Jule Reimer: Das Internet als solches und Apps, spezialisierte Internetangebote, erlangen in diesen Zeiten der Corona-Pandemie eine ganz neue Bedeutung – zum Beispiel als Informationsquelle für die Regierungen. In Südkorea etwa werden die Standorte nachweislich infizierter Menschen mit sogenannten Corona-Livetracking-Apps anonymisiert veröffentlicht. Damit wissen aber andere Nutzer, welche Orte sie meiden sollen. Auch in Deutschland will das Robert-Koch-Institut ein vergleichbares Projekt starten. Das funktioniert, wenn Smartphone-Nutzer den Behörden freiwillig den Zugriff auf ihr Bewegungsprofil erlauben und rückmelden, falls sie positiv auf Corona getestet wurden.
Ich bin verbunden mit Martin Meingast von der Initiative "Deutschland sicher im Netz" (DsiN). Das ist ein gemeinnütziges Bündnis, dem Digitalunternehmen, aber auch Vereine wie der Kinderschutzbund angehören und die Verbraucher und kleinere Unternehmen beim souveränen Surfen unterstützen wollen. - Herr Meingast, viele neue Apps versprechen jetzt ständig aktualisierte Informationen, Tipps und Hinweise rund um das Thema Corona. Was gibt es da alles?
Martin Meingast: Da gibt es eine ganze Bandbreite. Da gibt es tatsächlich Anbieter, die genauso eine Online-Karte, wie Sie sie gerade schon angesprochen haben, angeblich jetzt bieten können. Da gibt es Newsticker, die laufend aktuelle Zahlen zur Infektionsrate verbreiten, bis hin zu angeblichen Anti-Viren-Apps, die behaupten, wenn man sie auf dem Smartphone installiert, dann ist man auch vor Corona geschützt. Schon das letzte Beispiel zeigt, dass natürlich dabei vieles unseriös ist oder schlimmer, sogar noch betrügerisch, denn natürlich kann man sich mit einer Anti-Viren-Software auf dem Handy nicht vor Corona schützen.
App könnte Informationen auslesen
Reimer: Das heißt, falsche Informationen sind ein ganz wichtiger Aspekt, bloß nicht einfach so glauben. Es gibt aber noch andere Probleme, auch technischer Art.
Meingast: Richtig! Es geht nicht nur darum, dass die Informationen, die dort verbreitet werden, oftmals nicht der Wahrheit entsprechen, sondern es geht auch darum, dass diese Tools, Webseiten oder Apps genutzt werden, um andere betrügerische Ziele zu verfolgen. Installiert man eine solche App beispielsweise auf dem Smartphone, dann geht man das Risiko ein, dass diese App Informationen auslesen kann, dass diese App mitliest, wenn man auf dem Smartphone Online-Banking betreibt. Wenn man so eine Webseite auf dem PC öffnet, dann geht man das Risiko ein, dass der PC mit einer Schadsoftware infiziert wird. Andere wiederum sammeln über solche Apps oder Webseiten Daten über Sie, die sie dann wiederum weiterverkaufen können. Das heißt, da gibt es eine ganze Bandbreite von betrügerischen oder kriminellen Aktivitäten im Hintergrund.
Reimer: Beginnen wir mal bei einer App, die ich mir auf dem Smartphone herunterlade. Wie kann ich solche Fallen umschiffen?
Meingast: Grundsätzlich empfehlen wir immer bei solchen Geschichten, die Angebote sorgfältig zu prüfen, bevor man sie installiert. Bei einer App auf dem Smartphone gibt es ein paar einfache Fragen, an denen man sich orientieren kann: Wer steckt hinter dem jeweiligen Angebot? Wer ist der Anbieter? Kennt man den, ist das ein seriöser Anbieter, ist das eine Institution, die man auch aus anderem Zusammenhang kennt? Wo hat der seinen Sitz? Welche Bewertung hat diese App beispielsweise auch im App-Store? Gibt es da Rezensionen, wo andere darüber berichten, ob diese App bei ihnen funktioniert hat und ob sie Auffälligkeiten gesehen haben? Sobald man an irgendeiner Stelle skeptisch wird, sollte man im Zweifel die Finger von dieser App lassen.
Bei Apps grundsätzlich empfehlen wir darüber hinaus, nur Apps tatsächlich aus den offiziellen App-Stores zu beziehen und nicht über irgendwelche andere Anbieter.
Bei Apps grundsätzlich empfehlen wir darüber hinaus, nur Apps tatsächlich aus den offiziellen App-Stores zu beziehen und nicht über irgendwelche andere Anbieter.
"Man kann auch ohne Viren-Software sicher durchs Netz surfen"
Reimer: Das heißt, bei Apple ist das der App-Store und bei Android, beim anderen System, ist das der Play-Store.
Meingast: Richtig.
Reimer: Anti-Viren-Programme auf dem Computer und auf dem Handy, helfen die?
Meingast: Die können tatsächlich einen zusätzlichen Schutz bieten. Man muss aber sagen, dass der zusätzliche Schutz durch so eine Software nicht so groß ist oder so enorm ist, wie man das vom PC her kennt. Da ist es ja grundsätzlich Pflicht, eine Anti-Viren-Software zu benutzen. Auf dem Handy kann das ein zusätzlicher Faktor sein, aber wir sagen, wenn man einige grundlegende Schutzmaßnahmen ergreift und sein Verhalten überprüft, dann kann man auch ohne Viren-Software auf dem Handy sicher durchs Netz surfen.
Reimer: Verhalten überprüfen, das geht los: Ich lade die App herunter. Auf was sollte ich bei der Installation achten?
Meingast: Sobald Sie eine App installieren, werden Sie in der Regel darum gebeten, bestimmte Rechte dieser App einzuräumen und zu gewähren, und da kann man schon auf einen Blick sehen, ob das zum Beispiel zu dem passt, was diese App angeblich bietet.
App mit Infektionszahlen braucht keinen Zugriff aufs Telefonbuch
Reimer: Geben Sie mal ein Beispiel?
Meingast: Eine App, die zum Beispiel aktuelle Zahlen zur Infektion liefert, braucht normalerweise keinen Zugriff auf das Telefonbuch, das auf dem Handy ist. Das heißt: Wenn Sie so ein Missmatching zwischen den angeforderten Zugriffsrechten und dem, was die App eigentlich machen soll, feststellen, dann können Sie schon mal davon ausgehen, dass hier irgendwas nicht in Ordnung ist.
Darüber hinaus ist es natürlich so, dass bei den neueren Versionen von Android und IOS es möglich ist, individuelle Rechte den Apps auch wieder zu entziehen. Das heißt, es macht Sinn, durchaus bei Apps, die Sie schon mal installiert haben, zu gucken, welche Berechtigungen die einfordern, indem Sie einfach in die Einstellungen Ihres Smartphones gehen und dort bei der App gucken, was hat die für Berechtigungen, und dann im Zweifel Berechtigungen wieder entziehen.
Reimer: Ganz wichtig, sagen Sie auch, regelmäßige Updates automatisiert zulassen. Das steht wo? Wo finde ich diese Einstellung?
Meingast: Das können Sie beim Play-Store beispielsweise in den Einstellungen einstellen. Dort können Sie die automatischen Updates aktivieren. Und bei IOS ist das ebenfalls im App-Store möglich.
Reimer: Welche Apps sind seriös?
Meingast: Da gibt es eine ganze Reihe von ganz offiziellen Stellen. Sie haben das Robert-Koch-Institut vorhin schon erwähnt. Die haben eine eigene Webseite zum Thema Corona erstellt. Es gibt vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz eine App, die nennt sich "NINA", die man sich kostenlos bei IOS und Android herunterladen kann, die über aktuelle Dinge informiert. Es gibt von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung eine Seite unter www.Infektionsschutz.de, wo man sich über Corona informieren kann. Das heißt, es gibt eine ganze Reihe ganz offizieller Angebote, die man nutzen kann.
Man muss auch betonen: Es gibt durchaus andere Apps oder Angebote, die vielleicht einen seriösen Hintergrund haben, aber die kochen auch nur mit Wasser. Die nutzen die gleichen Informationen, die auch die offiziellen Seiten bieten.
Man muss auch betonen: Es gibt durchaus andere Apps oder Angebote, die vielleicht einen seriösen Hintergrund haben, aber die kochen auch nur mit Wasser. Die nutzen die gleichen Informationen, die auch die offiziellen Seiten bieten.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.