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"Das sprengt alle Dimensionen"

Die Kosten für die Sanierung des Bischofssitz in Limburg sind mit 31 statt der erwarteten 2 Millionen Euro förmlich explodiert. "Persönliche Konsequenzen" soll es nach Aussage eines Sprechers jedoch erst geben, wenn der Prüfbericht der Bischofskonferenz vorliegt.

Von Ludger Fittkau |
    Ludwig Reichert ist Caritas-Pfarrer im Bistum Limburg und Mitglied im sogenannten "Hofheimer Kreis". Diese Gruppe kirchlicher Mitarbeiter setzt sich seit Längerem kritisch mit dem Verhalten des Bischofs Tebartz van Elst auseinander. Ludwig Reichert ist entsetzt über die 31 Millionen Euro, die die Sanierung des Bischöflichen Hauses in Limburg nun tatsächlich gekostet hat:

    "Ich möchte zunächst einmal sagen, dass wir entsetzt und erschüttert sind über diese Zahl, die sprengt alle Dimensionen. Diese Zahl stand so auch nie im Raum. Ich erinnere mich, dass es dann die Frage gab zwischen 10 und 20 Millionen und dann wurde dann auch gesagt. 20 Millionen, das sei aus der Luft gegriffen. Jetzt zeigt sich, dass es tatsächlich aus der Luft gegriffen ist, weil es tatsächlich über 30 Millionen sind. Und das ist eine Zahl, die in den Kirchengemeinden nicht vermittelbar ist, die auch moralisch nicht vertretbar ist, die in der Öffentlichkeit nicht vermittelbar ist, das sprengt alle Dimensionen."

    Erschrocken ist Pfarrer Ludwig Reichert auch über die Presseerklärung des Vermögensverwaltungsrates des Bistums Limburg. Dieses Gremium, das den Bischof in Finanzfragen berät, fühlt sich von Bischof Tebartz van Elst bei den Kosten des neuen Bischofshauses – so wörtlich – "hinters Licht geführt." Ludwig Reichert kann sich nicht vorstellen, dass der Bischof nach dieser harschen Kritik seiner Berater noch länger im Amt bleiben kann:

    "Das ist sicher noch mal eine Zuspitzung. Ich denke, das Amt eines Bischofs lebt ja von der Glaubwürdigkeit. Und wenn dann der eigene Verwaltungsrat das Gefühl hat, hinters Licht geführt worden zu sein, sehe ich nicht, wie das gehen kann, wie das um der Glaubwürdigkeit des Amtes willen so weitergehen kann."

    Der Vorsitzende des Priesterrates im Bistum Limburg, Reinhold Kalteier, fordert im Hessischen Rundfunk unterdessen den Rücktritt von Bischof Tebartz van Elst. Eventuelle persönliche Konsequenzen werde es aber erst geben, wenn der Bericht eines Prüfteams der Deutschen Bischofskonferenz zu den 31 Millionen Euro vorliegt, die am Limburger Bischofssitz verbaut wurden. Das teilte Martin Wind von der Pressestelle des Bistums auf Anfrage des Deutschlandfunks mit. Das externe Prüfteam wurde vor rund vier Wochen nach dem Besuch des
    Papst-Beauftragten Kardinal Layolo mit der Begutachtung der Finanzvorgänge in Limburg beauftragt. Wolfgang Rösch, der designierte neue Generalvikar und damit künftiger Verwaltungschef des Bistums macht ebenfalls keinen Hehl daraus, dass die 31 Millionen Euro statt ursprünglich genehmigten zwei Millionen für das Bischofshaus ein Desaster sind:

    "Mich dauerts, weil ich weiß, dass es den ganz einfachen Menschen wehtut, die mit 1500 Euro nach Hause gehen vielleicht nur 50 Euro Kirchensteuermittel zahlen, aber genau diese 50 Euro Kirchensteuermittel sind wichtiger zu nehmen als ich, der ich komfortabel von meinem Gehalt ein Teil zahlen muss."

    Ob Wolfgang Lösch sein Amt als neuer Verwaltungschef des Bistums Limburg wirklich antreten wird, hängt nun davon ab, ob Franz-Peter Tebartz van Elst demnächst zurücktreten wird oder nicht. Nicht nur der noch ausstehende Finanzprüfbericht der Deutschen Bischofskonferenz dürfte für diese Frage entscheidend sein, sondern auch die Staatsanwaltschaft Hamburg. Die will in Kürze darüber entscheiden, ob sie gegen Tebartz van Elst einen Prozess wegen einer falschen eidesstattlichen Versicherung führen wird. Dem umstrittenen Bischof wird vorgeworfen, eine falsche Aussage über einen teuren Flug nach Indien getätigt zu haben. Unabhängig von der Personalie Tebartz van Elst erhofft sich der künftige Verwaltungschef Wolfgang Rösch für das Bistum Limburg jetzt angesichts einer steigenden Zahl von Kirchenaustritten in der Region vor allem eines - ein Zurück zur flügel übergreifenden Solidarität im Bistum:

    "Das Besondere bei Limburg war immer, dass wir die gesamt Breite der Kirche abbilden, von Progressiven bis Konservativen, von politisch Orientierten bis zu stark Frömmigkeitsorientierten. Das war das besondere an Limburg, das wir alle im Gespräch waren. Das mir nicht nehmen zu lassen, das ist mir das Wichtigste."

    Ob dieses Ziel mit dem Bischof Tebartz van Elst zu erreichen ist - seit heute ist das unwahrscheinlicher denn je.