Nach einer antiken Sage transportierte der Adler die Blitze, die Zeus auf seine Gegner schleuderte. Zudem soll er den Jüngling Ganymed gepackt haben, der dann den Göttern im Olymp als Mundschenk diente. Auch Ganymed findet sich am Himmel: als Wassermann, ein Stück links des Adlers. Die Sterne unterhalb von Atair galten lange als eigenständige Figur. Sie stellten Antinous dar, einen Geliebten des römischen Kaisers Hadrian.
Während einer gemeinsamen Fahrt auf dem Nil stürzte Antinous in den Fluss und ertrank. Der Legende nach hatte er von einem Orakel erfahren, dass der Kaiser sich aus Gefahren befreien könne, wenn er zuvor sein Liebstes opfere. Antinous bezog das auf sich. Der griechische Astronom Claudius Ptolemaeus, der in Alexandria tätig war, erwähnte etwa 20 Jahre später erstmals das Sternbild Antinous. Der ertrunkene Jüngling gehört aber nicht zu den klassischen antiken Sternbildern.
Antinous findet sich noch in den Katalogen von Gerhard Mercator und Tycho Brahe, ebenso auf Sternkarten von Johann Elert Bode. Erst im 19. Jahrhundert wurden seine Sterne wieder dem Greifvogel zugerechnet. Heute fliegt nur noch der Adler hoch über den Spätsommerhimmel – und erinnert doch Nacht für Nacht an das tragische Ende von Antinous.