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Dauerkrise an Berufskollegs

Seit gut 20 Jahren immer das Gleiche: Ausbildungsbetriebe kritisieren den hohen Unterrichtsausfall an Berufsschulen und die zucken hilflos mit den Schultern, da sie einfach keine Fachlehrer finden. Ganz besonders brisant ist die Situation in den technisch orientierten Fächern.

Von Stephanie Kowalewski | 30.06.2012
    Stephanie Kowalewski ist der Frage unter anderem in einem Mönchengladbacher Ausbildungsbetrieb mal nachgegangen.
    Für Denis und Marlon stand schon am Anfang ihrer Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker der Abschluss auf dem Spiel, sagen sie.

    "Ja, weil die Lehrer halt nie da waren und man sich den Stoff dann sozusagen selber beibringen musste. Man lernt halt nicht wirklich was und das Theoretische ist schon wichtig. Ja, hab ich schon in Gefahr gesehen die Ausbildung."

    Hilfesuchend wandten sie sich an ihren Chef Thomas Lamparter und der zog dann die Notbremse. Er nahm die Auszubildenden von dem unter chronischem Lehrermangel leidenden Berufskolleg und meldete sie an einer Berufschule an, wo noch genügend Fachlehrer unterrichten.

    Eigentlich findet der Unternehmer die Idee des dualen Systems aber sehr gut.

    "Grundsätzlich ist das eigentlich eine Entlastung für die Unternehmen, dass die halt gewisse Dinge nicht mehr vorhalten müssen in der Ausbildung, sondern dass das zentralisiert ist in der Berufschule. Nur wenn man dann sieht, dass man die Schüler freistellt für den Berufsschulunterricht und der ist halt nicht in einem ausreichenden Maß gegeben, dann ist es natürlich schon schwierig an das duale System zu glauben."

    Peter Fischer, Obermeister der KFZ-Innung in Mönchengladbach, hat den Glauben an das duale System schon fast verloren. Er erinnert an die Anfänge der Berufsschulen:

    "Dort ist der Staat mit uns die Verpflichtung eingegangen, junge Menschen theoretisch zu unterweisen. Ich bin der Meinung, dass er zurzeit seiner Verpflichtung nicht nachkommt und auch in Zukunft seiner Verpflichtung nicht nachkommt. Die Verantwortung liegt bei den Politikern. Seit 20 Jahren wird viel zu wenig da getan."

    Immerhin hat die NRW-Regierung vor einigen Monaten einen Maßnahmenkatalog vorgelegt, wie denn der Mangel an Berufsschullehrern nun endlich in den Griff zu kriegen sei. Doch heute ist von Freude bei vielen Ausbildungsbetrieben nichts mehr zu spüren, weiß Peter Fischer.

    "Jetzt hatten wir Neuwahlen und prompt lesen wir dann – 500 Stellen streichen bis 2017. Also, ich habe große Sorgen, dass es bald zum Gau kommen wird, wenn noch mehr Lehrer pensioniert werden. Die Stimmung ist hoch explosiv."

    Und Axel Fuhrmann, Hauptgeschäftsführer der größten NRW-Handwerkskammer Düsseldorf ergänzt:

    "Es ist kein NRW-Problem. Es ist ein deutschlandweites Problem. In der ein oder anderen Region mag es besser aussehen, aber man hat lange Zeit versäumt, für diesen Lehrerberuf an Berufsschulen zu werben und jetzt erleben wir, dass wir an vielen Schulen große Probleme haben, den Unterricht überhaupt aufrecht zu erhalten."

    Deswegen, meint auch Thomas Lamparter, müsste nun wirklich alles unternommen werden, um mehr Fachlehrer an die Berufskollegs zu kriegen, denn nur so sei das duale System auf Dauer erfolgreich.

    "Wie haben so viele Abiturienten, die abgehen. Man müsste denen einfach von der Erwerbslage her vielleicht den Beruf des Berufsschullehrers attraktiver, schmackhafter machen."

    Immerhin buhlen nicht nur die Berufsschulen um die Besten, sondern auch die Wirtschaft. Und da ist meist mehr Geld zu verdienen. Für den Obermeister Peter Fischer ist es jedenfalls fünf vor zwölf. Um den chronischen Mangel an den Berufskollegs ein wenig aufzufangen, habe man ja schon vor vielen Jahren die überbetriebliche Ausbildung eingeführt. Den theoretischen Unterricht will er aber nicht auch noch den Betrieben zumuten.

    "Wir könnten das, aber das müssten wir in Privatregelungen machen und das kann nicht sein."

    Und die Auszubildenden wünschen sich überhaupt mal irgendeine Lösung, denn die Berufschule ist im dualen System für sie genauso wichtig, wie die Ausbildung im Betrieb.

    "Weil die Sachen, die man halt in der Theorie in der Schule durchnimmt, macht man halt definitiv nicht während der Arbeit. Von daher ist es schon wichtig, dass man Lehrer hat, die einem das theoretisch intensiv erklären können."