"Ich zeige dir Mathe. Und Rechnen von Aufgaben der 2. Klasse…"
Das ist eine von vielen Lernplattformen, die im Internet angeboten werden - und zwar zielgenau für Schüler der Klassenstufen 1 bis 8. Damit haben die Datenschützern kein Problem, es sei denn, auch Schulen richten sich Online-Lernplattformen mit weit mehr Funktionen ein, sagt der thüringische Datenschutzbeauftragte Lutz Hasse.
"Also diese Lernplattformen - oder Lehrplattformen heißen sie auch manchmal - schießen im Moment so ein bisschen ins Kraut."
Denn längst stellen die Schulen nicht nur Hausaufgaben und Unterrichtsinhalte auf die Plattform, die online von Schülern wie Lehrern bearbeitet werden können. Zunehmend finden sich dort auch sensible personenbezogene Daten wie Schulnoten.
Zugriffsberechtigungen nicht immer klar
"Wir Datenschützer haben ja immer den speziellen Blick und vermuten immer das Böse hinter allem. Da besteht eben die Gefahr einer Profilbildung, die auch zu unlauteren Zwecken eingesetzt werden kann. Man stelle sich vor, einer macht Karriere in der Wirtschaft oder in der Politik, und da kommt jemand und gräbt die grottigen Zensuren in Mathe aus. Da besteht ein Erpressungspotential, meinen wir."
Lutz Hasse leitet im Kreis der 16 Landesdatenschutzbeauftragten die Arbeitsgruppe "Datenschutz und Bildung". Die große Schwachstelle im Umgang mit Online-Lernplattformen: Nicht immer definieren die Schulen den Kreis der Zugriffsberechtigten klar. Manche achten auch nicht darauf, dass die Software es ermöglichen muss, entsprechende Befugnis-Häkchen zu setzen.
"Etwa, dass der Englischlehrer nur auf die Englisch-Noten Zugriff hat und auch nur auf die eines bestimmten Kurses und nur auf die einer bestimmten Schule. Andererseits darf ein Schüler - und vielleicht noch seine Eltern - nur seine eigenen Daten einsehen und nicht auch noch die Bewertungen und Noten der anderen Schüler."
Das gilt längst schon für den Unterricht mit analogen Mitteln. Lehrer, die Zensuren laut in der Klasse ansagen, bewegen sich ebenso am Rande des Zulässigen wie Direktoren, die papiernen Klassenbücher nicht nach Ablauf einer bestimmten Frist einem Archiv anbieten oder sie zerstören. Eine solche Löschfrist müssen auch elektronische Lernplattformen vorsehen, heißt es in der Orientierungshilfe, die die Arbeitsgruppe "Datenschutz und Bildung" erarbeitet hat und die die Datenschützer-Konferenz in Schwerin nun billigte. Denn, so Lutz Hasse:
"Die Lehr- oder Lernplattformen finden wir eigentlich als Datenschützer auch ganz gut, weil sie eine Kommunikationsmöglichkeit bieten als Ersatz für WhatsApp oder Facebook. Und spätestens seit dem Safe-Habour-Urteil des Europäischen Gerichtshofs sind Datenflüsse in die USA - und bei WhatsApp und Facebook landen die Daten in amerikanischen Clouds - nicht sicher. Und Facebook oder WhatsApp stellen ja auch Profile her und verkaufen die. Und das wäre bei solchen schul- oder schulbezirksinternen Plattformen besser, wenn man es datenschutzrechtlich richtig anstellt. Und dafür haben wir eben eine solche Orientierungshilfe gemacht."
Mehr Sicherheit per WhatsApp
Keine Sorge: Ein Hausaufsatz über "Mein schönstes Ferienerlebnis" mit womöglich vielen privaten Details soll auch per elektronische Lernplattform möglich sein. Doch die Schulen erfahren, was sie datenschutzrechtlich beachten und wo sie technisch Hilfe erhalten können, wenn sie eine solche Plattform einrichten.
Übrigens: Auch wer Schulinterna über WhatsApp austauscht, wird gestern die Nachricht erhalten haben, dass die Text-Kommunikation ab sofort von Ende zu Ende verschlüsselt wird. Sobald also ein Text gesendet wird, ist er unlesbar für Dritte - angeblich sogar für WhatsApp. Nur der angeschriebene Empfänger kann den Text wieder lesen. Eine gute Nachricht aus Sicht der Datenschützer?
"Also, wäre schön. Würde mich freuen. Aber wir sind ja auch immer misstrauisch, wir Datenschützer. Denn bevor verschlüsselt wird, gibt es so eine kleine Zeiteinheit. Da könnte man ansetzen, um Daten abzusaugen. Also, da muss ich jetzt mal nachhaken."