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"Das war eher eine Selbstverständlichkeit"

Naturkatastrophen sind die Stunde der Regierung, meint Michael Spreng, der schon Edmund Stoiber als Wahlkampfberater zur Seite stand. Mit dem Besuch der Hochwassergebiete und dem Versprechen für rasche, unbürokratische Hilfe habe Angela Merkel das getan, was sie tun müsse. Nun profitiere sie davon im Wahlkampf.

Michael Spreng im Gespräch mit Tobias Armbrüster |
    Michael Spreng: Guten Morgen, Herr Armbrüster.

    Armbrüster: Herr Spreng, ich gucke jetzt mal auf die beiden Titelseiten heute von "FAZ" und "Süddeutscher Zeitung". Beide haben Fotos von Angela Merkel ganz vorne drauf: Einmal sitzt sie im Flugzeug, einmal steht sie im Wasser und hebt einen Sandsack hoch. Ist das bislang ein gutes Hochwasser für die Kanzlerin?

    Spreng: Ja gut, so zynisch würde ich es nicht formulieren. Natürlich weiß auch Frau Merkel, dass das eine Katastrophe mit menschlichem Leid und hohen materiellen Verlusten ist. Aber ich finde, sie hat das richtig gemacht. Sie muss in die Hochwassergebiete, die Menschen erwarten, dass die Bundeskanzlerin Anteil an ihrem Schicksal nimmt, und sie erwarten Hilfe, und sie hat die Soforthilfe mitgebracht. Dass das natürlich auch im Wahlkampf förderlich ist, ist die andere Seite der Medaille, aber das war ja bei Gerhard Schröder 2002 auch so.

    Armbrüster: Lässt sich denn mit solchen Fotos, wie das immer so gesagt wird, tatsächlich Politik machen, oder durchschauen die Leute das inzwischen, dass das alles dann vor allem ein Fototermin ist?

    Spreng: Nein, ich glaube nicht, dass da Politik gemacht wird im Sinne des Wahlkampfes, sondern es wäre unvorstellbar, dass zum Beispiel ein Bundesland, ein Ministerpräsident oder die Bundeskanzlerin nicht in das Katastrophengebiet geht. Die Menschen wollen, dass ihre verantwortlichen Politiker Anteil nehmen, ihnen Hilfe versprechen und definitiv zusagen. Dass das jedes Mal auch Inszenierungen sind, wenn es Wahlkämpfe sind, dass das in Wahlkämpfen nützt, ist klar. Gerhard Schröder hat das 2002, wenn man so will, das Kanzleramt gerettet. Für Barack Obama war es eine Wende mit dem Hurrikan an der amerikanischen Ostküste. Solche Naturkatastrophen beeinflussen natürlich die Politikerkarrieren und Wahlkämpfe. Aber ich sehe bei Frau Merkel nicht den Vorwurf, dass sie das jetzt inszeniert oder ausnutzt, sondern das war eher eine Selbstverständlichkeit, fand ich.

    Armbrüster: Dann sind die schönen Bilder heute Morgen in den Zeitungen nur ein Nebeneffekt sozusagen?

    Spreng: Ja! Sie hat das getan, was sie tun muss, und sie profitiert im Wahlkampf davon. Wenn das nicht eine so traurige Katastrophe wäre, könnte man von einer Win-win-Situation sprechen.

    Armbrüster: Welche Figur macht denn dann in diesem Fall die SPD und Peer Steinbrück?

    Spreng: Ja das ist immer das Problem der Opposition. Naturkatastrophen sind die Stunde der Regierung, denn nur sie kann die menschlichen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung stellen, um wirklich etwas zu bewirken. Die Opposition kann nur ihre Anteilnahme aussprechen, aber sie kann nichts tun. Insofern gibt es solche Bilder dann mit Peer Steinbrück nicht. Und im Gegenteil: Ein Oppositionskandidat muss noch mehr aufpassen als die Regierungschefin, dass es nicht inszeniert wirkt, denn er kann ja selbst nichts bewirken für die Bürger.

    Armbrüster: Hat das denn tatsächlich keine Auswirkung, oder wird ihm das zur Last gelegt, wenn sich Peer Steinbrück sozusagen jetzt in den Hochwassergebieten blicken lassen würde?

    Spreng: Ja gut, 2002 ist Edmund Stoiber vorgeworfen worden, dass er auf dem Höhepunkt des Hochwassers auf der Nordseeinsel Juist war. Ich glaube, diese Vorwürfe wird man Steinbrück jetzt nicht machen. Die Leute wissen, es ist nicht die Stunde der Opposition, sondern der Regierung, und deswegen, finde ich, verhalten sich beide Seiten jetzt angemessen und adäquat.

    Armbrüster: …, sagt Michael Spreng, der Publizist und Politikberater, live heute Morgen hier bei uns im Deutschlandfunk. Vielen Dank, Herr Spreng, für das Gespräch.

    Spreng: Ich danke auch.


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