Musik: The Beatles "Revolution 9"
Seit nunmehr einem halben Jahrhundert begeistert es immer wieder neue Generationen: Das 1968 veröffentlichte Doppelalbum "The BEATLES" - wegen dem schlichten, weißen Cover als das "Weiße Album" bezeichnet. Ein Meisterwerk, an dem niemand vorbeikommt. Die Fab Four haben uns auf dieser Platte zeitlose Kompositionen hinterlassen. Das ein Jahr zuvor erschienene Album "Sgt. Pepper`s Lonely Hearts Club Band" gilt zwar als ihr wegweisendes Konzeptalbum, aber mit dem darauf folgenden "Weißen Album" haben sie ein scheinbar konzeptloses Mixtape mit 30 Popsongs voller betörender Schönheit abgeliefert. Das "Weiße Album" ist ein unsterbliches Meisterwerk der Popgeschichte, das auch heute noch nichts von seinem Zauber verloren hat. Musik, Politik, Psychologie - das "Weiße Album" ist durch das stilistische Potpourri aus diversen Genres ein offenes Buch der Popkultur. Aber es ist auch ein Monolith der Musikgeschichte.
Aufbruch statt Umbruch
Musik: The Beatles "Revolution 9" ("Revolution 1" verhallt dazu)
Musikjournalist Volker Rebell: "Alles geht, alles passt zusammen, und alles können die Beatles auch spielen - wie kaum eine andere Band damals."
Musik: The Beatles "Revolution 9" ("Happiness" dazu)
Musiker Markus Acher: "Es ist einfach zu großen Teilen sehr ungewöhnliche Popmusik, sehr ungewöhnlich strukturiert, auch sehr komplex und von der Harmonik einfach geniale Melodien."
Musik: The Beatles "Revolution 9" ("Mother Nature`s Son" dazu)
Musiktheoretiker Lukas-Fabian Moser: "Das ist schon sehr Ohren öffnend, finde ich, jedes Mal beim Hören."
Musik: The Beatles "Revolution 9"
Volker Rebell: "Die Beatles haben vielleicht sogar den Zitat-Pop erfunden. Dieser Song-Eklektizismus, den gab es vorher in der Weise nicht."
Musik: The Beatles "Glass Onion" ("I told you about the fool on the hill…")
Zitat, Parodie, Ironie - Selbstzitat.
Musik: The Beatles "Glass Onion" ("I told you about the walrus and me, man")
Autor: Zurück in die Zukunft: Die Beatles haben aufgegriffen und vorweg gegriffen, damals vor 50 Jahren, im geschichtsträchtigen Jahr 1968.
Auch für die Fab Four standen die Zeichen auf Umbruch, oder besser: Aufbruch.
"Ur-Mixtape auf Doppel-Vinyl - Das ´Weiße Album` der Beatles wird 50". Ein Corso Spezial von Andi Hörmann.
Musik: The Beatles "Sexy Sadie" ("The world was waiting just for you…")
Ein Album das viele geprägt hat
Das "Weiße Album" - die Geschichte dieses legendären Doppelalbums ist schon unzählige Male erzählt worden. Aber jeder, der es gehört hat, verbindet mit den Songs immer auch seine eigene Geschichte. Der Beatles-Buch Verfasser Volker Rebell etwa:"Für mich ist das "Weiße Album" nicht das beste der Beatles, aber es ist eigentlich das wichtigste. Ich höre es immer wieder gerne. Keine Frage!"
Musik: The Beatles "Why don`t we do it in the road"
Markus Acher, der Sänger von The Notwist: "Ich finde das schon genial, was da alles passiert - in all der ganzen Wildheit und Albernheit, die da teilweise drauf ist."
Musik: The Beatles "Wild Honey Pie"
Und der Musiktheoretiker Lukas-Fabian Moser:"Man merkt bei aller Komplexität, die diese Songs zum Teil durchaus haben, beim Hören gar nicht so sehr, dass es kompliziert oder schwierig oder ausgefeilt komponiert ist."
Musik: The Beatles "Rocky Raccoon"
Oder der Vinyl-Plattenhänder Peter Wacha: "Total viel Energie. Aber auch eine geile Prise Humor, den die Beatles immer so auch einfließen haben lassen."
Musik: The Beatles "Helter Skelter" (Ende) ("I got blisters on my fingers!")
Auf den Punkt gebracht gilt für alle - Volker Rebell: "Es ist ein Album, das mich geprägt hat und begleitet hat, mein ganzes Leben."
Musik: The Beatles "Good Night"
Hohe Messlatte
Die Vorgeschichte: Das Band-Konstrukt fängt an zu bröckeln, vier individuelle Musikerpersönlichkeiten sitzen an ihren Instrumenten. John, Paul, George und Ringo. Im Musikstudio schaffen sie Meilensteine der Popmusik. Die Messlatte haben sie sich selbst hoch gelegt, 1966 etwa, mit der Platte "Revolver" - exzellentes Songwriting!
Musik: The Beatles "Eleanor Rigby" ("Ah look at all the lonely people…")
Und natürlich 1967 das bahnbrechend experimentelle Konzeptalbum "Sgt. Pepper" - jeder Song eine Perle!
Musik: The Beatles "Being for the Benefit of Mr. Kite!"
Im Studio geschliffene Juwelen der Popmusik - auch zwischen den Alben, einfach mal so als Single veröffentlicht:
Musik: The Beatles "Strawberry Fields Forever" ("Let me take you down / ´Cause I'm going to Strawberry Fields")
Volker Rebell: "Nach "Revolver" und "Sgt. Pepper" könnte es eigentlich - aber wohin? - noch weiter gehen in der extremen Entwicklung, die die Beatles da angestoßen hatten."
Musik: The Beatles "Glass Onion"("Well here's another place you can go / Where everything flows…")
Es ging weiter, aber anders. Und das mit nicht minder betörender Popmusik. Also kein Grund zur Traurigkeit.
Musik: The Beatles "Happiness is a warm gun" ("Happiness is a warm gun (bang bang shoot shoot)")
Das "Weiße Album" - Lieder wie aus der Wundertüte, voller Emotionen, überraschend und die Ohren öffnend. Ein Meltingpot der Musikgenres. Mit Kompositionen voller Kuriositäten - und enormer Intensität.
Musik: The Beatles "Birthday" (nur der Anfang)
50 Jahre das "Weiße Album".
Musik: The Beatles "Birthday" ("You say it`s your birthday!")
Und der der ist genau am 22. November 1968.
Musik: The Beatles "Birthday" ("Yes we're going to a party party")
Ein neues popkulturelles Universum
Das neunte Studioalbum der Fab Four, ein Doppelalbum. Titel: schlicht "The BEATLES", und wegen seines ebenso schlichten Covers das "Weiße Album" genannt. 184 Wochen in den Billboard Charts, davon neun auf Platz 1. Auf keiner anderen Platte der Beatles findet sich ein so stilistisch breites Song-Spektrum.
Musik: The Beatles // Ende von "Bangalow Bill" & Anfang von "While my guitar.."
30 Lieder, mehr als 90 Minuten Spielzeit. Art-Rock und Varieté-Stücke, Blues-Nummern, Barock-Klassik, Country-Schunkler, Kammermusik-Pop und Folk-Parodien, Ragtime und Reggae - alles drauf. Der Abflug in ein popkulturelles Universum. Gleich der erste Song ein Überflieger. Peter Wacha: "Mir kommt fast ein Schauer rüber, wenn ich "Back in the U.S.S.R." höre, wenn das so los geht. Das ist immer noch ein Wahnsinn!"
Musik: The Beatles "Back in the U.S.S.R." ("Flew in from Miami Beach B.O.A.C. / Didn’t get to bed last night / On the way the paper bag was on my knee / Man, I had a dreadful flight / I’m back in the U.S.S.R. / You don't know how lucky you are, boy / Back in the U.S.S.R. (Yeah!)…")
München, 2018, ein halbes Jahrhundert nachdem das "Weiße Album" der Beatles erschien. Der Plattenladen "Optimal Records", den Peter Wacha mit betreibt - die erste Adresse für Vinyl-Begeisterte Musik-Nerds in der bayerischen Landeshauptstadt.
Musik: The Beatles "Back in the U.S.S.R." (Ende)
Das wichtigste und stärkste Album der Beatles?
"Ich bin als Teenager, als Kid, mit Beatles aufgewachsen. Beatles waren für mich eine ganz wichtige Band - ich sag mal als 13- bis 17-Jähriger, bis dann diese Phase mit Punk und New Wave abgelöst wurde. Irgendwie habe ich dann später erst dieses ´White Album` entdeckt. Und ich finde, das ist eigentlich so für mich das wichtigste, stärkste Album, was die Beatles jemals rausgebracht haben."
Musik: The Beatles "Yer Blues" - ("Yes, I'm lonely…")
Einsortiert ist das "Weiße Album" im "Optimal Records" nicht. "Sgt. Pepper", "Magical Mystery Tour", "Revolver" - alles da. Erst auf Nachfrage holt Peter Wacha einen Stapel von fünf alten Exemplaren aus dem Lager. Die seien einfach zu schnell weg, sagt er. Das Lagerexemplar: Gut erhaltenes Vinyl, kaum Kratzer. Aber nach 50 Jahren sieht das "Weiße Album" schon etwas vergilbt und speckig aus - das Cover eher in einem fahlem Gelbton. Die Mitarbeiter an der Kasse recherchieren den Preis im Internet: Checken die Pressung, und in welchem Land sie erschienen ist. Eine gut erhaltene Originalveröffentlichung geht schon mal für 100 Euro über die Ladentheke.
Musik: The Beatles "I will" ("Love you forever…")
Szenenwechsel: Hochschule für Musik und Theater München. Der Musiktheoretiker Lukas-Fabian Moser, 1983 geboren, unterrichtet Gehörbildung. Er hat sich mit den Song-Qualitäten auf dem "Weißen Album" bis ins Detail beschäftigt. Einer seiner immer wieder wechselnden Lieblingssongs:
"Honey Pie", eine von Paul McCartneys Varieté-Nummern, wie er sie relativ häufig geschrieben hat…"
Atmo: Demonstration von "Honey Pie" am Klavier
".....dieser überraschende Akkord, der dann noch überraschender weiter geht…"
Atmo: Klavier
"....das ist schon sehr Ohren öffnend, finde ich, jedes Mal beim Hören."
Potpourri mit Enttäuschungen
Musik: The Beatles "Honey Pie" ("…Honey pie, you are making me crazy / I’m in love but I'm lazy / So won't you please come home…")
Die Raffinesse der Lieder, die Liebe zum musikalischen Detail, die Vielfalt an Stimmen und Stimmungen: Ein Potpourri an Emotionen, eine Welt in der Welt. Auch mit einem halben Jahrhundert auf dem Buckel hält das "Weiße Album" immer noch Überraschungen für uns bereit. Obwohl viele Fans der ersten Stunde auch mit Enttäuschungen kämpften.
"Es war dann - ich möchte nicht sagen - ein Rückschritt, aber es ging halt in dieser Produktions-technischen und Ideen-technischen Explosion nicht weiter. Sondern es war dann eine Reduzierung auf, nicht Basics, aber auf das Song-Material" - Volker Rebell, Jahrgang 1947, Musikjournalist und Radiomoderator, selbst Musiker und Beatles-Spezialist. 2010 hat er in seinem Buch "Die Beatles 1968 - Das Weiße Album" Song für Song analysiert und die Hintergründe der Produktion erklärt: "Es gab kein Konzept-Album mehr. Aber das Konzept war schon, dass jetzt vier Musiker sich als Individuen begriffen haben, die immer noch unter einem gemeinsamen Dach der Beatles produziert haben. Aber sie waren jetzt wirklich vier Einzelkünstler, die da trotzdem was gemeinsam zustande gebracht haben. Und das war für die Zeit auch ganz wichtig, und Zeitgeist-typisch sozusagen."
Musik: The Beatles "Helter Skelter" ("When I get to the bottom I go back to the top of the slide / Where I stop and I turn and I go for a ride / Till I get to the bottom and I see you again…")
Der Zeitgeist 1968: Aufbegehren, nieder mit der piefigen Scheinmoral, alles was du brauchst ist nicht nur Liebe, sondern auch Engagement, Tatendrang. Politik heißt Demokratie von unten, die geballte Faust nach oben - Peter Wacha: "Diese Veränderung, 1968, und so weiter, und Revolution, und die Aufstände der Studenten und Jugendlichen, Arbeiter überall, und Revolutionen, und Kuba, und so weiter. Irgendwie spürt man das in diesem Album ganz stark, finde ich."
Musik: The Beatles "Revolution 1" ("…You say you'll change the constitution / Well, you know / We all want to change your head…")
Soundtrack für den gesellschaftlichen Wandel 1968
"Die Zeit war auf Umbruch und man weiß noch nicht wohin, es soll alles anders werden. Und die Beatles haben damit so eine Art Soundtrack geliefert. Viele, viele Ideen. Viele Angebote. Viel Provozierendes. Viel auch wieder Zurück-nehmendes. Also es war alles da: Von Bestätigung, von Beharrungsvermögen bis zum Umsturz. Alles ist in diesem Album drin. Es ist das Zeitgeist-Album dieses Jahres!"
Aufbruch in der Politik, aber auch Umbruch im Privaten - beides steckt im "Weißen Album". Beides in elektrifizierenden Popsongs. Niedergeschlagen und alarmierend.
Musik: The Beatles "I`m so tired" - ("I'm so tired, I haven`t slept a wink…")
Volker Rebell: "Mir laufen Schauer den Rücken runter bei John Lennons "I`m so tired", dieser somnambule Song, wo er am Schluss dann rausschreit: bitte, ich brauche Hilfe… "for a little peace of mind." Also diese Ambivalenz von nicht schlafen können, und sich tranceartig zu bewegen bis zu diesem eruptiven Rausschreien, das versetzt mir immer wieder Schauer."
Musik: The Beatles "I`m so tired" ("…You know I'd give you everything I've got / For a little peace of mind")
Nochmal zurück in die Hochschule für Musik und Theater München. Für den Musiktheoretiker Lukas-Fabian Moser ist das Besondere am "Weißen Album": "Dass es einem nicht so sehr ins Gesicht springt: Oh, hier machen sie aber etwas Kompliziertes, sondern erst wenn man darauf achtet: Wie ist das hier eigentlich?"..."Also, wenn John Lennon anfängt…"
Demonstriert am Klavier: ..."I`m so tired… Dass der gleiche Akkord einen Halbton runter singt, als würde man vor lauter Müdigkeit, wie es der Songtext sagt, diese Höhe nicht aushalten können. Und danach geht es weiter…"
Demonstriert am Klavier:…"mit den gleichen Akkorden, die man schon bei "Stand by me" immer gehört hat, die ein normaler Rock´n`Roll-Standard sind. Aber davor diese kleine Spezialität:"
Wiederholt den absteigenden Akkord: "...Das ist einer von diesen vielen, vielen kleinen Momenten, die man immer wieder auf diesem Album finden. Dass man sich denkt: Oh, was ist das?"
Solche musikalischen Tricks und emotionalen Kicks im Takt hört vielleicht nur das geschulte Ohr. Für den Laien sind die Songs auf dem "Weißen Album" dennoch eine akustische Entdeckungsreise - auch heute noch. Etwa: "Happiness is a warm gun". Der Song erzeugt eine unter die Haut gehende Atmosphäre: nah und doch irgendwie fern, dicht und intim - Glücksmomente sind flüchtig. Lukas-Fabian Moser: "Ich glaube, die Atmosphäre kommt zum Großsteil durch den Klang dieser E-Gitarre, die diese arppegierten Akkorde…"
Spielt den Anfang von "Happiness is a warm gun: "…unterstützt. Auch durch den sehr im Vordergrund stehenden Gesang, sehr direkt gesungen. Das Intime, du-du-du-du-du-du-oh-yeah, das danach kommt. Die sehr brutalen Schlagzeug- und E-Gitarren-Einwürfe, die dann einige Takte später dazu kommen…diese Atmosphäre muss aufgebrochen werden über das fast brutale Schlagzeug und Gitarre."
Musik: The Beatles "Happiness is a warm gun" ("She's well acquainted with the touch of the velvet hand like a lizard on a window pane")
Lukas-Fabian Moser: "Fast schneidend, diese E-Gitarre-Einwürfe. Ich habe es jetzt gerade spontan versucht, immer den Zeitpunkt zu finden, an dem die E-Gitarre reinspielt. Ich habe es nicht immer geschafft. Das ist eine der vielen, vielen Stellen, wo es etwas unberechenbar ist, was da passiert."
Musik: The Beatles "Everybody`s got something to hide" (Ende)
Die Hörgewohnheiten haben sich im 21. Jahrhundert schon allein durch die digitale Studiotechnik verändert, zumindest wenn wir uns durch die Charts klicken: Dick produziert, fett komprimiert, nicht selten abgemischt wie ein akustisches Brett. Aber auch auf dem "Weißen Album" hören wir wuchtige Studioproduktionen - nur analog, nicht digital. Bandmaschine, statt Bits und Bytes.
Musik: The Beatles "Helter Skelter"
Maximale Fallhöhe: Auf Euphorie folgt Melancholie. Nach der alarmierend bombastischen Rocknummer "Helter Skelter" folgt mit "Long long long" eine melancholisch spirituelle, sehr leise produzierte Ballade.
Musik: The Beatles "Long long long" ("It took a long long long time / Now I'm so happy I found you…")
Volker Rebell: "Man hat so den Eindruck: Die Zeit bleibt stehen, oder wie die Dali`schen Uhren zerfließt die Zeit ein wenig."
Musik: The Beatles "Long long long" ("…How I love you…")
Volker Rebell: "Das ist ein schönes Stück, das George Harrison gemacht hat. Keine Frage."
Renaissance im Hip-Hop-Kontext
Musik: The Notwits "Consequence"
Zurück im Plattenladen "Optimal Records" in München. Hier holt sich Markus Acher von The Notwist sein Vinyl. Das "Weiße Album" steht schon in seinem Plattenregal. Markus Acher: "Es gibt viele Stücke, die so ein bisschen experimenteller sind, die finde ich irgendwie so unglaublich aufgebaut und auch aufgenommen, dass das schon uns quasi sehr beeinflusst hat. Auch wenn ich jetzt nicht, wenn mich jetzt jemand fragen würde: was sind jetzt Einflüsse für Notwist? Dann würde ich jetzt erst mal nicht Beatles sagen, aber es ist tatsächlich, dadurch, dass man es auch gezwungenermaßen, wenn man so wie ich viel Radio gehört hat, viel Beatles gehört hat, dann ist das schon ein sehr großer Einfluss."
Musik: The Notwist "Consequence"
Musik: The Beatles "Sexy Sadie"
"Ich mag schon viele Stücke. Die ganzen Hits mag ich im Endeffekt schon. Also "Dear Prudence" mag ich gerne. "While my guitar gently weeps" mag ich gerne. "Happiness is a warm gun" mag ich tatsächlich auch sehr gerne, weil da gibt es eine sehr schöne Version von The Breaders."
Musik: The Breaders "Happiness is a warm gun"
Musik: Danger Mouse "Moment of clarity" (Mashup mit "Happiness is a warm gun")
Die Songs der Beatles, kaum einer, der nicht gecovert wurde. Und 36 Jahre nach Veröffentlichung erfährt das "Weiße Album" eine Renaissance im Hip-Hop-Kontext. 2004 veröffentlicht Danger Mouse mit "The Grey Album" einen Hybrid aus A-cappella-Versionen der Songs von Jay-Zs "The Black Album" mit den Instrumentalversionen der Beatles-Songs als Mashup-Variante.
Musik: Danger Mouse "Public Service Announcement" (Mashup mit "Long long long")
Die Musikkritik feiert die Platte als Bastard-Pop-Meisterwerk. Die Musikindustrie ist wegen der Verletzung des Urheberrechts wenig begeistert. Das "Graue Album" wurde erst richtig bekannt, als die Plattenfirma EMI dessen Verbreitung im Internet stoppen wollte.
Musik: Danger Mouse "Change Clothes" (Mashup mit "Piggies")
Lukas-Fabian Moser: ""Piggies", George Harrisons seltsam metaphorischer Song über die menschliche Gesellschaft anhand der Schweine. Ein Song, der nach allen Ecken und Enden nach Barockmusik klingt und auch klingen soll - nicht nur was den Einsatz von Cembalo angeht, von Spielfiguren…"
Demonstriert am Klavier:..."bei Bach gibt es ein Präludium…" - demonstriert die Ähnlichkeit am Klavier - "…das ist genauso eine Figur. Der Beginn des Stückes…" - demonstriert am Klavier - "…ist etwas, was man in der Barockmusik "Doppelten Kontrapunkt" nennt."- Demonstriert den "Doppelten Kontrapunkt - "....das sind so Techniken, die dann plötzlich wieder auftauchen. Aber das Stück endet dann mit einer Kadenz…in einer völlig falschen Tonart, hinten dran gekleistert, von Streichern mit viel Vibrato gespielt. Und man fragt sich: Was soll das? Aber es funktioniert!"
Und auch Ringo Starrs simple Country-Nummer "Don`t pass me by" funktioniert, und das mit nur drei Akkorden. Holzfällerartig hämmert er ins Klavier und knüppelt das Schlagzeug - unterstützt von Paul. Ein kindlich bis kitschiger Song. Seine erste eigene Komposition, neben dem späteren "Octopus`s Garden" auf dem Nachfolge-Album "Abbey Road".
Musik: The Beatles "Don`t pass me by" ("Don’t pass me by, don't make me cry, don't make me blue")
Und dann die erste und einzige Single-Auskopplung aus dem "Weißen Album" im Januar 1969. Deutschland, Österreich, Schweiz: Platz 1 der Charts.
Leichtigkeit, Lebensfreude und Lust am Leben
Musik: The Beatles "Ob-La-Di, Ob-La-Da"
Volker Rebell: "Haha, den habe ich gehasst, den Song. Den habe ich gehasst! Übrigens: John Lennon und George Harrison haben ihn auch gehasst, weil der Paul da in einer Dominanz-Phase war und die armen anderen drei da geprügelt hat, weil der Song ihm nie richtig gefallen hat, weil er immer wieder was anderes gemacht hat. Und die fanden den Song schon blöd und mussten ihn drei Tage lang immer wieder neu aufnehmen, weil Paul immer wieder was verändern wollte. Auch das soll sozusagen einer der Sargnägel gewesen sein am Grabe der Beatles."
Lukas-Fabian Moser: "Das ist alles ganz, ganz, ganz einfach. Das ist quasi ein Kinderlied, was diesem Song auch öfter mal vorgeworfen wird. Es ist so konkret ein Kinderlied, dass man bekannte Kinderlieder über den Beginn des Songs drüber spielen kann. Ich kann das mal machen, spaßeshalber: "Drei Chinesen mit dem Kontrabass".
Spielt Kinderlied am Klavier zur Aufnahme von "Ob-la-di…"
Musik: The Beatles "Ob-la-di, ob-la-da"
"...es ist gar nicht so leicht, so etwas zu schreiben: Das es so simple ist, aber nicht banal wirkt."
Musik: The Beatles "Ob-la-di, ob-la-da"
Volker Rebell: "Irgendjemand hat mal gesagt: Kein anderer Song hat so viel Leichtigkeit, Lebensfreude und Lust am Leben ausgedrückt wie "Ob-la-di, ob-la-da"."
Musik: The Beatles "Ob-la-di, ab-la-da" (Ende) ("…And if you want some fun, take Ob-la-di, ob-la-da")
Lukas-Fabian Moser: "Das ist eine Musik, die glaube ich, uns noch sehr viel sagen kann - immer noch - aber eine, auf die man - weil sie älter ist - gestoßen werden muss. Gerade weil die Produktion dann doch häufig nicht mehr so klingt wie man das heute zu hören gewohnt ist an allem Hochglanz und allem elektronisch erzielter Klangperfektion. Es ist glaube ich etwas, wo man Schüler tatsächlich - es ist ein hässliches Wort - heranführen müsste."
Zeitgeist "All you need"
Doch es lohnt sich genauer hinzuhören: Denn auf dem "Weißen Album" hören wir ein kongeniales Spiel mit Gegensätzen - wie etwa auf dem herausragenden von George Harrison komponiertem:
Musik: The Beatles "While my guitar gently weeps" ("While my guitar gently weeps")
Lukas-Fabian Moser: "…den Gegensatz zwischen dieser sehr…" - Spielt das Thema von "While my guitar gently weeps" - "…sehr lyrischen, sehr ruhigen Melodie- und Harmonie-Folge und der dicken Hard-rockigen Produktion. Natürlich der große Reiz von Eric Claptons fantastischer Gitarrenstimme, die nicht nur das Solo in der Mitte betrifft, sondern auch diese vielen, vielen kleinen Einwürfe, immer wenn die Gesangstimme mal nicht singt."
Musik: The Beatles "While my guitar gently weeps" ("Still my guitar gently weeps")
Eine Studioproduktion klingt heute cleaner - wenn sie nicht ganz und gar auf analoges Retro getrimmt ist. Der Glaube an "digital ist besser" verblasst zur Ironie. Für die Hörgewohnheiten der Millennials klingt das Stereo-Panorama der Beatles jedoch exotisch. Im rechten Kanal nur die Akustikgitarre, links der Gesang:
Musik: The Beatles "Dear Prudence" ("Dear Prudence, won't you come out to play…")
Heute hört unser von den Algorithmen der Streaming-Dienste unterminiertes Ohr Playlisten. Das "Weiße Album" der Beatles aber ist und bleibt - in meinen Ohren - das Ur-Mixtape auf Doppel-Vinyl.
Musik: The Beatles "Cry baby cry" ("Can you take me back / Where I've been from? / Can you take me back?…")
Nach ihrem fantastischen Konzeptalbum "Sgt. Pepper" haben die Beatles mit dem "Weißen Album" 1968 nur eine scheinbar konzeptlose Studioproduktion veröffentlicht. Unsterbliche Popsongs voller betörender Schönheit! Und: Ein Puzzle zum politischen Umbruch, eine Collage der sozialen Verhältnisse, auch eine Emanzipation gegenüber Erwartungshaltungen. Alles geht, alles ist möglich - all you need is "Zeitgeist". Damals wie heute.
Musik: Danger Mouse "Interlude"
Volker Rebell: "Deswegen glaube ich, sind und bleiben sie die größten Musiker in der Popgeschichte. Nicht nur, sondern auch immer noch Gegenwart."
Musik: Danger Mouse "Interlude"
Das war "Ur-Mixtape auf Doppel-Vinyl - Das 'Weiße Album' der Beatles wird 50". Ein Corso Spezial von Andi Hörmann.