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David gegen Goliath

Bei Santa Clara schlugen Fidel Castros Guerilleros die Soldaten Fulgencio Batistas. Der kubanische Diktator musste fliehen und die Revolutionäre übernahmen am 1. Januar 2009 die Macht. Damit forderten sie den US-Goliath heraus, der die Insel bisher politisch und wirtschaftlich dominierte.

Von Karl-Ludolf Hübener |
    Havanna in der Neujahrsnacht 1959. Der kubanische Diktator Fulgencio Batista hatte wenig zu feiern. Die Nachricht war niederschmetternd. Die bärtigen Guerilleros um Fidel Castro hatten in der Schlacht von Santa Clara seine Soldaten entscheidend geschlagen. Damit hatte die kubanische Revolution gesiegt. Mit einem Flugzeug floh der korrupte und brutale US-Zögling Batista aus Havanna in die Dominikanische Republik.

    Eine riesige Menschenmenge jubelte wenige Tage später auf dem Malecon, der Uferstraße in Havanna, den siegreichen "Bärtigen" um Fidel Castro zu. Wenig später wurde der Revolutionsführer zum Ministerpräsidenten gewählt. Sein Kampfgefährte Ernesto "Che" Guevara wurde Präsident der Nationalbank. Tiefgreifende soziale und wirtschaftliche Reformen standen auf dem Revolutionsprogramm. Von Sozialismus oder Kommunismus war allerdings noch nicht die Rede.

    Begonnen hatte der Aufstand bereits 1953, als der junge Rechtsanwalt Fidel Castro nach dem gescheiterten Angriff auf die Moncada-Kaserne vor Gericht ein umfassendes Sozialprogramm vorstellte und seine Verteidigungsrede mit den Worten beendete: "Die Geschichte wird mich freisprechen."

    Er erzeugte damit in der kubanischen Bevölkerung Stimmung gegen das Batista-Regime. Castro kam 1955 wieder frei. In Mexiko organisierte er die "Bewegung des 26. Juli", Mitglied wurde auch der argentinische Arzt Ernesto Che Guevara. An Bord der kleinen Yacht "Granma" erreichten 82 Kämpfer Anfang Dezember 1956 kubanischen Boden. Die ersten heftigen Gefechte überlebten nur zwölf Rebellen.

    In den schwer zugänglichen Bergen Ostkubas, der Sierra Maestra, organisierten sie sich neu. Der Guerrilla-Krieg war erfolgreich, auch weil er in den Städten durch kleine Gruppen von Aufständischen unterstützt wurde. Diese sorgten für den Nachschub an Waffen, Medikamenten und neuen Kämpfern, die sich gegen die extreme soziale Ungleichheit auflehnten: Vor der Revolution waren über 70 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche in den Händen von Großgrundbesitzern, 83 Prozent der Zuckerindustrie in den Händen von rund einem Dutzend Firmen, vor allem von US-Kapital.

    Zucker war der wichtigste Devisenbringer des Inselstaats, über zwei Drittel gingen damals in die USA. Im süßen Geschäft fanden Hunderttausende von Tagelöhnern lediglich in der Erntesaison eine Beschäftigung. Über eine Million Kubaner waren arbeitslos. Die Hälfte der kubanischen Kinder ging nicht zur Schule.

    Die Revolutionsregierung begann rasch mit dem Aufbau eines kostenlosen Schul- und Gesundheitssystems. Eine Agrarreform wurde beschlossen. Wichtige Unternehmen wurden verstaatlicht, darunter ein berühmt-berüchtigter US-Konzern.

    Die USA brachen bald die diplomatischen Beziehungen ab und verhängten ein Handelsembargo, an dem Washington bis heute festhält.

    Die kubanische Revolution war zweifellos eine Zäsur in der lateinamerikanischen Geschichte.

    "Viele Völker in Amerika sind reif für die Revolution. Nicht nur die, die heute den Kampf begonnen haben. Es gibt einige, die ihn zwar noch nicht begonnen haben, dennoch ihre Macheten geduldig schärfen, weil sie wissen, dass ihre Stunde nahe ist."

    Diese Überzeugung Ché Guevaras teilte eine ganze Generation junger Lateinamerikaner in den 60er und 70er Jahren. Zahlreiche Befreiungsbewegungen nahmen sich den tropischen David zum Vorbild, der erfolgreich den US-Goliath herausgefordert hatte. Ebenso anziehend wirkten die konkreten sozialen Verbesserungen. Während das politische Einparteien-System der roten Insel im Laufe der Jahre immer stärker kritisiert wurde, sind Kubas Erziehungs- und Gesundheitssystem für Millionen Lateinamerikaner nach wie vor attraktiv. Und der ganze Stolz des Maximo Líder:

    In Kuba gebe es nicht ein einziges Kind, das nicht zur Schule gehe. Die Kindersterblichkeit sei so niedrig wie in den höchst entwickelten Ländern.

    Das ist nicht unbedingt eine lateinamerikanische Realität.