Es sind wahrlich zwei funkelnde Kabinettstückchen, die der britische Schriftsteller und Verleger David Garnett mit seinen beiden Kurzromanen "Dame zu Fuchs" und "Mann im Zoo" in den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts vorlegte. Wobei "Dame zu Fuchs" von der Form her eigentlich eher der klassischen Novelle entspricht. Eine junge Frau wird von ihrem frisch angetrauten Ehemann zur Fuchstreibjagd genötigt. Sie entzieht sich diesem beliebten Zeitvertreib der höheren Gesellschaftsschicht auf unfreiwillige wie ungewöhnliche Weise: Als der Mann sich am Rande eines Wäldchens zu ihr umdreht, hat sich seine Gattin, deren Mädchenname sinnigerweise auch noch Fox lautet, in eine Füchsin verwandelt.
"Wo eben noch seine Frau gewesen war, stand mit leuchtend rotem Fell, ein kleiner Fuchs. Der schaute ihn flehentlich an, machte ein paar Schritte auf ihn zu, und Mr. Tebrick erkannte sogleich, dass es seine Frau war, die ihm da aus den Augen eines Tiers entgegenblickte."
Der Schreck ist groß, aber die Liebe hält dieser schockierenden Verwandlung stand. Wobei die Füchsin, die sich zunächst noch menschlich verhält, zunehmend verwildert, was zur Folge hat, dass der verzweifelte Ehemann sich immer tierischer gebärdet.
"Wo eben noch seine Frau gewesen war, stand mit leuchtend rotem Fell, ein kleiner Fuchs. Der schaute ihn flehentlich an, machte ein paar Schritte auf ihn zu, und Mr. Tebrick erkannte sogleich, dass es seine Frau war, die ihm da aus den Augen eines Tiers entgegenblickte."
Der Schreck ist groß, aber die Liebe hält dieser schockierenden Verwandlung stand. Wobei die Füchsin, die sich zunächst noch menschlich verhält, zunehmend verwildert, was zur Folge hat, dass der verzweifelte Ehemann sich immer tierischer gebärdet.
Auf groteske Weise blitzt das Tier im Menschen hervor
Zwei Jahre später, 1924, legte David Garnett mit "Mann im Zoo" eine weitere Geschichte vor, in der wiederum auf groteske Weise das Tier im Menschen hervorblitzt. In diesem Fall aber nimmt das menschliche Verhalten im Vergleich zum Tierischen weniger tragikomische als erkennbar lächerliche Züge an. Denn in "Mann im Zoo" findet keine kafkaeske Verwandlung statt, sondern eine Art Rollentausch. Das junge Liebespaar John Cromartie und Josephine Lackett besuchen an einem milden Februarsonntag den Zoologischen Garten. Die Harmonie ist allerdings schnell verflogen, denn die beiden geraten in Streit. Cromartie erwartet von seiner Zukünftigen deutlichere Zeichen der Zugehörigkeit zu ihm und mehr Abgrenzung von anderen. Josephine Lackett jedoch pocht – wenn auch reichlich kokett und obwohl sie ihn liebt - auf Unabhängigkeit. Und dann - auf dem Höhepunkt ihres Streits – fallen ihrerseits diese folgenschweren Sätze:
"Du bist Tarzan bei den Affen; du gehörst in den Zoo. Die Sammlung hier ist nicht vollständig ohne dich. Du bist ein Überbleibsel; Atavismus allerschlimmster Sorte. Was weiß denn ich, warum ich mich in dich verliebt habe – und das habe ich, aber ich kann keinen Tarzan heiraten, dafür bin ich nicht romantische genug. Ich sehe wohl, du glaubst, was du sagst. (…) Ich wiederhole es nur zu gern, du solltest dich hier im Zoo einsperren und ausstellen lassen, den Gorilla zu einer Rechten und den Schimpansen zu deiner Linken."
Cromartie ist – wie ihn Garnett in fein austarierter Balance zwischen Aufrichtigkeit und Dusseligkeit zeichnet – ein Mann der Ehre, der von einem einmal gefassten Entschluss nicht mehr lassen kann. Und so entschließt sich Cromartie aus Trotz zu einer Geste der Entsagung und folgt dem bösartigen Rat seiner Geliebten. Er empfiehlt sich der Zoologischen Gesellschaft als Ausstellungsexemplar der menschlichen Spezies und bezieht nach Bewilligung seines Anliegens einen komfortabel ausgestatteten Käfig im Affenhaus. Der Besucherandrang in den darauffolgenden Wochen ist überwältigend. Alle wollen den Menschen-Affen sehen, der sich ihnen in der Regel lesend präsentiert und das Gedränge völlig ignoriert.
Cromartie ist – wie ihn Garnett in fein austarierter Balance zwischen Aufrichtigkeit und Dusseligkeit zeichnet – ein Mann der Ehre, der von einem einmal gefassten Entschluss nicht mehr lassen kann. Und so entschließt sich Cromartie aus Trotz zu einer Geste der Entsagung und folgt dem bösartigen Rat seiner Geliebten. Er empfiehlt sich der Zoologischen Gesellschaft als Ausstellungsexemplar der menschlichen Spezies und bezieht nach Bewilligung seines Anliegens einen komfortabel ausgestatteten Käfig im Affenhaus. Der Besucherandrang in den darauffolgenden Wochen ist überwältigend. Alle wollen den Menschen-Affen sehen, der sich ihnen in der Regel lesend präsentiert und das Gedränge völlig ignoriert.
Wechselseitige Blick aus dem Käfig und in den Käfig hinein
Und nun dreht der Autor die Perspektive noch einmal um, indem sein Held seine tierischen Zellennachbarn plötzlich besser versteht als die geifernde Ansammlung vor den Gittern.
"Sie verhielten sich ihm gegenüber, wie sie es untereinander taten, das wurde ihm mit der Zeit klar, und ihm dämmerte, dass sie irgendwie verstanden hatten, dass er ausgestellt wurde wie sie selbst. (…) Die Haltung der Tiere zueinander war so ausgeprägt, dass Mr. Cromartie sie nicht nur an ihnen beobachtete, sondern schon bald auch an sich selbst wahrnahm. (…) Gewöhnlich zeichnete sie sich durch völlige Gleichgültigkeit aus, manchmal jedoch durch eine Mischung aus verächtlichem Gähnen und zynisch anerkennendem Grinsen."
David Garnett fügt dem Spiel mit dem wechselseitigen Blick aus dem Käfig und in den Käfig hinein mit spürbarem Vergnügen immer noch eine Pirouette hinzu. Dass dann aber auch noch ein schwarzes Menschen-Exemplar das Affenhaus bezieht, tut der amüsanten Geschichte allerdings nicht sonderlich gut. Und natürlich steht dann schließlich auch die etwas zerknirschte Josephine Lackett vor dem Gitter.
Garnetts Roman "Dame zu Fuchs" hält da sehr viel besser das Gleichgewicht zwischen komischer Zuspitzung und abgründiger Gesellschaftskritik. Dabei ging es Garnett in seinen beiden Büchern wohl nicht nur um die Infragestellung der Grenzen zwischen Kultur und Natur. Der bi-sexuelle Autor war Mitglied der Bloomsbury Group um Virginia Wolf und seine Geschichten sind getränkt vom Geist dieser legendären Künstlervereinigung, die bekanntlich im Großbritannien des frühen 20. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg auf verkrustete Vorstellungen von Sitte, Moral, Etikette, Ehe und Sexualität durchaus befreiend einwirkte. Die beiden vom Dörlemann Verlag wunderschön gestalteten Romane David Garnetts sind in diesem Sinne Liebesgeschichten, die aus ungewöhnlicher Perspektive an den Gitterstäben der Konventionen rütteln.
"Sie verhielten sich ihm gegenüber, wie sie es untereinander taten, das wurde ihm mit der Zeit klar, und ihm dämmerte, dass sie irgendwie verstanden hatten, dass er ausgestellt wurde wie sie selbst. (…) Die Haltung der Tiere zueinander war so ausgeprägt, dass Mr. Cromartie sie nicht nur an ihnen beobachtete, sondern schon bald auch an sich selbst wahrnahm. (…) Gewöhnlich zeichnete sie sich durch völlige Gleichgültigkeit aus, manchmal jedoch durch eine Mischung aus verächtlichem Gähnen und zynisch anerkennendem Grinsen."
David Garnett fügt dem Spiel mit dem wechselseitigen Blick aus dem Käfig und in den Käfig hinein mit spürbarem Vergnügen immer noch eine Pirouette hinzu. Dass dann aber auch noch ein schwarzes Menschen-Exemplar das Affenhaus bezieht, tut der amüsanten Geschichte allerdings nicht sonderlich gut. Und natürlich steht dann schließlich auch die etwas zerknirschte Josephine Lackett vor dem Gitter.
Garnetts Roman "Dame zu Fuchs" hält da sehr viel besser das Gleichgewicht zwischen komischer Zuspitzung und abgründiger Gesellschaftskritik. Dabei ging es Garnett in seinen beiden Büchern wohl nicht nur um die Infragestellung der Grenzen zwischen Kultur und Natur. Der bi-sexuelle Autor war Mitglied der Bloomsbury Group um Virginia Wolf und seine Geschichten sind getränkt vom Geist dieser legendären Künstlervereinigung, die bekanntlich im Großbritannien des frühen 20. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg auf verkrustete Vorstellungen von Sitte, Moral, Etikette, Ehe und Sexualität durchaus befreiend einwirkte. Die beiden vom Dörlemann Verlag wunderschön gestalteten Romane David Garnetts sind in diesem Sinne Liebesgeschichten, die aus ungewöhnlicher Perspektive an den Gitterstäben der Konventionen rütteln.
David Garnett: "Mann im Zoo"
Dörlemann Verlag, aus dem Englischen von Maria Hummitzsch, 160 Seiten, 17 Euro
David Garnett: "Dame zu Fuchs"
Dörlemann Verlag, Übersetzung von Maria Hummitzsch, 180 Seiten, 12,90 Euro
Dörlemann Verlag, aus dem Englischen von Maria Hummitzsch, 160 Seiten, 17 Euro
David Garnett: "Dame zu Fuchs"
Dörlemann Verlag, Übersetzung von Maria Hummitzsch, 180 Seiten, 12,90 Euro