Fotos sind für Andrea Loof das wichtigste Ausdrucksmittel ihrer Arbeit. Und ein gutes Fotos lebt erst, wenn es Menschen zeigt. Doch zurzeit ist sie total verunsichert, was sie darf und was nicht. Ursache ist die neue Datenschutzgrundverordnung, die DSGVO:
"Im Moment ist die Lage so, dass eigentlich keiner so richtig weiß, was passiert, was kommen wird. Die Fotografen unterhalten sich natürlich. Alle sind in Aufruhr, weil auch mit Strafen natürlich gedroht wird, und die sind nicht ganz unerheblich, so wie man das gerade aktuell hört. Unheimlich schwer, sich zu informieren."
Alles auf den Kopf gestellt
Daniela Loof ist unterwegs beim Fotoshooting für die nächste Ausgabe. Sie ist die Fotochefin der "Autozeitung". Seit sie weiß, dass das Aufnehmen, Speichern und Veröffentlichen von Fotos mit Menschen als personenbezogene Datenverarbeitung gilt, scheint alles, was bisher üblich war, auf den Kopf gestellt:
"Was wir wissen, ist halt, dass wir eigentlich erstmal ganz ordentlich zurückrudern müssen. Und sollen wir auf unseren Homepages die Bilder entfernen? Das Impressum erweitern müssen, um die Datenschutzverordnung? Aber im Grunde schwimmen wir gerade alle ein bisschen in der Luft."
Nur noch Fotos für die Presse?
Verlage, Fotografen, Videoproduktionsfirmen oder Agenturen, die auch gewerblich Fotos nutzen, sind bei den Regelungen der DSGVO in einer Zwickmühle. Dirk Feldmann, Jurist des Berufsverbands Freelens, hält das Fotografieren für die Presse für problemlos. Dabei sei aber die Auslegung, wer dazu gehört, sehr eng zu ziehen:
"Wenn man den Wortlaut der DSGVO nimmt, so wie es viele dogmatisch vorgehende Juristen tun, dann ist die Verwendung von Fotos, die personenbezogene Daten enthalten, in Zukunft sehr, sehr eingeschränkt. Dürfen haben darf ich nur noch Aufnahmen, die zu Pressezwecken verwendet werden. Fotos, die personenbezogene Daten enthalten, die zu anderen Zwecken verwendet werden sollen, zum Beispiel zu Zwecken für Blogs etwa, dürften dann nur noch mit ausdrücklicher Einwilligung des Betreffenden, der hier seine Personendaten wiederfinden würde, verwendet werden."
Die Medien sollen künftig durch Regelungen im Rundfunkstaatsvertrag und den Landesmediengesetzen von den Vorschriften der DSGVO weitgehend ausgenommen werden. Aber nur in wenigen Bundesländern wurden die Gesetze vorab angepasst.
"Es fehlen Regelungen"
Viele Fotografen und Videofilmer würden demnach nicht von dieser Ausnahmeregelung profitieren. Gerade freiberufliche Journalisten oder Fotografen, die für verschiedene Auftraggeber arbeiten, eigenständig in Social Media veröffentlichen oder auch mal ein Foto in der Hoffnung machen, sie könnten es später an die Presse verkaufen, müssen radikal umdenken.
Ebenso wie Hobbyfilmer oder Mitarbeiter von Vereinen, die Gruppenfotos machen, oder Pressestellen, die Veranstaltungen ablichten. Joachim Sauer ist Chefredakteur des Fachmagazins Videoaktiv. Er meint, die Situation sei durch die DSGVO für Anwender unübersichtlich:
"Wir haben unheimlich viele Anfragen bekommen, auf gut deutsch: Es fehlen Regelungen, es fehlen klare Erklärungen, wie es gemeint ist. Wäre ganz klar die Bundesregierung am Ende gefordert, die hier eine ganz klare Stellungnahme macht beziehungsweise ganz klare Regelung schafft."
Einwilligung schon bei der Anfertigung notwendig
Zudem muss diese Abwägung immer vor der Anfertigung eines Fotos oder Videos gemacht werden und nicht erst vor der Veröffentlichung. Dies ist das entscheidend Neue, sagt Rechtsanwalt Christian Solmecke, der sich auf die Interpretation des Gesetzes durch die Bundesregierung bezieht:
"Ja, wenn es nach der Meinung des Bundesinnenministeriums geht, dann gelten datenschutzrechtliche Vorschriften schon dann, wenn man ein Bild anfertigt. Das wird aber auch bedeuten, dass ich einen Betroffenen über seine Datenschutzrechte belehre, dass ich ihm sage, dass er jederzeit die Einwilligung für das Foto widerrufen kann, möglicherweise noch einen Datenschutzhinweis aushändigen. Finde ich alles ein bisschen sehr weit hergeholt, aber es gibt jetzt diese Ansicht des Innenministeriums."
Andere Länder wie Schweden oder auch Österreich haben vor Inkrafttreten der in ganz Europa gültigen Datenschutzgrundverordnung von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, bestimmte Gruppen auszunehmen oder Übergangsregelungen zu bestimmen. In Deutschland werden erst Gerichtsurteile für Klarheit sorgen.