Das Bundesverfassungsgericht hat in dieser Woche wesentliche Vorschriften im sogenannten BKA-Gesetz zur Sammlung von Personendaten im polizeilichen Informationsverbund für verfassungswidrig erklärt.
Teil dieser BKA-Datenspeicherung ist die Erfassung personenbezogener Informationen in der Datenbank "Gewalttäter Sport". Darin werden Personen aufgenommen, die insbesondere im Rahmen von Fußballspielen, aber auch anderen Sportveranstaltungen durch Gewalt- oder Straftaten aufgefallen sind – oder als potenzielle Gewalttäter eingeschätzt werden. Die Datenbank wird vom BKA geführt, Zugriff darauf haben aber auch einzelne Polizeidienststellen.
Polizei führt Strichlisten
Beschwerdeführerin war Stephanie Dilba, Fan von 1860 München und in dortigen Fanclubs aktiv. Sie engagiert sich gegen Gewalt in Fußballstadien und hat deshalb Kontakte zu potenziell gewaltbereiten Fans. Sie hatte 2016 eine Anfrage beim Polizeipräsidium München gestellt, ob Daten von ihr gesammelt worden sind. Daraufhin bekam sie 2017 die Antwort, dass Name, Verein, Fanclubzugehörigkeit und ein Lichtbild von ihr dort abgespeichert sind. Zudem der Zusatz, dass sie 38 Sportveranstaltungen besucht habe, wo sie mit Personen aus dem gewaltbereiten Umfeld Kontakt gehabt hatte, sagte Dilba im Dlf.
Als sie das gehört habe, habe sie zuerst gelacht, "dass da wirklich jemand sitzt und Strichlisten führt, mit wem ich rede und wo ich mich aufhalte", sagte Dilba im Dlf. Sie habe sich schon sehr gewundert: „Warum machen die das? Ich habe nie eine Straftat begangen, ich bin nie verurteilt worden. Insofern frage ich mich dann schon, hat die Polizei nichts Besseres zu tun, als Daten von Personen zu sammeln, die eigentlich nichts Böses vorhaben?", sagte sie im Deutschlandfunk.
"Es ist ein eigenartiges Gefühl, beobachtet zu werden. Es ist schon ein bisschen einschränkend. Ich habe auch nicht gewusst, wer diese Daten abrufen konnte. Wer hat Zugriff auf diese Daten?"
Urteilsspruch eine "Befreiung"
Bei ihren Kontakten mit der Polizei hatte sie auch immer das Gefühl, dass die Polizeibeamte ihr gegenüber negativ eingestellt gewesen seien, weil sie eventuell etwas über sie gelesen haben und voreingenommen gewesen seien.
Der Urteilsspruch in Karlsruhe sei dafür für sie "im ersten Moment eine Befreiung für mich gewesen", sagte Dilba. Sie habe immer geahnt, dass es nicht in Ordnung gewesen ist, dass Daten über sie gesammelt wurden. "Über mich müssen alle Daten gelöscht werden. Das ist wirklich ein sehr schönes Gefühl", sagte Dilba.
"Es muss beweisbar sein, dass eine Person eine Straftat begehen könnte"
Bei der Reform des neuen Gesetzes, müsse die Speicherdauer nun genau festgelegt werden und der Zweck der Speicherung. "Es muss hinterlegt werden, warum die Daten gespeichert werden. Es muss beweisbar sein und belegbar sein, dass eine Person eine Straftat begehen könnte", sagte Dilba. In Zukunft müsse das viel klarer sein.
Sie sei auch nicht primär gegen die Datei "Gewalttäter Sport", sagte Dilba. Es sei ihr primär um die Speicherung von personenbezogenen Daten allgemein gegangen. "Wichtig ist, dass es dafür ganz klare Richtlinien gibt und wenn klar, wer aufgenommen wird unter welchen Voraussetzungen. Eine Datei von endlos vielen Daten, von unheimlich vielen Personen, bringt meines Erachtens überhaupt keinen Gewinn für irgendwelche Aktionen", forderte die Anhängerin von 1860 München.