Aller guten Dinge sind drei. So will es der Volksmund. Und so will es auch die Teilchenphysik – zumindest wenn es um das Neutrino geht, das seltsamste aller Elementarteilchen. Denn es gibt genau drei Sorten von Neutrinos. Und diese drei Sorten können sich – wie man seit Ende der 90er-Jahre weiß – ineinander umwandeln, und zwar im Fluge. Neutrino-Oszillationen, so heißt das Phänomen, und die Fachleute haben es in den letzten Jahren im Detail untersucht. Das jüngste Ergebnis kommt nun aus China, von einem Experiment namens Daya Bay, benannt nach einem Kernkraftwerk.
"Das Kraftwerk erzeugt bei der Kernspaltung ungeheuer viele Neutrinos. Sie fliegen praktisch lichtschnell in alle Richtungen davon. Wir haben um das Kraftwerk acht Detektoren aufgestellt – manche nur ein paar hundert Meter, andere bis zu zwei Kilometer von den Reaktoren entfernt. Jeder dieser Detektoren zählt die Neutrinos aus dem Kraftwerk. Und dann vergleichen wir die Messwerte jener Detektoren, die dicht am Kraftwerk stehen, mit denen, die weiter entfernt sind",
sagt Kam-Biu Luk von der Berkeley-Universität in den USA, einer der Projektleiter. Die Reaktoren erzeugen nur eine der drei Neutrinosorten, und die Detektoren können auch nur diese Neutrinosorte registrieren. Das Kalkül: Die Detektoren nahe am Kraftwerk sollten relativ viele dieser Neutrinos aufschnappen. Schließlich haben die Teilchen auf der kurzen Flugstrecke noch gar keine Zeit, sich in andere Sorten zu verwandeln. Anders bei den Detektoren, die weiter vom Kraftwerk entfernt sind: Hier dürften sich manche Neutrinos in andere Arten verwandelt haben, sodass diese Detektoren weniger von der ursprünglichen Neutrinosorte registrieren. Ende letzten Jahres begannen die Messungen. Nun haben Kam-Biu Luk und seine Leute die Resultate:
"In der Tat haben wir bei den entfernten Detektoren ein Defizit festgestellt. Es kamen deutlich weniger Neutrinos an als bei den Detektoren nahe am Kernkraftwerk. Und damit sind wir sicher: Wir haben eine neue Art von Neutrino-Oszillationen entdeckt – eine Variante, die man bislang noch nicht beobachtet hatte."
Indizien dafür hatte es zwar schon bei anderen Experimenten gegeben, in Japan, Frankreich und den USA. Doch erst die Resultate von Daya Bay dürften als definitiver Beweis gelten. Damit nun ist die letzte von insgesamt drei Arten der Verwandlung entdeckt. Das Erstaunliche: Es verwandeln sich mehr Neutrinos als erwartet, sagt Caren Hagner, Physikerin an der Uni Hamburg.
""Wir sind da sehr überrascht. Man hat gedacht bei den Neutrinos, wir hätten es mit winzig kleinen Effekten zu tun. Jetzt sind die Oszillationsphänomene sehr stark. Und das gibt uns als Experimentalphysiker Hoffnung, in weiteren Experimenten noch mehr Details herauszufinden."
Konkret verzückt die Experten folgendes: Weil die nun entdeckten Verwandlungskünste ausgeprägter sind als erwartet, könnte laut Theorie auch ein anderes Phänomen existieren. Und das ist höchst spannend:
"Das hat was mit einer Asymmetrie von Materie und Antimaterie zu tun. Dass sich Materie und Antimaterie nicht exakt gleich verhält."
Genau diesem Umstand ist die Tatsache zu verdanken, dass wir überhaupt existieren. Denn die Physiker sind sich sicher: Beim Urknall muss ebenso viel Materie wie Antimaterie entstanden sein, und beides hätte sich eigentlich sofort wieder gegenseitig vernichten müssen, und zwar komplett. Doch offenbar gibt es eine Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie. Ein kleines Ungleichgewicht, das dazu geführt hat, dass nach dem Urknall genug Materie übrig blieb, um Sterne und Planeten zu bilden. Und die neuen Ergebnisse aus China lassen nun vermuten, dass dabei die Neutrinos eine entscheidende Rolle gespielt haben.
"Unsere Rechnungen sagen eigentlich sehr schön, dass man in Experimenten wirklich beantworten könnte, ob diese Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie bei den Neutrinos vorliegt."
Für diese Experimente aber braucht man stärkere Neutrinoquellen und bessere Detektoren. An den Plänen dafür arbeiten die Physiker nun unter Hochdruck. Doch bis sie Realität werden, dürften wohl noch zehn Jahre ins Land gehen.
"Das Kraftwerk erzeugt bei der Kernspaltung ungeheuer viele Neutrinos. Sie fliegen praktisch lichtschnell in alle Richtungen davon. Wir haben um das Kraftwerk acht Detektoren aufgestellt – manche nur ein paar hundert Meter, andere bis zu zwei Kilometer von den Reaktoren entfernt. Jeder dieser Detektoren zählt die Neutrinos aus dem Kraftwerk. Und dann vergleichen wir die Messwerte jener Detektoren, die dicht am Kraftwerk stehen, mit denen, die weiter entfernt sind",
sagt Kam-Biu Luk von der Berkeley-Universität in den USA, einer der Projektleiter. Die Reaktoren erzeugen nur eine der drei Neutrinosorten, und die Detektoren können auch nur diese Neutrinosorte registrieren. Das Kalkül: Die Detektoren nahe am Kraftwerk sollten relativ viele dieser Neutrinos aufschnappen. Schließlich haben die Teilchen auf der kurzen Flugstrecke noch gar keine Zeit, sich in andere Sorten zu verwandeln. Anders bei den Detektoren, die weiter vom Kraftwerk entfernt sind: Hier dürften sich manche Neutrinos in andere Arten verwandelt haben, sodass diese Detektoren weniger von der ursprünglichen Neutrinosorte registrieren. Ende letzten Jahres begannen die Messungen. Nun haben Kam-Biu Luk und seine Leute die Resultate:
"In der Tat haben wir bei den entfernten Detektoren ein Defizit festgestellt. Es kamen deutlich weniger Neutrinos an als bei den Detektoren nahe am Kernkraftwerk. Und damit sind wir sicher: Wir haben eine neue Art von Neutrino-Oszillationen entdeckt – eine Variante, die man bislang noch nicht beobachtet hatte."
Indizien dafür hatte es zwar schon bei anderen Experimenten gegeben, in Japan, Frankreich und den USA. Doch erst die Resultate von Daya Bay dürften als definitiver Beweis gelten. Damit nun ist die letzte von insgesamt drei Arten der Verwandlung entdeckt. Das Erstaunliche: Es verwandeln sich mehr Neutrinos als erwartet, sagt Caren Hagner, Physikerin an der Uni Hamburg.
""Wir sind da sehr überrascht. Man hat gedacht bei den Neutrinos, wir hätten es mit winzig kleinen Effekten zu tun. Jetzt sind die Oszillationsphänomene sehr stark. Und das gibt uns als Experimentalphysiker Hoffnung, in weiteren Experimenten noch mehr Details herauszufinden."
Konkret verzückt die Experten folgendes: Weil die nun entdeckten Verwandlungskünste ausgeprägter sind als erwartet, könnte laut Theorie auch ein anderes Phänomen existieren. Und das ist höchst spannend:
"Das hat was mit einer Asymmetrie von Materie und Antimaterie zu tun. Dass sich Materie und Antimaterie nicht exakt gleich verhält."
Genau diesem Umstand ist die Tatsache zu verdanken, dass wir überhaupt existieren. Denn die Physiker sind sich sicher: Beim Urknall muss ebenso viel Materie wie Antimaterie entstanden sein, und beides hätte sich eigentlich sofort wieder gegenseitig vernichten müssen, und zwar komplett. Doch offenbar gibt es eine Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie. Ein kleines Ungleichgewicht, das dazu geführt hat, dass nach dem Urknall genug Materie übrig blieb, um Sterne und Planeten zu bilden. Und die neuen Ergebnisse aus China lassen nun vermuten, dass dabei die Neutrinos eine entscheidende Rolle gespielt haben.
"Unsere Rechnungen sagen eigentlich sehr schön, dass man in Experimenten wirklich beantworten könnte, ob diese Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie bei den Neutrinos vorliegt."
Für diese Experimente aber braucht man stärkere Neutrinoquellen und bessere Detektoren. An den Plänen dafür arbeiten die Physiker nun unter Hochdruck. Doch bis sie Realität werden, dürften wohl noch zehn Jahre ins Land gehen.