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Datenschutz
WhatsApp wird "größter Krypto-Messenger der Welt"

WhatsApp, Marktführer bei den Messenger-Apps, hat in der neuesten Version eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung eingeführt. Damit werden Nachrichten direkt auf dem Smartphone verschlüsselt und bleiben es auf dem kompletten Weg bis zum Empfänger, betont Martin Holland vom c't-Magazin im DLF: "Auf dem Weg kann niemand reingucken, weder Polizei, Verbrecher und auch WhatsApp nicht."

Martin Holland im Gespräch mit Stefan Römermann |
    Auf einem Smartphone werden nebeneinander die beiden Apps von WhatsApp und Facebook angezeigt.
    WhatsApp könnte mit seiner Ende-zu-Ende-Verschlüsselung auch Datenschutz-Experten überzeugen (dpa / Michael Kappeler)
    Stefan Römermann: SMS, die sind für viele Smartphone-Besitzer längst völlig out. Schon seit ein paar Jahren laufen Messenger-Dienste der klassischen SMS den Rang ab, allen voran Marktführer WhatsApp. Doch der stand bisher immer wieder in der Kritik, weil er mit Datenschutzproblemen zu kämpfen hatte. Jetzt sollen alle Nachrichten auf allen Geräteplattformen standardmäßig verschlüsselt werden. Darüber spreche ich jetzt mit meinem Kollegen Martin Holland vom c't-Magazin. Herr Holland, zuerst mal eine ganz kurze technische Frage. Was ist denn eigentlich eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, die jetzt da ja offenbar durchgeführt wird?
    Martin Holland: Genau. Bislang war es so, dass die Nachrichten auch schon verschlüsselt waren, aber nur auf dem Weg. Das heißt, vom Smartphone zu WhatsApp waren sie verschlüsselt, zu den Servern von WhatsApp, und dann wurden sie dort noch mal entschlüsselt und dann ging es wieder verschlüsselt weiter. Jetzt werden die Nachrichten direkt auf dem Smartphone der Nutzer verschlüsselt und sind den kompletten Weg über verschlüsselt, bis sie beim Empfänger ankommen. Das heißt, auf dem Weg kann niemand reingucken, weder Polizei, Verbrecher oder irgendjemand, und auch WhatsApp nicht. Das ist der Unterschied.
    Römermann: Wie läuft das Ganze in der Praxis ab? Wie muss ich mir das vorstellen? Wie sieht das aus?
    Holland: Für uns als Nutzer ändert sich da gar nichts. Wir kriegen das gar nicht mit. WhatsApp macht das. Man kann sich zwar anzeigen lassen, ob sich an der Verschlüsselung was ändert, aber eigentlich geschieht das alles im Hintergrund. WhatsApp sagt, dass jetzt alle Nachrichten immer Ende zu Ende verschlüsselt werden, egal wo sie hingehen. Darauf muss man sich jetzt verlassen. Das werden sich jetzt die Leute angucken. Wir und unsere Kollegen gucken sich das an, aber auch sonst, und dann wird man das sehen. Aber so ist es, dass wir da gar nichts mitkriegen und sich das einfach allgemein ändert.
    Römermann: Sie sagen, Sie gucken sich das noch mal an. Sie sind sich also noch nicht sicher, dass die Geheimdienste das zukünftig nicht vielleicht doch noch knacken können?
    Holland: Die Kollegen haben sich das auch letztes Jahr schon angeguckt. Man kann eigentlich relativ sicher sein. Es war bislang schon so, dass die Nachrichten zwischen Android-Smartphones verschlüsselt waren, und das hat auch funktioniert. Das war eine gute Verschlüsselung. Der Entwickler, der dahinter ist, in der Verschlüsselungsszene ist das ein sehr bekannter Mensch, der da wirklich auch seinen Namen mit verbunden hat. Da kann man sich drauf verlassen. Aber natürlich muss man es immer überprüfen. Aber so wie es aussieht und wie WhatsApp das sagt, kann man wirklich sagen: Ja, die haben das gut gemacht.
    Römermann: WhatsApp war ja früher, ich sage mal ein bisschen überspitzt, so eine Art Datenschutz-Katastrophe. Da haben viele Verbraucherschützer vor gewarnt. Sind die jetzt zum Musterschüler geworden?
    Holland: Ja, offensichtlich. Das ist jetzt inzwischen ein Verkaufsargument. Wahrscheinlich ist das Deutlichste da der NSA-Skandal und die Snowden-Enthüllungen, die gezeigt haben, dass Datenschutz nicht nur bei uns durchaus ein Thema ist, womit man Kunden gewinnen kann. WhatsApp hat zwar keine Konkurrenten, die genauso viele Nutzer haben, aber es gibt zumindest ein paar, die doch ein paar Dutzend oder ein paar Hundert Millionen Nutzer haben und die diese Verschlüsselung als zentrales Kaufargument oder als Unterscheidungsmerkmal hatten, und das fällt jetzt weg und jetzt hat WhatsApp dieses wichtige Merkmal eben auch.
    Verschlüsselung ist technisch gut gelöst
    Römermann: Wo gibt es denn eventuell trotz alledem noch Probleme bei WhatsApp?
    Holland: Jetzt muss man wie gesagt erst mal gucken, ob das technisch richtig gemacht wurde, aber sie haben da sehr viel offengelegt und man kann sich das angucken. Im Moment würde ich sagen, dass man da jetzt nicht direkt was Schlechtes finden kann, jetzt allein von den Sachen, die WhatsApp selbst gesagt hat. Da jetzt überall komplett verschlüsselt wird, ist das erst mal gut so.
    Römermann: In der Vergangenheit hatten ja andere Dienste wie beispielsweise der Schweizer Dienst Threema ganz gut sich als Konkurrenz mit diesen Datenschutz-Argumenten positioniert. Können die sich jetzt warm anziehen, oder ist das Argument, dass der Standort der Server in Amerika sitzt, immer noch irgendwo von Relevanz?
    Holland: Wenn WhatsApp das so gemacht hat, wie sie das erklären, dann ist es per se erst mal nicht von Relevanz, zumindest für aktuelle Nachrichten. Natürlich kann man darüber nachdenken, ob vielleicht irgendwann mal in ferner Zukunft Computer schnell genug sind, das zu entschlüsseln, aber das sind jetzt alles eher theoretische Überlegungen. Ansonsten - die direkte Konkurrenz der Messenger, manchmal haben die verschiedene Unterscheidungsmerkmale. Da wird zum Beispiel deutlicher darauf hingewiesen, wie sicher ist auch wirklich der Gegenüber, mit dem ich kommuniziere, was ja bei Verschlüsselung auch wichtig ist. Aber das sind eher Detailfragen. Die große Sache ist jetzt tatsächlich, dass WhatsApp jetzt der größte Krypto-Messenger der Welt ist und damit auch direkt auf diesem Feld mit den Diensten konkurriert.
    Römermann: WhatsApp will Nachrichten zukünftig sicher verschlüsseln - vielen Dank an Martin Holland vom c't-Magazin.
    Holland: Gerne.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.