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David Chipperfields "Museo delle Culture"
Afrikanische Geister auf schwarzem Bodenbelag

Der britische Stararchitekt David Chipperfield liegt im Streit mit der Stadtverwaltung Mailands wegen der angeblich dilettantischen Ausführung des Fußbodenbelages in seinem Museo delle Culture. Doch die wollte den Bau noch vor der Weltausstellung Expo 2015 präsentieren.

Von Henning Klüver |
    Der Star-Architekt David Chipperfield
    Der Star-Architekt David Chipperfield (picture alliance / dpa / Jörg Carstensen)
    Das ist eine geheimnisvolle, fremde Welt: antilopenartige Chiwara-Figuren, Königsstatuen aus dem Kongo und Masken aus Bénin. Ein Voodoo-Altar aus Togo, der sich aus eher zufällig aufgestellten Figuren und Sammelstücken zusammensetzt, soll böse wie gute Geister besänftigen und unterhalten. Und Schriften mit Volksweisheiten erklären unter anderem, dass sogar der gewaltigste Sturm nicht die Flecken vom Fell des Leoparden lösen könnte. Die Mailänder Ausstellung "Afrika – Land der Geister" versucht, einen Querschnitt durch Kunst und Kultur vor allem Zentralafrikas aus mehreren Jahrhunderten zu vermitteln. Wobei sie besonderen Wert auf die ästhetische Qualität der rund 270 Exponate legt.
    "Diese Ausstellung will auf Wunsch des Bürgermeisters von Mailand die Schönheiten Afrikas aufzeigen. Und das in der Folge von der Überschwemmung von Problemfällen, die man in Italien aus der Presse kennt, wo eigentlich nur das Negative von Afrika rüberkam. Wir versuchen, einem breiten Publikum die Qualitäten, die Schönheiten, aber auch die Hintergründe afrikanischer Skulptur und Masken nahe zu bringen."
    Afrikanische Kunst von großartigen Künstlern
    Der Züricher Ethnologe Lorenz Homberger ist einer der Kuratoren dieser Ausstellung, die belegen will, dass afrikanische Kunst von großartigen Künstlern stammt und nicht nur tribales Machwerk ist, wie man lange angenommen hatte.
    "Hier wollten wir schon Zeichen setzen, indem man den individuellen Meister, den Künstler in den Mittelpunkt rückt. Und Künstlernamen, die wir kennen, oder wenigsten Regionen, nach denen wir den Künstler benennen, das ist eines der Wahrzeichen dieser Ausstellung."
    Mit der wurde in Mailand das neue "Museo delle Culture" feierlich eröffnet, das David Chipperfield projektiert hat. Doch hat es die offizielle Seite vermieden, bei der Eröffnungsfeier den Namen des Architekten zu nennen, der in einem bizarren Streit mit der Stadt als Auftraggeber sogar die Autorenschaft an seiner Arbeit zurückgezogen hatte. Anlass war die schlampige Verlegung des Steinfußbodens. Das Gebäude liegt innerhalb einer ehemaligen Industrieanlage und ist von außen kaum wahrzunehmen. Man betritt es durch ein relativ flaches Foyer. Am Ende dieses Eingangsbereiches führt eine von schwarzen Steinen gebildete Treppe in einen überdachten, strahlend hellen Innenhof, von dem die Museumsräume abgehen. Den Hof umschließt eine atemberaubend gewellte Fassade aus mattiertem Glas, die sich über zwei Stockwerke hinzieht und von innen beleuchtet wird.
    Streit um den schwarzen Bodenbelag
    "Der schwarze Bodenbelag der Treppe, des Hofes und der Museumsräume ist die Grundlage der Hell-Dunkel-Dramaturgie und bildet den notwendigen Kontrast zu den leuchtenden Glaswänden."
    Der Architekturkritiker Fulvio Irace, der am Mailänder Polytechnikum unterrichtet, zeigt sich irritiert. Um Geld zu sparen, wurde der Fußbodenbelag entgegen der Planung des Architekten geändert. Statt eines teueren Basalt aus dem Veneto begnügte man sich mit billigerem Lavastein vom Ätna. Und der wurde dann noch ruckzuck ohne ästhetische Abgleichung der verschieden getönten Platten verlegt, sodass auf dem Boden ein wildes Flickenmuster entstanden ist. Für die Stadt, die es plötzlich eilig hatte und das Museum eröffnen wollte, ein zu vernachlässigendes Problem. Für den Stararchitekten eine ästhetische Ohrfeige. Zumal ihm von der Stadt "unverständliche Sturheit" vorgeworfen wurde, als er eine Neuverlegung des Bodens forderte.
    "Schlimm ist, dass das für die Stadtverwaltung unbedeutend ist, dass sie den Unterschied nicht sieht. Sie hält das für eine Marotte des Architekten, was im Grunde eine Frage des Urheberrechtes ist."
    Fulvio Irace hofft, dass es dennoch zu einer Einigung zwischen Auftraggeber und Architekten kommt. Das Museum, das jetzt mit der Ausstellung über afrikanische Kunst gleichsam vorläufig eröffnet wurde, soll im Herbst die ethnologischen Sammlungen der Stadt aufnehmen und außerdem ein Forum für die verschiedenen Gruppen von Ausländern sein, die in Mailand leben. Bis dahin könnte der Schaden behoben werden und der Architekt sich auch wieder zu seinem Werk bekennen.
    Vielleicht hilft ja auch der Voodoo-Altar, die streitenden Geister zu befriedigen. Schließlich ist der Bau von Chipperfield viel zu schön, um nicht ein Bau von Chipperfield zu sein.