Es gebe ein Papier vom 17. April, das die Bahn unterschrieben habe und das auch der GDL vorliege. Insofern könne er den Vorwurf nicht nachvollziehen, die Bahn sei nicht zu ernsthaften Verhandlungen bereit. Auch in Bezug auf den möglichen Einsatz eines Mediators äußerte Weber die Zustimmung der Bahn: "Wir sind für alles bereit, was hilft, voranzukommen", betonte er im Interview mit dem Deutschlandfunk. Deshalb hoffe er sehr, dass es nicht zu einer achten Streikrunde kommen werde.
"Wir wollen mit der GDL zu Ergebnissen kommen"
Bahn-Personalvorstand Weber führt den derzeitigen Tarifkonflikt im Unternehmen auch auf den Konkurrenzkampf zwischen den Gewerkschaften GDL und EVG zurück. Die Grundordnung im Konzern sei aufgekündigt worden, sagte Weber im Deutschlandfunk. Beide Gewerkschaften wollten im Gegensatz zu früher für alle Berufsgruppen im Konzern verhandeln.
Bei der Deutschen Bahn wird nun auch im Personenverkehr gestreikt. Der neue Ausstand begann in der vergangenen Nacht. Reisende müssen mit Zugausfällen und Verspätungen rechnen.
Das Interview in voller Länge:
Peter Kapern: Ein Tarifkonflikt, sieben Streiks - das schafft nur die Bahn. Zum siebten Mal stehen die Züge still, weil sich Bahnvorstand und GDL einfach nicht einig werden in einer Auseinandersetzung, die nun seit Monaten andauert. Seit gestern ist der Güterverkehr weitgehend lahmgelegt, seit heute Früh ist auch der Personenverkehr betroffen.
Soweit der Beitrag über einen Streik, von dem Außenstehende kaum noch sagen können, worum denn eigentlich genau da gestritten wird, und das kann uns jetzt der Personalvorstand der Bahn erklären: Ulrich Weber. Guten Morgen, Herr Weber.
Ulrich Weber: Guten Morgen, Herr Kapern.
"Diese beiden Gewerkschaften können nicht miteinander reden"
Kapern: Also, Herr Weber, worum geht es eigentlich noch mal, um mehr Geld, um die Macht, oder wird gestreikt, weil Sie und Herr Weselsky von der Lokführergewerkschaft sich nicht ausstehen können?
Weber: Womit soll ich anfangen? Der Kernkonflikt und Ausgangspunkt für die Schwierigkeiten liegt sicher darin, dass die Ordnung, die wir im Konzern bis Mitte letzten Jahres hatten, im Sinne von wer vertritt, welche Gewerkschaft vertritt welche Arbeitnehmergruppen, dass diese Grundordnung aufgekündigt worden ist von beiden Gewerkschaften und jetzt eine EVG auch Tarifverträge für Lokomotivführer abschließen möchte und eine GDL Tarifverträge für Zugbegleiter, Bordgastronomen, Disponenten, also Zugpersonal, wie es umschrieben ist. Das Problem ist zusätzlich, dass diese beiden Gewerkschaften nicht miteinander können. Wir hatten über Wochen ja versucht, beide Gewerkschaften davon zu überzeugen, dass sie von einer Kooperation mit uns sprechen. Wir haben dann versucht, sie zu überzeugen, dass es nach dem Muster des öffentlichen Dienstes Verhandlungen gibt, wo die Gewerkschaften ihre jeweiligen Positionen aufrecht erhalten, aber immer die gemeinsame Zielsetzung haben, zu guten, aber auch einheitlichen Ergebnissen zu kommen. Das ist alles nicht gelungen, sodass wir jetzt sowohl mit der EVG als auch mit der GDL verhandeln müssen und natürlich weiterhin unser Ziel verfolgen, für ein und dieselbe Mitarbeitergruppe einheitliche Regeln zustande zu bekommen.
Kapern: Das ist ja ein Ziel, das der Bahn zugestanden ist, Herr Weber, aber das anders zu handhaben, oder zumindest das anders handhaben zu wollen, das ist natürlich auch das recht der Gewerkschaften. Nun hat Claus Weselsky, der Chef der GDL, gestern hier im Deutschlandfunk gesagt - und wir haben das gerade in dem kleinen Beitrag noch mal gehört -, die Bahn spielt da auf Zeit, um das in Kraft treten des Tarifeinheitsgesetzes abzuwarten und damit den Machtanspruch der GDL ins Leere laufen zu lassen.
Weber: Das würde ich mal in den Bereich der Polemik schieben, weil welchen Sinn sollte es machen, dass wir eine Gewerkschaft, die anerkanntermaßen einen Großteil unserer Lokomotivführer vertritt, diese Gewerkschaft zu diskreditieren. Wir haben der GDL mehrfach inzwischen auch schriftlich gegeben, dass wir mit ihr zu Ergebnissen kommen wollen. Wir haben natürlich anerkannt, dass sie das Recht hat, Tarifverträge nicht nur für Lokomotivführer abzuschließen. Wir sind inhaltlich unterwegs und inhaltlich ist es extrem aufwendig und schwierig, weil diese GDL eben nicht nur Verabredungen mit uns treffen will, das heißt über DB-Mitarbeiter, sondern zusätzlich und ergänzend ja noch einen Flächentarifvertrag für das Zugpersonal mit uns verhandeln möchte, mit dem sie dann anschließend in den Eisenbahnverkehrsmarkt gehen möchte. Das macht derzeit die Schwierigkeit aus und das erfordert im Moment sehr viel Zeit und gute Nerven, um da zu Ergebnissen zu kommen.
"Die Zwischenergebnisse sind aufgeschrieben"
Kapern: Nun hat Claus Weselsky hier im Deutschlandfunk auch gesagt, dass seine Gewerkschaft die Verhandlungen für gescheitert erklärt hat, weil die Bahn nicht bereit war, ein Zwischenergebnis der Gespräche schriftlich zu fixieren. Andererseits haben Sie ja in den letzten Tagen immer wieder beteuert, eine Einigung sei zum Greifen nah gewesen. Warum wollten Sie dann diese Zwischenergebnisse nicht einfach mal aufschreiben?
Weber: Die Zwischenergebnisse sind aufgeschrieben. Das Papier liegt hier vor mir. Es hat sogar eine Unterschrift, nämlich unsere Unterschrift.
Kapern: Herr Weber, darf ich Sie kurz mal unterbrechen? Lassen Sie uns doch kurz die kleine Passage anhören, die Claus Weselsky dazu gesagt hat?
Weber: Ja, bitte.
O-Ton Claus Weselsky: "Jetzt ist Schluss mit Pokerface. Wo ist das Papier und wo ist die Unterschrift? Die GDL steigt nicht aus, weil die Lokführer der DB gerne streiken, sondern die GDL hat die Verhandlungen wieder für gescheitert erklären müssen, weil die Bahn eben gerade kein schriftlich fixiertes Zwischenergebnis mit uns vereinbaren wollte."
Kapern: Das klingt doch jetzt wirklich eigentümlich, Herr Weber. Da sitzen zwei Männer immer wieder an einem Tisch und die können sich nach so vielen Gesprächsrunden nicht mal darüber verständigen, ob es nun ein beschriebenes Stück Papier gibt oder nicht.
Weber: Wir müssen uns darüber nicht verständigen. Ich gebe Ihnen Recht, das klingt ausgesprochen eigentümlich. Das Papier liegt vor mir. Das Papier hat die Überschrift "Zwischenergebnis 17. April". Das Papier hat anlagen, nämlich Tariftexte, die wir mit der GDL besprochen, verhandelt haben, über die wir Konsens erzielt haben. Das Papier ist der GDL am Freitag gegen 15:15 Uhr übergeben worden. Das heißt, das ist ein objektiv nachvollziehbarer Vorgang. Da muss man gar nicht sich verständigen oder rätseln. Das Papier existiert! Ich habe im Übrigen auch keinen Anruf von Herrn Weselsky bekommen, der mich gebeten hat, ihm das Papier noch mal zu geben. Ich habe es ihm unaufgefordert gestern noch mal geschickt.
Kapern: Das heißt aber doch, Herr Weselsky sagt die Unwahrheit?
Weber: Ich weiß nicht, was er meint, wenn er sagt, wir weigern uns. Hier gibt es ein Papier, was unsere Unterschrift hat und was er mit einem Anschreiben, was da heißt, bitte, wenn Du das in der gegebenen Situation am Freitagmittag nicht aus dem Stand heraus unterschreiben willst, bekommst Du es noch mal schriftlich, und wir haben dann geschrieben, Sie haben es abgelehnt, dieses Papier zu unterschreiben, deshalb unterbreiten wir Ihnen das Angebot, alle in diesem Papier festgehaltenen Regelungen zu vereinbaren. Also es fehlt wirklich nur die Unterschrift.
Kapern: Im Zusammenhang mit diesem Papier, um das es da geht, Herr Weber, da steht ja in der Tat der Vorwurf der Unwahrheit im Raum, allerdings von der anderen Seite. Auch das können wir uns noch mal kurz anhören:
O-Ton Claus Weselsky: "Der Mann lügt an der Stelle."
Kapern: Zwei Verhandlungsführer, na ja, von denen zumindest der eine sagt, der andere lügt, und der andere sagt, ich weiß nicht, was damit gemeint ist, wie soll unter diesen Umständen jemals noch ein Tarifergebnis zustande kommen?
"Wir haben Fortschritte erzielt"
Weber: Indem wir so weitermachen, wie wir am Donnerstag und Freitag und am Dienstag davor gesprochen und verhandelt haben.
Kapern: Aber das hat ja nicht zu einem Ergebnis geführt.
Weber: Doch, es hat zu Ergebnissen geführt. Da bleibe ich bei. Deshalb ist dieser unsägliche Vorwurf von Herrn Weselsky in meine Richtung auch schwer zu ertragen. Aber das werde ich mit ihm schon unter vier Augen besprechen. Aber wir haben am Donnerstag und Freitag - und damit meine ich nicht nur uns, sondern auch die GDL ausdrücklich -, wir haben uns am Donnerstag und Freitag sehr viel Mühe gegeben. Wir haben Fortschritte erzielt. Und das macht ja mein völliges Unverständnis aus, warum wir das nicht dokumentieren, um dann in der nächsten Woche weiterzumachen, warum an dem Punkt wieder mit diesen drastischen Mitteln agiert wird, die uns nicht weiterbringen. Auch dieser Streik wird uns ja keinen Millimeter voranbringen. Er wird ja nur Schaden anrichten, Vertrauen kosten. Wir müssen uns am Telefon rechtfertigen für das, was wir da tun. Völlig überflüssig!
Kapern: Ist es Zeit, einen Schlichter, möglicherweise sogar einen Mediator einzuschalten?
Weber: Wir sind für alles bereit, was hilft, die ganze Angelegenheit zu versachlichen, nicht so zu personalisieren, wie es immer wieder versucht wird. Das hat mit Herrn Weselsky und Herrn Weber überhaupt nichts zu tun. Wir wollen Ergebnisse erzielen und wenn da jemand ist, der uns helfen kann, dann haben wir das schon vor Wochen der GDL angeboten zu sagen, dann lasst uns einen Dritten hinzuziehen, der den Prozess moderiert oder schlichtet, oder wie auch immer wir denjenigen welchen nennen. Das hat die GDL bisher immer abgelehnt. Wir sind offen für alles, was hilft, voranzukommen.
Kapern: Herr Weber, wann können die Menschen, die Ihrem Unternehmen eine Bahncard abgekauft haben, weil sie möglichst häufig mit der Bahn fahren wollen, davon ausgehen, dass die Züge wieder einigermaßen so fahren, wie es im Fahrplan steht?
Weber: Die Streiks sind angekündigt ja bis morgen Abend, wenn es um den Personenverkehr geht.
"Ich hoffe sehr, dass es diese achte Runde nicht geben wird"
Kapern: Und dann kommt irgendwann die achte Streikrunde.
Weber: Und wir werden uns dann erst mal bemühen, sehr zügig wieder in einen Regelbetrieb zum Wochenende hin zu kommen, und dann hoffe ich sehr, dass es diese achte Runde nicht geben wird, weil diese siebte Runde noch mal dokumentiert hat, wie unsinnig diese Streiks sind.
Kapern: Ulrich Weber, der Personalvorstand der Bahn, heute Morgen im Deutschlandfunk. Herr Weber, vielen Dank, dass Sie heute Morgen Zeit für uns hatten. Ich wünsche Ihnen noch einen guten Tag.
Weber: Gerne! Danke!
Kapern: Auf Wiederhören!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.