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Datenspionage
Ermittlungen gegen "Unbekannt"

Generalbundesanwalt Harald Range hat wegen des mutmaßlichen Lauschangriffs auf ein Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Ermittlungen aufgenommen. Die mögliche massenhafte Datenspionage in Deutschland durch britische und US-amerikanische Nachrichtendienste bleibe "weiter unter Beobachtung".

04.06.2014
    Ein Mann hält ein Apple iPhone 4S, auf dem der fiktive Kontakt Angela Merkel anruft und ein Bild der Bundeskanzlerin zu sehen ist.
    "Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte": Wegen des möglichen Lauschangriffs auf das Handy von Bundeskanzlerin Merkel will Generalbundesanwalt Range ermitteln. (picture-alliance/ dpa/ Jan-Philipp Strobel)
    Range sagte im Rechtsausschuss des Bundestages, seine Behörde ermittle "gegen Unbekannt wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit im Zusammenhang mit der möglichen Ausspähung eines Mobiltelefons der Bundeskanzlerin". Nach Angaben der Generalbundesanwaltschaft gibt es dafür "zureichende tatsächliche Anhaltspunkte". Im Visier stehe dabei der US-Geheimdienst NSA.
    Nach Informationen des Ex-NSA-Mitarbeiters Edward Snowden wurde von dem Nachrichtendienst massenweise die private und geschäftliche Kommunikation der Bundesbürger ausgespäht. In diesem Fall will Range weiter prüfen, ob er ein Verfahren einleite. Denn bisher gebe es "keine zureichenden Tatsachen für konkrete, mit den Mitteln des Strafrechts verfolgbare Straftaten". Auch die knapp 2000 Strafanzeigen hätten keine weitergehenden Erkenntnisse erbracht. Die Prüfung des Falls hatte die Behörde vor einem Jahr begonnen. "Im Ergebnis bleibt mithin die abstrakte Annahme, dass britische und US-amerikanische Nachrichtendienste ebenso wie die Geheimdienste anderer ausländischer Staaten versuchen, auch mit modernen elektronischen Mitteln Erkenntnisse in Deutschland zu erlangen", teilte die Behörde mit.
    Generalbundesanwalt Harald Range gibt am 14.03.2014 in der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe (Baden-Württemberg) eine Erklärung ab.
    Generalbundesanwalt Harald Range will wegen des abgehörten Handys Merkels nun doch ermitteln. (dpa / Uli Deck)
    Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte, weder er noch andere Mitglieder des Kabinetts hätten Druck auf Range ausgeübt, Ermittlungen einzuleiten. Er "habe von Anfang an großen Wert darauf gelegt, dass der Generalbundesanwalt als Spitze der Ermittlungsbehörde diese Entscheidung selbst treffen muss, und zwar nach Recht und Gesetz", sagte der SPD-Minister im Deutschlandfunk.
    Referat "Cyberspionage"
    In der Generalbundesanwaltschaft ist künftig das Referat "Cyberspionage" mit möglichen massenhaften Angriffe ausländischer Geheimdienste auf den Internet- und Telefonverkehr sowie auf die digitale Infrastruktur in Deutschland betraut. Das Referat leite eine erfahrene Bundesanwältin.
    Laut einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" setzte sich Range mit der Entscheidung für Ermittlungen im Fall Merkels gegen starke Bedenken aus seinem eigenen Haus durch. Demzufolge entzog der Generalbundesanwalt dem bislang damit befassten Referat die Zuständigkeit für den Fall.
    Range reagierte mit der Entscheidung offenbar auf den Sturm der Empörung, den in der vorigen Woche Berichte über eine geplante Einstellung beider Prüfvorgänge ausgelöst hatten. Am Nachmittag wird er in Karlsruhe in einer Pressekonferenz die Öffentlichkeit informieren.
    (sdö/sima)