Eine Marketing- und Werbemesse in einem Tagungshotel am Stadtrand von Harare. Rund 30 Aussteller haben ihre Stände aufgebaut. Versicherungsfirmen, Hochschulen, Zeitungsverlage. Eine bunte Mischung. Vor allem Geschäftsleute in edlen Anzügen sind gekommen. Sie tauschen Visitenkarten aus und tippen Kontaktdaten in ihre Smartphones. Einer von ihnen ist Supa Mandiwanzira. Vor einem halben Jahr hat er einen der ersten Privatradiosender Simbabwes gegründet.
Mandiwanzira:
"Wir sind enorm erfolgreich. Wir hatten neulich einen Radioexperten aus Südafrika zu Gast. Wir haben ihm unsere Zahlen gezeigt: Werbeeinnahmen, Umsatz, Gewinn, all das. Er war überwältigt, weil er noch nie solch ein enormes Wachstum gesehen hat. Obwohl er in ganz Afrika herumkommt."
Mandiwanzira ist überzeugt: Simbabwe hat wirtschaftlich gesehen das Schlimmste überstanden. Die Geschäftsleute seien wieder bereit zu investieren. Es gehe bergauf, sagt er, auch dank der Einführung des US-Dollars als Währung. Mit diesem Schritt beendete die Regierung der nationalen Einheit die Hyperinflation. Und noch wegen einer anderen Sache gehe es bergauf, sagt der Unternehmer: Simbabwe sei 2008/2009 so sehr am Ende gewesen, dass sich viele Menschen gefragt hätten:
Mandiwanzira:
"Was kann ich tun, um meine Familie zu ernähren? Was kann ich tun, damit meine Firma wächst? Uns allen war klar: Leute, wenn wir jetzt nichts tun, dann sterben wir! Und wenn man mal dem Tod ins Auge geschaut hat, lässt man sich was einfallen. Deswegen haben wir hier dieses enorme Wachstum. Die Leute haben gemerkt: Wenn wir uns zurücklehnen, sterben wir."
Szenenwechsel. Das Hauptquartier der NCA. Die Abkürzung steht für "National Constitution Assembly". Dahinter verbirgt sich die wichtigste politische Nichtregierungsorganisation Simbabwes, eine Art außerparlamentarische Oppositionsbewegung. Mitgründer und Chef der NCA ist Lovemore Madhuku. Er sieht die derzeitige Lage seines Landes weniger optimistisch. Und er benennt auch einen Schuldigen.
Madhuku:
"Unser Land ist arm und am Boden, weil eine Person das Land über Jahrzehnte regiert hat, so wie er es wollte."
Madhuku ist einer der schärfsten Kritiker des autokratisch regierenden Präsidenten Robert Mugabe, der seit mehr als 30 Jahren an der Macht ist. Madhuku wurde in den vergangenen Jahren immer wieder verhaftet, verprügelt, verklagt - aber der Juraprofessor kämpft weiter für ein gerechteres und demokratischeres Simbabwe. Und Madhuku ist das Gesicht der Nein-Kampagne. Der vorgelegte Verfassungsentwurf sei inakzeptabel, sagt er. Was auch mit der geplanten Stellung des Präsidenten zu tun habe.
Madhuku:
"Diese Verfassung gibt dem Präsidenten zu viel Macht. Daran hat sich nichts geändert. Er darf Minister einfach so entlassen, er entscheidet über jeden hohen politischen Beamten, damit sind wir nicht zufrieden."
Noch deutlicher macht es Raymond Majongwe von der simbabwischen Lehrergewerkschaft.
Majongwe:
"Wir haben 32 Jahre lang gewartet. Jetzt sollen wir uns plötzlich beeilen und innerhalb weniger Wochen eine neue Verfassung beschließen. Wir sagen dazu: Nein."
Simbabwe habe 32 Jahre lang auf eine rechtsstaatliche Verfassung gewartet, nun solle das ganze im Eiltempo beschlossen werden. Auch er sagt deswegen: Nein.
Trotz der Kritik der Verfassungs-Gegner: Es kann davon ausgegangen werden, dass die rund fünfeinhalb Millionen Wahlberechtigten dem Entwurf zustimmen werden, und zwar mit deutlicher Mehrheit. Die beiden großen politischen Lager, die Zanu-PF von Präsident Robert Mugabe und die frühere Oppositionspartei MDC von Ministerpräsident Morgan Tsvangirai stehen hinter dem Entwurf. So sagt die MDC-Politikerin und Ministerin für Internationale Zusammenarbeit Priscilla Mushonga:
"Ich kann nicht sagen, dass wir alles in den Verfassungsentwurf bekommen haben, was wir wollten. Aber ich denke, wir schaffen damit einen guten Rahmen für die Zukunft, um in Simbabwe eine offene Gesellschaft aufzubauen. Das wichtigste ist die Festschreibung der Grundrechte."
Seit 2009 regieren die beiden verfeindeten politischen Lager das Land gemeinsam. In einer Art Zwangsehe. Vermittelt, andere sagen aufgezwungen, von der südafrikanischen Staatengemeinschaft SADC. Takura Zhangazha, Politologe und Analyst aus der simbabwischen Hauptstadt Harare:
Zhangazha:
"Das ist keine klassische Koalitionsregierung, sondern eine Regierung, die durch Druck der Nachbarstaaten zustande gekommen ist. Wenn in Deutschland SPD und die CDU zusammengehen, arbeiten sie in einer Großen Koalition tatsächlich zusammen. Unsere Regierung ist das Ergebnis einer politischen Schlacht, die in einigen Gegenden des Landes aussah wie ein Bürgerkrieg."
In den nächsten Wochen dürfte sich die politische Stimmung im Land deutlich verschärfen. Beim Referendum sind sich die beiden Lager noch einig, aber bei der Wahl im Sommer geht es um die Macht im Land. Dann könnte es erneut zu Gewalt kommen, befürchtet Oskar Wermter:
"Das ist das Übel in der herrschenden Partei Zanu-PF, dass die, weil sie aus einer Kriegssituation heraus gekommen sind, die Anwendung von Gewalt im Grunde nie als politisches Mittel völlig ausgeschlossen hat."
Wermter lebt seit mehr als 40 Jahren in Simbabwe. Der Jesuitenpater aus der Nähe von Köln arbeitet in Harare als Referent der Bischofskonferenz. Beim Verfassungsreferendum heute ist er als kirchlicher Wahlbeobachter dabei. Die Mugabe-Partei mit ihrem latenten Hang zur Gewalt könnte sich auf dem Weg zur Demokratisierung des Landes noch als Hindernis erweisen, sagt er.
"Das widerspricht jeder Art von Demokratie. Denn Demokratie ist die Art und Weise, wie man Machtkämpfe austrägt ohne Gewalt. Das ist ja der ganze Witz an der Sache."
Völlig anders sieht das Supa Mandiwanzira, der eloquente Geschäftsmann von der Marketingmesse. Er verteidigt die Zanu-PF. Vermutlich auch, weil er auf dem Ticket der Partei im Sommer ins Parlament einziehen will.
Mandiwanzira:
"Unser Präsident hat mehrfach betont: Wir wollen gewaltfreie Wahlen. Um Wähler zu gewinnen, muss man ihnen die Inhalte näher bringen und nicht verprügeln."
Mandiwanzira:
"Wir sind enorm erfolgreich. Wir hatten neulich einen Radioexperten aus Südafrika zu Gast. Wir haben ihm unsere Zahlen gezeigt: Werbeeinnahmen, Umsatz, Gewinn, all das. Er war überwältigt, weil er noch nie solch ein enormes Wachstum gesehen hat. Obwohl er in ganz Afrika herumkommt."
Mandiwanzira ist überzeugt: Simbabwe hat wirtschaftlich gesehen das Schlimmste überstanden. Die Geschäftsleute seien wieder bereit zu investieren. Es gehe bergauf, sagt er, auch dank der Einführung des US-Dollars als Währung. Mit diesem Schritt beendete die Regierung der nationalen Einheit die Hyperinflation. Und noch wegen einer anderen Sache gehe es bergauf, sagt der Unternehmer: Simbabwe sei 2008/2009 so sehr am Ende gewesen, dass sich viele Menschen gefragt hätten:
Mandiwanzira:
"Was kann ich tun, um meine Familie zu ernähren? Was kann ich tun, damit meine Firma wächst? Uns allen war klar: Leute, wenn wir jetzt nichts tun, dann sterben wir! Und wenn man mal dem Tod ins Auge geschaut hat, lässt man sich was einfallen. Deswegen haben wir hier dieses enorme Wachstum. Die Leute haben gemerkt: Wenn wir uns zurücklehnen, sterben wir."
Szenenwechsel. Das Hauptquartier der NCA. Die Abkürzung steht für "National Constitution Assembly". Dahinter verbirgt sich die wichtigste politische Nichtregierungsorganisation Simbabwes, eine Art außerparlamentarische Oppositionsbewegung. Mitgründer und Chef der NCA ist Lovemore Madhuku. Er sieht die derzeitige Lage seines Landes weniger optimistisch. Und er benennt auch einen Schuldigen.
Madhuku:
"Unser Land ist arm und am Boden, weil eine Person das Land über Jahrzehnte regiert hat, so wie er es wollte."
Madhuku ist einer der schärfsten Kritiker des autokratisch regierenden Präsidenten Robert Mugabe, der seit mehr als 30 Jahren an der Macht ist. Madhuku wurde in den vergangenen Jahren immer wieder verhaftet, verprügelt, verklagt - aber der Juraprofessor kämpft weiter für ein gerechteres und demokratischeres Simbabwe. Und Madhuku ist das Gesicht der Nein-Kampagne. Der vorgelegte Verfassungsentwurf sei inakzeptabel, sagt er. Was auch mit der geplanten Stellung des Präsidenten zu tun habe.
Madhuku:
"Diese Verfassung gibt dem Präsidenten zu viel Macht. Daran hat sich nichts geändert. Er darf Minister einfach so entlassen, er entscheidet über jeden hohen politischen Beamten, damit sind wir nicht zufrieden."
Noch deutlicher macht es Raymond Majongwe von der simbabwischen Lehrergewerkschaft.
Majongwe:
"Wir haben 32 Jahre lang gewartet. Jetzt sollen wir uns plötzlich beeilen und innerhalb weniger Wochen eine neue Verfassung beschließen. Wir sagen dazu: Nein."
Simbabwe habe 32 Jahre lang auf eine rechtsstaatliche Verfassung gewartet, nun solle das ganze im Eiltempo beschlossen werden. Auch er sagt deswegen: Nein.
Trotz der Kritik der Verfassungs-Gegner: Es kann davon ausgegangen werden, dass die rund fünfeinhalb Millionen Wahlberechtigten dem Entwurf zustimmen werden, und zwar mit deutlicher Mehrheit. Die beiden großen politischen Lager, die Zanu-PF von Präsident Robert Mugabe und die frühere Oppositionspartei MDC von Ministerpräsident Morgan Tsvangirai stehen hinter dem Entwurf. So sagt die MDC-Politikerin und Ministerin für Internationale Zusammenarbeit Priscilla Mushonga:
"Ich kann nicht sagen, dass wir alles in den Verfassungsentwurf bekommen haben, was wir wollten. Aber ich denke, wir schaffen damit einen guten Rahmen für die Zukunft, um in Simbabwe eine offene Gesellschaft aufzubauen. Das wichtigste ist die Festschreibung der Grundrechte."
Seit 2009 regieren die beiden verfeindeten politischen Lager das Land gemeinsam. In einer Art Zwangsehe. Vermittelt, andere sagen aufgezwungen, von der südafrikanischen Staatengemeinschaft SADC. Takura Zhangazha, Politologe und Analyst aus der simbabwischen Hauptstadt Harare:
Zhangazha:
"Das ist keine klassische Koalitionsregierung, sondern eine Regierung, die durch Druck der Nachbarstaaten zustande gekommen ist. Wenn in Deutschland SPD und die CDU zusammengehen, arbeiten sie in einer Großen Koalition tatsächlich zusammen. Unsere Regierung ist das Ergebnis einer politischen Schlacht, die in einigen Gegenden des Landes aussah wie ein Bürgerkrieg."
In den nächsten Wochen dürfte sich die politische Stimmung im Land deutlich verschärfen. Beim Referendum sind sich die beiden Lager noch einig, aber bei der Wahl im Sommer geht es um die Macht im Land. Dann könnte es erneut zu Gewalt kommen, befürchtet Oskar Wermter:
"Das ist das Übel in der herrschenden Partei Zanu-PF, dass die, weil sie aus einer Kriegssituation heraus gekommen sind, die Anwendung von Gewalt im Grunde nie als politisches Mittel völlig ausgeschlossen hat."
Wermter lebt seit mehr als 40 Jahren in Simbabwe. Der Jesuitenpater aus der Nähe von Köln arbeitet in Harare als Referent der Bischofskonferenz. Beim Verfassungsreferendum heute ist er als kirchlicher Wahlbeobachter dabei. Die Mugabe-Partei mit ihrem latenten Hang zur Gewalt könnte sich auf dem Weg zur Demokratisierung des Landes noch als Hindernis erweisen, sagt er.
"Das widerspricht jeder Art von Demokratie. Denn Demokratie ist die Art und Weise, wie man Machtkämpfe austrägt ohne Gewalt. Das ist ja der ganze Witz an der Sache."
Völlig anders sieht das Supa Mandiwanzira, der eloquente Geschäftsmann von der Marketingmesse. Er verteidigt die Zanu-PF. Vermutlich auch, weil er auf dem Ticket der Partei im Sommer ins Parlament einziehen will.
Mandiwanzira:
"Unser Präsident hat mehrfach betont: Wir wollen gewaltfreie Wahlen. Um Wähler zu gewinnen, muss man ihnen die Inhalte näher bringen und nicht verprügeln."