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Koalitionsvertrag
Das sind die medienpolitischen Pläne der Ampel

Ein Auskunftsanspruch der Presse gegenüber Bundesbehörden, Rechtssicherheit für gemeinnützigen Journalismus. Das plant die Koalition unter anderem medienpolitisch. Bei der finanziellen Förderung von Medien bleibt sie vage – und die FDP hinter ihren Forderungen nach weniger öffentlich-rechtlichem Rundfunk zurück.

Von Christoph Sterz |
Olaf Scholz, SPD-Kanzlerkandidat und geschäftsführender Bundesfinanzminister (l-r), Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen und Norbert Walter-Borjans, Bundesvorsitzender der SPD stellen auf einer Pressekonferenz den gemeinsamen Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP für die künftige Bundesregierung vor.
"Mehr Fortschritt wagen" - so überschreibt die wahrscheinlich künftige Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP ihre Pläne (picture alliance/dpa)
Medienpolitik ist in Deutschland Sache der Bundesländer; auch als Lehre aus der NS-Zeit. Deswegen werden Medien-Themen auf Bundesebene traditionell eher weiter hinten einsortiert. So ist das auch im aktuellen Koalitionsvertrag. Aber trotzdem: Ab Seite 124 findet sich durchaus Handfestes zu Medien und Journalismus, meint die grüne Medienpolitikerin Tabea Rößner, die den Medienteil für ihre Partei mitverhandelt hat.
„Das Allerkonkreteste ist, dass wir einen Auskunftsanspruch der Presse gegenüber Bundesbehörden einführen wollen und dafür eine gesetzliche Grundlage schaffen. Das ist ein Thema, das uns seit Jahren beschäftigt, weil es da eine Lücke gibt. Denn die Landespressegesetze gelten halt nicht für die Bundesbehörden, und es hat einige Gerichtsprozesse gegeben. Aber jetzt steht es im Koalitionsvertrag drinnen, und darüber freue ich mich sehr.“

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Was ebenfalls konkret im Vertrag steht: Dass es Rechtssicherheit geben soll für gemeinnützigen Journalismus. Bisher ist Journalismus steuerlich nicht als gemeinnützig anerkannt. Das jetzt endlich, nach mehreren Anläufen, wirklich zu ändern, wäre ein wichtiger Schritt, meint Christopher Buschow aus dem Fachbereich Medienmanagement der Uni Weimar: „Das würde es Stiftungen, Spenderinnen und Spendern ja in der Tat erleichtern, finanzielle Mittel an gemeinnützige Medienorganisationen zu geben. Und das ist etwas, was ich zunächst einmal begrüßen würde.“

Förderung nur von Gedrucktem?

Was Buschow dagegen gar nicht begrüßt: Dass der Koalitionsvertrag bei der finanziellen Förderung von Medien relativ vage bleibt und sich auch nur auf eine mögliche Unterstützung von regelmäßig erscheinenden Presseerzeugnissen bezieht. In den vergangenen Jahren hatte die Große Koalition mehrmals geplant, die deutschen Zeitungsverlage finanziell zu unterstützen. Die Verlage warnen seit Jahren davor, dass es wegen der steigenden Kosten für die Zeitungszustellung irgendwann Gegenden in Deutschland geben könnte ohne tägliche Zeitung. Zuletzt war eine jahrelang geplante, 220 Millionen Euro schwere Förderung gescheitert, wegen rechtlicher Bedenken – auch, weil sich rein digitale Angebote zu Unrecht ausgeschlossen sahen.
Ein Stapel mit verschiedenen Tageszeitungen liegt auf einem Tisch.
Buschow: "Wenn es weiterhin um nur gedruckte Medien geht, ist das eine aus meiner Sicht bedauerliche Entwicklung." (Sven Hoppe/dpa)
„Schaut man in den Duden, dann stellt man fest, dass ein Presseerzeugnis etwas ist, das gedruckt wird. Wenn es hier also weiterhin um nur gedruckte Medien geht, dann ist das eine aus meiner Sicht bedauerliche Entwicklung. Denn wir wissen ja, dass auch neu gegründete, auch digitale Medien eine wichtige Rolle im lokaljournalistischen Bereich spielen können. Es ist ja nicht so, dass wir nicht genug Evidenz hätten, wie man Medienförderung betreiben kann. Unsere europäischen Nachbarländer haben seit Jahrzehnten Erfahrungen in diesem Bereich. Es liegen Gutachten und Studien vor. Das heißt, ich finde es einigermaßen erstaunlich, was jetzt hier geprüft werden soll.“

Stiftung für Wissenschaftsjournalismus geplant

In diesem Zusammenhang erstaunlich ist für Buschow, dass sich die angehende Bundesregierung auf einem anderen Gebiet der Medienförderung genauer äußert: Sie will sich für eine unabhängige Stiftung einsetzen, die Wissenschaftsjournalismus fördert. Und noch etwas ist Buschow aufgefallen: Dass die FDP ihre noch im Wahlprogramm sehr deutlichen Forderungen für einen kleineren öffentlich-rechtlichen Rundfunk und einen niedrigeren Rundfunkbeitrag offensichtlich nicht in den Koalitionsvertrag gebracht hat. FDP-Medienpolitiker und Vertragsverhandler Thomas Hacker.
„Der öffentliche Rundfunk in Deutschland ist ja so organisiert, dass es in der Länderhoheit ist. Und wir erleben ja momentan, dass aktuell eine Diskussion über den Rundfunkauftrag läuft, dass es hier eine Neufassung geben soll. Und dass da eine Strukturreform als nächster Schritt angegangen wird. Also da findet ein laufender Prozess statt, den wir sicherlich von der Bundespolitik her kritisch konstruktiv begleiten werden.“
Anders sieht das beim Auslandsrundfunk aus, bei der Deutschen Welle. Für die ist der Bund zuständig; sie finanziert sich aus Steuergeldern. Und soll, so steht es im Koalitionsvertrag, weiter ausgebaut werden – also nach einer schon erfolgten Erhöhung für dieses Jahr noch einmal mehr Geld bekommen.