewerte auf Bundesebene dann im September die Nase vorn haben.
Müller: Jetzt hört sich das ein bisschen so an, als seien Sie quasi als Underdog angetreten. Um das hier auch noch mal klarzustellen: Sie sind ja in Regierung gewesen, Schwarz und Gelb. Das heißt, eine komfortable Ausgangsposition, losgelöst jetzt von den Problemen mit der FDP und der Mediendarstellung der FDP. Aber kommen wir noch einmal auf die CDU ...
Gröhe: Na ja, gut: Underdog hatten wir nie gesagt. Aber wenn Sie sich die Umfragen im Herbst ansehen, dann war Schwarz-Gelb weit hinter Rot-Grün. Dann war eine Aufholjagd zu bestehen, und die hat nicht ganz gereicht. Das ist eine Niederlage, das beschönige ich nicht, und es schmerzt besonders, weil es so knapp war.
Müller: Jetzt sagen Sie uns, Herr Gröhe, doch mal einen Punkt, wo die CDU, Sie sagen, etwas besser machen kann. Sagen Sie einen Punkt, was die CDU falsch gemacht hat.
Gröhe: Ich glaube nicht, dass es Fehler im Landtagswahlkampf waren, aber es ist erkennbar, dass wir uns anstrengen müssen, unsere Erfolge beispielsweise auf dem Arbeitsmarkt in der Wirtschaftspolitik zusammenzubringen mit vielen Sorgen, die sich Menschen machen darüber, wie es mit ihnen ganz persönlich weitergeht. Wir werden hier nicht nur in den Gremien der Partei, sondern in einem ganz intensiven Gespräch mit der Bevölkerung dafür werben müssen, deutlich zu machen, warum diese gute Entwicklung verstetigt werden muss, warum wir weiter daran arbeiten müssen, dass Deutschland Spitze bleibt, und wie das allen Menschen in diesem Land zugutekommen kann.
Müller: Und schon wieder die großen Schwierigkeiten der CDU besonders in den Großstädten. Was läuft da falsch?
Gröhe: Also es ist eine landespolitische Weichenstellung gewesen. Wir haben in Großstädten - - Wir haben traditionell es im ländlichen Raum leichter, das ist wahr. Hinzu kam, dass sich SPD und Grüne sehr stark gegen den ländlichen Raum gestellt haben in ihren landespolitischen Aussagen. Aber wir arbeiten erfolgreich in Berlin, in Düsseldorf, in Dresden, in anderen Großstädten. Da wollen wir noch besser werden, aber wir spielen das auch nicht gegeneinander aus. Volkspartei heißt stark in Stadt und im Land sein und nicht die Dinge gegeneinander ausspielen, wie es die SPD getan hat.
Müller: Aber, Herr Gröhe, das war ja die Diskussion in den vergangenen Monaten, wo sich ja viele in der Partei auch Gedanken gemacht haben, vielleicht sogar mit der Fragestellung oder mit dem Fragezeichen, die ganze Modernisierung der Partei ist so weit gegangen, dass wir jetzt für viele vielleicht zu modern sind?
Gröhe: Nein. Es würde ja auch komisch sein, jetzt zu vermuten, dass wir in den Städten Schwierigkeiten haben, weil wir zu modern sind.
Müller: Es gibt ja Konservative in Städten.
Gröhe: Ja, und Städter werden auch nicht nur mit Schubladenthemen angesprochen, sondern für den Städter ist die innere Sicherheit, ist der Arbeitsplatz, sind ordentliche öffentliche Dienstleistungen, funktionierender Nahverkehr, all das wichtig. Das zeigen wir auch in den Städten, in denen wir regieren. Nein, gar keine Frage: Ich bin davon überzeugt, dass die Union auf Bundesebene heute so gut dasteht, hat etwas damit zu tun, dass wir Prinzipientreue und Modernität zusammenbringen.
Müller: Aber was nützt das alles, wenn das nichts bringt, als Rückenwind für die Landtagswahlen?
Gröhe: Das ist nun eindeutig so, dass Menschen auch wissen, was auf dem Stimmzettel steht, dass es um eine Weichenstellung für ihr Bundesland geht. Noch mal: Da waren 0,4 Prozent wir entfernt von einer Bestätigung von David McAllister. Aber die Menschen haben gewusst, dass das gestern eine Entscheidung über ihr Bundesland ist, so wie sie bei Bundestagswahlen wissen, dass es jetzt um die Bundespolitik geht.
Müller: Ist das immer so, wenn man verliert, dass es immer eine Bundeslandentscheidung war?
Gröhe: Nein! Wir haben das übrigens, wenn ich richtig zurückdenke, sogar alle Parteien vor diesem Wahlsonntag, sehr deutlich gesagt. Noch einmal: Wir hätten uns natürlich auf Bundesebene auch einen erfolgreichen Wahlausgang gewünscht in diesem wichtigen Jahr. Aber wenn Sie die Menschen gefragt haben, das ist gestern in den Wahlanalysen auch zum Ausdruck gekommen, dann hat das eine Weichenstellung für Niedersachsen bedeutet und war keine vorgezogene Bundestagswahl.
Müller: Herr Gröhe, noch ein Wort zum Partner. Die FDP hat viel, viel besser abgeschnitten als erwartet in den vergangenen Monaten. Gehen Sie jetzt auch davon aus, dass Philipp Rösler gut ist und weitermachen soll?
Gröhe: Ich gehe davon aus, dass das in Niedersachsen das Resultat war eines sehr fairen Umgangs in der Koalition untereinander, dass man deutlich gemacht hat, es sind gemeinsame Erfolge, und dieses Zusammenstehen in der Regierungsarbeit, Dinge leisten, Konflikte nicht auf offener Bühne austragen, das hat der FDP in Niedersachsen es ermöglicht, vom Ansehen der Gesamtlandesregierung mitzuprofitieren, und das ist sicher ein Weg der auch sich auf Bundesebene anbietet. Aber öffentliche Personalratschläge sind da nicht der richtige Weg. Wir arbeiten mit Philipp Rösler und mit der FDP-Führungsmannschaft, mit dem Fraktionsvorsitzenden Rainer Brüderle fair und gut zusammen.
Müller: Mal nur eine Frage nach Ihrer Einschätzung: Wird er bleiben?
Gröhe: Das ist Angelegenheit der FDP, über Personalfragen zu entscheiden. Philipp Rösler wird als amtierender Vorsitzender gestärkt durch dieses Ergebnis sicher den FDP-Gremien heute seinen Fahrplan, seine Vorschläge für die nächsten Wochen vorlegen.
Müller: CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören nach Berlin.
Gröhe: Ich danke Ihnen, Herr Müller.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Das Wahlergebnis in Niedersachsen interaktiv