"Kitchen Farming" an sich mag keine Revolution sein - Gewürzsprösslinge, Tomatenstauden und Pilzzucht für die Selbstversorgung sind ja längst im Supermarkt angekommen. Werner Aisslinger denkt sich das Ganze allerdings als einen autonomen Kreislauf. Auf von ihm selbst entworfenen Küchenschränken steht eine beständig blubbernde Installation aus Plastikwannen und Fischaquarien, die durch Gummischläuche in permanentem Austausch miteinander verbunden sind. Bei Aquaponic, diesem Kreislauf aus Fischzucht und Gemüseanbau, düngen Fische mit ihren Ausscheidungen die Nährböden für kleine, küchenregalkompatible Gemüsebeete und Speisepilzplantagen auf Kaffeesatzbasis, und man kann nach Auskunft des 1964 geborenen Designers alles das durchaus ein paar Tage gefahrlos sich selbst überlassen. Dann jedoch muss irgendwann geerntet werden, will man nicht anstelle der Küche einen Urwald aus Salaten, Pilzen und Tomatenstauden vorfinden.
Der nächste Schritt sind Plantagen, in denen man sich seine eigene Einrichtung züchtet. Auch diese Idee der nachwachsenden Möbel mag an sich nicht neu sein, doch auch hier besticht Werner Aisslingers Entwurf wieder durch den Charme einer Ausführung, die im ersten Moment zumindest einen Alltagsgebrauch täuschend inszeniert. Aus dem Jahr 2012 stammt seine Installation der Chair Farm, bei der in einem improvisierten Gewächshaus genoptimierte, schnell wachsende in recycelbare Metallstrukturen hineinsprießen sollen, die anschließend entfernt und das pflanzliche Möbelprodukt freigeben, in diesem Fall kann nach einigen Wochen ein Stuhl geerntet werden, der den Rattanmöbeln unserer Jungendjahre gar nicht einmal unähnlich ist. Da aber das Sein bekanntlich das Bewusstsein bestimmt, weiß man hier natürlich um den himmelweiten Unterschied von industrieller und individueller Versorgung. Auf der einen Seite die oft über fabrikmäßig in Billiglohnländern produzierten und über Tausende Kilometer in die "Erste Welt" transportierten Alltagsprodukte - auf der anderen Seite die "local production" der Zukunft, bei der jeder das, was er braucht, mehr oder weniger selbst produziert.
Werner Aisslinger entwirft in diesem Sinn eine Vision, die ihm wie die logische Konsequenz aus der in eine Sackgasse geratenen Evolution vorschwebt - eine Welt radikaler Ressourcenschonung und eines, wie er es nennen würde, kompletten Produktions-Resets. Ressourcen, Maschinen, Werkzeuge und Logistik werden zugunsten einer einfachen Struktur pflanzenbasierten Wachstums ersetzt.
Die spielerische Vielschichtigkeit dieser Utopie lässt einem freilich kaum einen anderen Ausweg, als mit ihr zu sympathisieren und die ganzen verkomplizierenden Nachfragen zunächst einmal auf sich beruhen zu lassen, wie beispielsweise die Frage, was mit den Wirtschaften in den Billiglohnländern und nicht nur dort geschieht, wenn mit einem Mal die industriellen Aufträge aus den Wohlstandsländern wegbleiben. Niemand aber möge behaupten, Werner Aisslinger sei nur ein praxisferner Fantast, dessen Entwürfe man bestaunen, aber nie wirklich erproben und benutzen kann.
In der oberen Etage des Hauses am Waldsee gewährt Katja Blomberg, die Leiterin des Hauses und Kuratorin der Ausstellung, einen zumindest knappen, aber wohlsortierten Einblick in Aisslingers bisheriges Schaffen, seine teilweise im New Yorker MoMA ausgestellten Stuhlentwürfe aus recycelten Autolenkrädern, verpressten Autotürdämmungen oder medizinischen, selbstformenden Folien; seine Ideen zur Rettung der Spitzendeckenmanufakturen, deren aus der Mode geratene Produktion er für die Herstellung ultraleichter Sitz- und Liegemöbel aus stabilen Silikongeflechten reaktivieren möchte.
Von außen erscheint das Haus am Waldsee derzeit selbst markant verändert durch farbige Stoffbahnen, die Aisslinger über eigens montierte Gerüste gezogen hat – eine Überlegung zur gar nicht utopischen Zukunft der Gebäudedämmungsrichtlinien, durch die über kurz oder lang die Fassaden unzähliger Altbauten ihrer ökologisch bedingten Deformation entgegensehen könnte. Solche Flächenbespannungen könnten Aisslinger zufolge wenigstens die ästhetischen Folgen mindern helfen. Utopie und Ästhetik gehen bei Werner Aisslinger einer mitunter bewusst frei gedachte, unverbissene Liaison ein – ein Gebiet, an das sich nicht mehr allzu viele Designer so offen und unverstellt herantrauen und die diese Ausstellung – wie Aisslingers früh legendär gewordenes Werk insgesamt – zu einer Inspiration werden lassen, die stets über den Anlass hinausreicht.
Der nächste Schritt sind Plantagen, in denen man sich seine eigene Einrichtung züchtet. Auch diese Idee der nachwachsenden Möbel mag an sich nicht neu sein, doch auch hier besticht Werner Aisslingers Entwurf wieder durch den Charme einer Ausführung, die im ersten Moment zumindest einen Alltagsgebrauch täuschend inszeniert. Aus dem Jahr 2012 stammt seine Installation der Chair Farm, bei der in einem improvisierten Gewächshaus genoptimierte, schnell wachsende in recycelbare Metallstrukturen hineinsprießen sollen, die anschließend entfernt und das pflanzliche Möbelprodukt freigeben, in diesem Fall kann nach einigen Wochen ein Stuhl geerntet werden, der den Rattanmöbeln unserer Jungendjahre gar nicht einmal unähnlich ist. Da aber das Sein bekanntlich das Bewusstsein bestimmt, weiß man hier natürlich um den himmelweiten Unterschied von industrieller und individueller Versorgung. Auf der einen Seite die oft über fabrikmäßig in Billiglohnländern produzierten und über Tausende Kilometer in die "Erste Welt" transportierten Alltagsprodukte - auf der anderen Seite die "local production" der Zukunft, bei der jeder das, was er braucht, mehr oder weniger selbst produziert.
Werner Aisslinger entwirft in diesem Sinn eine Vision, die ihm wie die logische Konsequenz aus der in eine Sackgasse geratenen Evolution vorschwebt - eine Welt radikaler Ressourcenschonung und eines, wie er es nennen würde, kompletten Produktions-Resets. Ressourcen, Maschinen, Werkzeuge und Logistik werden zugunsten einer einfachen Struktur pflanzenbasierten Wachstums ersetzt.
Die spielerische Vielschichtigkeit dieser Utopie lässt einem freilich kaum einen anderen Ausweg, als mit ihr zu sympathisieren und die ganzen verkomplizierenden Nachfragen zunächst einmal auf sich beruhen zu lassen, wie beispielsweise die Frage, was mit den Wirtschaften in den Billiglohnländern und nicht nur dort geschieht, wenn mit einem Mal die industriellen Aufträge aus den Wohlstandsländern wegbleiben. Niemand aber möge behaupten, Werner Aisslinger sei nur ein praxisferner Fantast, dessen Entwürfe man bestaunen, aber nie wirklich erproben und benutzen kann.
In der oberen Etage des Hauses am Waldsee gewährt Katja Blomberg, die Leiterin des Hauses und Kuratorin der Ausstellung, einen zumindest knappen, aber wohlsortierten Einblick in Aisslingers bisheriges Schaffen, seine teilweise im New Yorker MoMA ausgestellten Stuhlentwürfe aus recycelten Autolenkrädern, verpressten Autotürdämmungen oder medizinischen, selbstformenden Folien; seine Ideen zur Rettung der Spitzendeckenmanufakturen, deren aus der Mode geratene Produktion er für die Herstellung ultraleichter Sitz- und Liegemöbel aus stabilen Silikongeflechten reaktivieren möchte.
Von außen erscheint das Haus am Waldsee derzeit selbst markant verändert durch farbige Stoffbahnen, die Aisslinger über eigens montierte Gerüste gezogen hat – eine Überlegung zur gar nicht utopischen Zukunft der Gebäudedämmungsrichtlinien, durch die über kurz oder lang die Fassaden unzähliger Altbauten ihrer ökologisch bedingten Deformation entgegensehen könnte. Solche Flächenbespannungen könnten Aisslinger zufolge wenigstens die ästhetischen Folgen mindern helfen. Utopie und Ästhetik gehen bei Werner Aisslinger einer mitunter bewusst frei gedachte, unverbissene Liaison ein – ein Gebiet, an das sich nicht mehr allzu viele Designer so offen und unverstellt herantrauen und die diese Ausstellung – wie Aisslingers früh legendär gewordenes Werk insgesamt – zu einer Inspiration werden lassen, die stets über den Anlass hinausreicht.