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Das Sternbild Wassermann
Zeus, ein Jüngling und das New Age

Derzeit lässt sich abends ein bekanntes, aber eher unscheinbares Sternbild beobachten: Der Wassermann steht nach Einbruch der Dunkelheit am Südhimmel, rechts unterhalb des markanten Pegasus-Vierecks.

Von Dirk Lorenzen | 06.11.2020
Künder eines noch fernen Zeitalters: Der Wassermann (Aquarius) in einer historischen Darstellung
Künder eines noch fernen Zeitalters: Der Wassermann (Aquarius) in einer historischen Darstellung (Flamsteed)
Der Wassermann zählt zu den ältesten Figuren am Firmament. Schon die Babylonier sahen dort einen Riesen. Historische Darstellungen zeigen eine Gottheit mit einer überlaufenden Amphore. Vier Sterne, die nah beieinander stehen und wie ein flaches Ypsilon angeordnet sind, stellen das Gefäß dar. Nach links unten schließt sich ein großer Sternbogen an, nach rechts eine lange Kette – allerdings ist keiner der Sterne auffallend hell.
Nach der griechischen Mythologie ist diese Figur Ganymed, der schönste Jüngling seiner Zeit. Als er eines Tages die Schafe seines Vaters hütete, verliebte sich Zeus in ihn. Zeus verwandelte sich in einen Adler und entführte Ganymed in den Olymp, wo dieser als Mundschenk den Göttern Wein und Nektar reichte. Am Himmel grenzt der Wassermann rechts direkt an den Adler.
Das Sternbild Wassermann ist jetzt abends am Südhimmel zu sehen
Das Sternbild Wassermann ist jetzt abends am Südhimmel zu sehen (Stellarium)
Nach einer anderen Geschichte verliebte sich Eos, die Göttin der Morgenröte, in den jungen Mann. Zeus war eifersüchtig und brachte ihn in den Olymp. Das Musical Hair hat dem Wassermann ein musikalisches Denkmal gesetzt. Doch das viel besungene "Age of Aquarius", das Zeitalter des Wassermanns, hat noch lange nicht begonnen.
Denn der Frühlingspunkt, der Schnittpunkt von Sonnenbahn und Himmelsäquator, wechselt erst etwa im Jahr 2600 vom Sternbild Fische in den Wassermann. Vom "New Age" kann also noch keine Rede sein.