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Datenschutz
EuGH stärkt "Recht auf Vergessenwerden"

Der Suchmaschinenbetreiber Google kann dazu verpflichtet werden, Verweise auf Webseiten mit sensiblen persönlichen Daten aus seiner Ergebnisliste zu streichen. Das hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg entschieden.

    Google ist laut Europäischem Gerichtshof für die Verarbeitung der Daten verantwortlich
    Google ist laut Europäischem Gerichtshof für die Verarbeitung der Daten verantwortlich (dpa / picture-alliance / Soeren Stache)
    Ein solches Recht leite sich aus der EU-Datenschutzrichtlinie ab, heißt es in dem Urteil. Nach Ansicht des Gerichts ist der Suchmaschinenbetreiber für die Verarbeitung der Daten verantwortlich. Ein Betroffener könne sich mit der Bitte um Änderung der Suchergebnisse an Google wenden - oder sonst an die zuständigen Stellen. Von einem "überraschenden Urteil" spricht der grüne Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht im Bericht von DLF-Korrespondentin Annette Riedel. Er begrüßt die Entscheidung, die die Datenschutzrechte der Betroffenen stärke.
    Geklagt hatte ein Spanier. Er wehrte sich dagegen, dass Google bei der Eingabe seines Namens noch heute einen Artikel über die Zwangsversteigerung seines Hauses vor 15 Jahren anzeigt.
    Frage der Stellung im öffentlichen Leben
    Das Dossier geht nun zur endgültigen Klärung zurück an das vorlegende spanische Gericht. Der EuGH unterstrich, die verschiedenen Interessen und Grundrechte müssten in Fällen dieser Art sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Von Belang sei beispielsweise auch, welches Interesse die Öffentlichkeit an den fraglichen Informationen habe. Das hänge beispielsweise von der Stellung der Person im öffentlichen Leben ab.
    "Wer speichern kann, kann auch löschen", hatte Viviane Reding vor der Urteilsverkündung im Deutschlandfunk gesagt. Das EU-Parlament sei Vorreiter in Sachen Datenschutz, sagte die EU-Kommissarin für das Ressort Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft.
    Google ist enttäuscht
    Google teilte zu dem Urteil mit: "Dies ist ein sehr enttäuschendes Urteil für Suchmaschinenbetreiber und Online-Verleger." Das Unternehmen hatte in dem Verfahren argumentiert, es sei laut EU-Datenschutzrichtlinie nicht verantwortlich dafür, dass personenbezogene Daten auf den jeweiligen Webseiten gemäß der Richtlinie verarbeitet werden. Google könne nicht einmal zwischen personenbezogenen und anderen Daten unterscheiden. Deshalb könne auch eine nationale Datenschutzbehörde die Suchmaschine nicht verpflichten, bestimmte Informationen aus ihrem Index zu entfernen.
    "In der Praxis nicht umsetzbar"
    Das Urteil sei ein Signal, dass sich der US-Konzern an EU-Datenschutzrecht halten muss und Vergessen im Netz möglich sein sollte, sagte der Gründer der Internetkonferenz Republica, Markus Beckedahl, im Deutschlandfunk. Eine Rechtsunsicherheit bleibe jedoch. Wie der Datenschutz etwa im Spannungsverhältnis zur Informations- und Meinungsfreiheit stehe, müsse vor Gericht entschieden werden. "Was ist zum Beispiel mit Politikern, Personen des öffentlichen Lebens, die der Korruption überführt worden sind, die gerne dann, wenn sie ihre Strafe abgesessen haben usw., nicht mehr damit konfrontiert werden wollen? Ist das jetzt im Sinne des öffentlichen Interesses, dass diese Informationen trotzdem öffentlich zugänglich sind, zum Beispiel Einträge bei Wikipedia?"
    Der netzpolitische Aktivist und Journalist Markus Beckedahl bei der Internetkonferenz Republica in Berlin.
    Der netzpolitische Aktivist und Journalist Markus Beckedahl bei der Internetkonferenz Republica in Berlin. (dpa / Britta Pedersen)
    Der IT-Branchenverband Bitkom fürchtet nach dem Urteil mehr Rechtsunsicherheit und Beschränkungen des freiheitlichen Internets. "Einerseits soll weiterhin die Presse- und Meinungsfreiheit gelten, auch die Informationsfreiheit wird groß geschrieben", sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernahrd Rohleder. Andererseits würden diese grundlegenden Prinzipien eines freiheitlichen Internets eingeschränkt, "indem bestimmte Informationen von Suchmaschinen nicht mehr angezeigt werden dürfen". Rohleder kritisierte, "die Richter lassen offen, in welchen Fällen Ergebnisse gelöscht werden müssen". Die vorliegende Entscheidung sei in der Praxis gar nicht umsetzbar. "Würde man das Urteil konsequent umsetzen, müssten die Suchmaschinenbetreiber auf Anforderung für jeden Link eine Einzelfallprüfung vornehmen, in der verschiedene Interessen (...) abgewogen werden."
    Lob von der deutschen Politik
    Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) lobte das Grundsatzurteil als Stärkung der Datenschutzrechte von Verbrauchern im Internet. Der EuGH habe klargestellt, dass das Datenschutzrecht des Landes gelte, "in dem das Unternehmen am Markt tätig ist und sein Geld verdient". Weltweit tätige Internetfirmen "dürfen nicht einfach dadurch europäische Datenschutzstandrads umgehen, dass sie die relevante Datenverarbeitung außerhalb der EU durchführen", erklärte der Minister. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz, sagte, der Europäische Gerichtshof unterstreiche seinen Willen, den Schutz der Grundrechte und der Privatheit im Internet zu gewährleisten.
    (bor/sdö/nch)