"Ein ganz faszinierendes Spielzeug: Je nachdem, welchen Knopf man drückt, kommt etwas anderes herausgesprungen, von Schubladen bis zu kleinen Bühnen. Ein Schlagwerk beginnt, man kann zur Uhr tanzen, entweder Menuett oder Polonaise."
Einem Kabinettschrank entlockt Sabine Thümmler, die Direktorin des Berliner Kunstgewerbemuseums, verblüffende Geheimnisse: Zwischen feuervergoldeten Bronzefiguren und Intarsienbildern aus edlem Furnierholz klappen Türchen auf, schnellen Schubladen hervor. Es ist ein Möbelstück der Extraklasse. Ein Roentgen, Baujahr 1778. Erstbesitzer: Friedrich Wilhelm II.
"Das ist natürlich hier für den Kronprinzen, also für Preußen ein Staatsstück gewesen. Das waren ja Prestige-Stücke. Und wenn der eine schon eines hatte, dann musste der andere noch mal eines haben. Sie haben sich gegenseitig versucht zu übertrumpfen, auch Katharina die Große hatte die schönsten, die besten und die größten."
Einem Kabinettschrank entlockt Sabine Thümmler, die Direktorin des Berliner Kunstgewerbemuseums, verblüffende Geheimnisse: Zwischen feuervergoldeten Bronzefiguren und Intarsienbildern aus edlem Furnierholz klappen Türchen auf, schnellen Schubladen hervor. Es ist ein Möbelstück der Extraklasse. Ein Roentgen, Baujahr 1778. Erstbesitzer: Friedrich Wilhelm II.
"Das ist natürlich hier für den Kronprinzen, also für Preußen ein Staatsstück gewesen. Das waren ja Prestige-Stücke. Und wenn der eine schon eines hatte, dann musste der andere noch mal eines haben. Sie haben sich gegenseitig versucht zu übertrumpfen, auch Katharina die Große hatte die schönsten, die besten und die größten."
Steile Karriere
Die russische Zarin war neben dem französischen Hof und diversen deutschen Fürstentümern die beste Kundin von David Roentgen, dem Kunsttischler der Kaiser und Könige. Geboren am 11. August 1743 in einer hessischen Brüdergemeine strenggläubiger Pietisten, hatte der Sohn eines einfachen Tischlermeisters früh schon künftige Grafen oder Fürsten kennengelernt: Sie waren Klassenkameraden in einer Schule der Herrnhuter.
"Er hat ja die Adeligen richtig angegraben. Er hat ja für die ohne Auftrag Dinge entworfen, hingeschickt. Es war ein ganz raffinierter Geschäftsmann."
Durch solche Musterexemplare ließ sich 1771 Franz von Anhalt-Dessau überzeugen: Der Fürst stattete sein Schloss in Wörlitz mit Roentgen-Möbeln aus. Und weil der Neubau schnell zum Mekka stilbewusster Adelskreise avancierte, bestellte bald ganz Europa in Neuwied. Die Gemeinde am Mittelrhein hob den Zunftzwang auf, Roentgen erhielt Steuerbefreiung und einen kostenlosen Bauplatz für sein Wohn- und Geschäftshaus. Dort empfing der Tischler 1792 den preußischen König zum Mittagessen. Ein Zeitgenosse berichtete:
"Seine kleinen Zimmer haben etwas so Einfaches, Schönes und Einnehmendes, das weit über alle Beschreibung erhaben ist. Nimmt man die niedliche Möblierung darin noch hinzu: So geht man stillschweigend fort, ist bezaubert von den Reizen des Künstlergenies, und verlangt nie etwas Besseres zu sehen."
Durch solche Musterexemplare ließ sich 1771 Franz von Anhalt-Dessau überzeugen: Der Fürst stattete sein Schloss in Wörlitz mit Roentgen-Möbeln aus. Und weil der Neubau schnell zum Mekka stilbewusster Adelskreise avancierte, bestellte bald ganz Europa in Neuwied. Die Gemeinde am Mittelrhein hob den Zunftzwang auf, Roentgen erhielt Steuerbefreiung und einen kostenlosen Bauplatz für sein Wohn- und Geschäftshaus. Dort empfing der Tischler 1792 den preußischen König zum Mittagessen. Ein Zeitgenosse berichtete:
"Seine kleinen Zimmer haben etwas so Einfaches, Schönes und Einnehmendes, das weit über alle Beschreibung erhaben ist. Nimmt man die niedliche Möblierung darin noch hinzu: So geht man stillschweigend fort, ist bezaubert von den Reizen des Künstlergenies, und verlangt nie etwas Besseres zu sehen."
Geschäftsmann mit Fortschrittsdenken
Die bescheidene, traditionelle Tischlerei seines Vaters hatte David Roentgen trotz Wirtschaftsflaute nach dem Siebenjährigen Krieg in ein florierendes Unternehmen verwandelt.
"Man darf Handwerk nicht so romantisch sehen, sondern das waren immer Geschäftsleute. Und er hat das auch so gemacht, dass er es gut verschicken konnte: Dass die Beine erst hinterher angeschraubt worden sind."
Mit Schraubverbindungen ließen sich empfindliche Luxusmöbel leicht zerlegen und im Kutschenzeitalter sicher transportieren – bis nach Paris oder Sankt Petersburg. Technische Neuerungen wurden zur Grundlage des Geschäfts: Der Möbelfabrikant kooperierte international mit Vergoldern, Malern, Intarsienschneidern und Uhrmachern, er setzte sich mit der Einführung von Gruppenarbeit über die strengen Regeln der Zunft hinweg.
"Man darf Handwerk nicht so romantisch sehen, sondern das waren immer Geschäftsleute. Und er hat das auch so gemacht, dass er es gut verschicken konnte: Dass die Beine erst hinterher angeschraubt worden sind."
Mit Schraubverbindungen ließen sich empfindliche Luxusmöbel leicht zerlegen und im Kutschenzeitalter sicher transportieren – bis nach Paris oder Sankt Petersburg. Technische Neuerungen wurden zur Grundlage des Geschäfts: Der Möbelfabrikant kooperierte international mit Vergoldern, Malern, Intarsienschneidern und Uhrmachern, er setzte sich mit der Einführung von Gruppenarbeit über die strengen Regeln der Zunft hinweg.
Das galt als fortschrittlich. Aber Roentgen – in Paris von Ludwig XVI. zum königlichen Hofhandwerker ernannt – wurde nach der Revolution von 1789 als "Fürstenknecht" beschimpft. Deshalb sah er sich zur Flucht gezwungen, als französische Truppen 1794 Neuwied besetzten. Die Auflösung seines Betriebs mit mehr als 100 Mitarbeitern kommentierte er rückblickend in einem Brief an einen pietistischen Glaubensbruder:
"Wenn ich nun aber mit dem Verkauf meiner Waren ganz fertig bin, so bleibt mir noch eine schwere Last: Meine Häuser, viele unnötige Mobilien, Fabriken, Maschinen, Werkzeuge und dergleichen, welches alles ich nicht mehr gebrauche, ich habe jetzt eine ganz andere Denkweise."
"Wenn ich nun aber mit dem Verkauf meiner Waren ganz fertig bin, so bleibt mir noch eine schwere Last: Meine Häuser, viele unnötige Mobilien, Fabriken, Maschinen, Werkzeuge und dergleichen, welches alles ich nicht mehr gebrauche, ich habe jetzt eine ganz andere Denkweise."
Vom Geschäftsmann zum religionsbegeisterten Denker
Das Denken des begnadeten Möbeltischlers kreiste nicht mehr ums Geschäft. David Roentgen widmete sich der Religion, stellte sich ganz in den Dienst der Herrnhuter Gemeine und setzte sich für deren Rechte ein. Auf einer dieser diplomatischen Missionen ist er am 12. Februar 1807 in Wiesbaden gestorben.