Bildung, Bildung, Bildung – die Daten aus Wiesbaden sind eine Aufforderung an die Politik, wie sie kaum deutlicher sein könnten. Wenn die Integration von Flüchtlingen gelingen soll, dann muss alles dafür getan werden, die Zugewanderten so schnell wie möglich zu qualifizieren. Schulische und berufliche Bildung sind das A und O für gelungene Integration, bekräftigt Sibylle von Oppeln-Bronikowski vom Statistischen Bundesamt:
"Der Einfluss der Bildung zieht sich durch alle Lebensphasen, selbst beim Armutsrisiko im Alter schneiden die Migrantengruppen mit eher unterdurchschnittlicher Bildung vergleichsweise deutlich schlechter ab. Investitionen in Bildung und Ausbildung lohnen sich. Höhere Bildung bedeutet bessere Chancen am Arbeitsmarkt, bessere Einkommen und geringeres Armutsrisiko!"
Jeder fünfte Einwohner in Deutschland hat Migrationshintergrund
Untersucht haben die Statistiker Migranten, die zum Teil schon seit Jahrzehnten in Deutschland leben. Wie haben sich Angehörige der Gastarbeiterwelle aus den 50er- und 60er-Jahren integriert, wie kommen Spätaussiedler mit dem neuen Leben klar, wie die Flüchtlinge vom Balkan? Fast 17 Millionen Menschen, jeder fünfte Einwohner in Deutschland zählt zu diesen Gruppen, aus den Daten über ihre Lebenssituation sollen Lehren gezogen werden wie die seit dem vergangenen Jahr gekommenen Flüchtlinge besser integriert werden können.
Mareike Bünning, Sozialforscherin aus Berlin, warnt schon jetzt: Die Neuankömmlinge müssen sofort die deutsche Sprache erlernen. "Des Weiteren ist es so, dass viele der Geflohenen lange Zeit schon aus geregelten Erwerbsverhältnissen draußen sind durch die lange Zeit der Flucht und auch oft durch die lange Dauer der Asylanträge."
Der Blick auf frühere Zuwanderergenerationen bestätigt: Die Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund ist deutlich jünger als die der aus Deutschland stammenden. Bei gut 35 Jahren liegt das Durchschnittsalter, folglich gibt es mehr Ledige, mehr Menschen, die noch in Ausbildung sind, weniger Rentner.
Mehr Orientierungshilfen gefordert
Wie wichtig Bildung ist, zeigt sich auch am Einkommen: Wer nur einen mittleren Abschluss vorweisen kann, verdient im Schnitt fast 700 Euro monatlich weniger als Migranten mit Abitur oder Hochschulabschluss. Die Motivation junger Menschen, sich weiterzubilden, ist hoch, versichert Jutta Allmendinger, Präsidentin des Wissenschaftszentrums für Sozialforschung:
"Auf der anderen Seite müssen wir nach wie vor feststellen, dass die Transparenz des deutschen Bildungssystems sehr niedrig ist für Leute, die neu nach Deutschland kommen. Wir haben immer noch keine großen Erfolge, die Leute abzuholen, ihnen nicht zuzumuten, in die Schulen zu kommen und für viele ist das eine Zumutung, wenn sie selbst die deutsche Sprache als Ältere nicht kennen, sondern sie auch sie aufzusuchen und um sie zu werben."
Kinder und Jugendliche, die schließlich eine Schule besuchen, bekommen nach Ansicht Allmendingers zudem zu wenig Informationen über weiterführende Bildungsangebote. Wir brauchen insgesamt mehr Orientierungshilfen, fordert auch Thomas Krüger, Chef der Bundeszentrale für politische Bildung. Den Neuankömmlingen Chancen bieten, bei uns anzukommen, darum geht es, meint Krüger und verweist darauf, wie schwer es für sie zum Beispiel ist, eine eigene Wohnung zu finden.
"Dass Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt eine Rolle spielt, ist ein Fakt. Dieses gehört natürlich zum Alltag und der Erfahrung von Migranten, die vor allem in urbanen Räumen versuchen, in dem ja relativ teuren Wohnungsmarkt sich zu orientieren."
Scharfmachern den Wind aus den Segeln nehmen
Krüger spricht von Hass und Ablehnung, die den Zuwanderern entgegenschlägt, erwähnt Rechtspopulisten und Pegida-Anhänger. Politische Bildungsarbeit und Information soll den Scharfmachern den Wind aus den Segeln nehmen und den Zuwanderern einen besseren Start ermöglichen als jenen, die vor Jahren zu uns gekommen sind, und sich als Migranten immer noch benachteiligt sehen.
Immerhin eines gibt Hoffnung - trotz aller Schwierigkeiten blicken die einst Zugereisten und ihre Nachkömmlinge insgesamt optimistisch in die Zukunft. Auch das belegt dieser Datenreport: Ihre Lebenszufriedenheit in den nächsten fünf Jahren schätzen sie deutlich besser ein als Menschen ohne Migrationshintergrund.