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„Data-Verse“ von Ryoji Ikeda
Projektionen in eiskalter Atmosphäre

Mit der audiovisuellen Arbeit „Data-Verse“ im Kunstmuseum Wolfsburg strebt der Medienkünstler Ryoji Ikeda an, die Menschheit zu vermessen. Ein ambitioniertes Projekt aus Datenströmen, Sounds und Bildern, das „erstmal eine komplette Überforderung“ darstelle, sagte Kurator Andreas Beitin im Dlf.

Andreas Beitin im Corsogespräch mit Sascha Ziehn |
Man sieht in einem abgedunkelten Raum riesige Bildschirme mit Datenvisualisierungen, die an entfernte Galaxien erinnern
Kombination aus Kunst und Wissenschaft: die Projektionen der Installation "Data-Verse" (Kunstmuseum Wolfsburg)
Ryoji Ikeda guckt durch ein Mikroskop auf die Welt. Er will, ähnlich wie ein Teilchenphysiker, immer tiefer eindringen in die Mikrostrukturen – und die kleinsten Bestandteile von Musik und Daten finden. Angefangen hat er Mitte der 1990er Jahre mit experimenteller Musik, in der er eben hörbar macht, wie Musik klingt, wenn man sie auf das Wesentliche reduziert: Sinuswellen, aus denen sich Klänge zusammen setzen. 2002 hat er sein künstlerisches Spektrum erweitert und neben der Musik auch audiovisuelle Kunstwerke geschaffen, in denen er Terrabytes von Daten in Filmprojektionen sichtbar macht.
Verloren in der Projektion
Für die Ausstellung im Kunstmuseum Wolfsburg wurde der Ausstellungsraum in eine gigantische Black Box verwandelt. "Normalerweise ist die riesige Halle lichtdurchflutet", so Andreas Beitin. "Jetzt, so verdunkelt, sieht man die Halle mit ganz anderen Augen. Und diese riesigen Projektionen, zehn mal 16 Meter groß, sind einfach sehr beeindruckend". Zu sehen sind in diesen Projektionen menschliche Körperteile, sich verändernde Kontinente oder Nachzeichnungen des Flugverkehrs. "Ikeda schafft eine wundervolle Kombination von Kunst und Wissenschaft. Und diese Bilder, die er mithilfe von Daten ‚zeichnet‘, sind einfach wunderschön", so Andreas Beitin.
Die beiden zwölfminütigen Filme beginnen auf der Zellebene. Man sieht zellähnliche Gebilde, winzigste menschliche Bestandteile. Und geht von da aus immer weiter in die Makroebene, bis hin zu Bildern, die riesigen Galaxien ähneln. Gefühle spielen in Ikedas Arbeit keine Rolle, er bleibt Beobachter des Faktischen.
Das Wesen der Welt: nur noch Daten
"Er hat in einem Interview gesagt, dass es ihm um eine eiskalte Atmosphäre geht. Und das ist das Faszinierende und auch das Zeitgenössische an seiner Arbeit: Dass er sichtbar macht, wie die gesamte Welterfassung nur noch durch Digitalisierung passiert. Es ist ein utopischer, aber auch ein dystopischer Blick. Es gibt nicht Humanes mehr. Alles besteht nur noch aus Daten."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.