"Ehemalige Herren- und Gutshäuser, Villen und Pensionen, das waren die ersten gewerkschaftseigenen Erholungsheime",
berichtete der Rundfunk der DDR 1987. Anlass war das 40. Jubiläum des Feriendienstes des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes, FDGB, der am 20. März 1947 gegründet worden war.
"Und in Archiven finden wir noch Broschüren, in denen den ersten glücklichen Ferienscheckinhabern Hinweise gegeben werden, etwa der Art: 'Die zeitbedingten Verhältnisse bringen es mit sich, dass jeder Kollege Handtuch, Bettwäsche, Essbesteck mitbringen muss. Es empfiehlt sich, auch eine Glühbirne mitzubringen."
Damals hätten etwa 17.500 Reisen vergeben werden können, so der Leiter der Abteilung Feriendienst, Klaus Perrin. Im Jubiläumsjahr 1987 wären es immerhin rund zwei Millionen gewesen.
"Wir sagen ganz eindeutig, dass die Reisen sozial wirksam und leistunsgerecht vergeben werden sollen. Wir meinen, es kann nicht sein, dass einige Mitglieder öfters in der Jahresfolge fahren und andere dafür sechs, sieben oder noch mehr Jahre warten müssen."
Von der Ostseeküste bis zum Thüringer Wald
Mit zu den beliebtesten Ferienzielen gehörten die Ostseeküste, das Erzgebirge und der Thüringer Wald. Über die Vergabe der Reisen entschieden die gewerkschaftlichen Grundorganisationen. Für den Urlaub gab es von der Gewerkschaft und vom Staat Zuschüsse. Weniger als ein Drittel bezahlten die Urlauber selbst.
Auch für die Gestaltung des kulturellen Lebens wurde gesorgt. In einem Beitrag über den Feriendienst als "bedeutende Errungenschaft der Arbeiterklasse" zählte der Abteilungsleiter Erhard Sonntag die Aktivitäten auf:
"Das beginnt bei den beliebten Tanzabenden oder Heimabenden, die wir sehr vielseitig gestalten. Das sind gewisse Sportveranstaltungen, an denen man sich gemeinsam beteiligen kann. Aber auch solche Veranstaltungen wie Puppentheater oder Waldwanderungen, bei denen der Förster die Erläuterungen übernimmt.
Oder auch des Bastelns, wieder gemeinsam mit der ganzen Familie. Und darüber hinaus auch der Durchführung volkskünstlerischer Arbeiten. Batikarbeiten zum Beispiel, Keramikarbeiten.
Viele der Urlauber sind sehr erfreut, dass sie sich manchmal als Erinnerung für das Ganze weitere Leben während des Erholungsaufenthaltes selbst etwas Schönes angefertigt haben."
Die Kapazität der gewerkschaftlichen Ferienheime reichte jedoch bei Weitem nicht aus. Auch Campingplätze und Privatquartiere wurden vom FDGB gebucht.
"Wir sind hier in Märkisch Buchholz in Köthen bei einer Wirtin, die uns sehr gut aufgenommen hat und die Unterkunft ist sehr sauber, alles einwandfrei."
"Was würden Sie im nächsten Urlaub anders machen?"
"Wenn man das Ganze Jahr lang stark in der Arbeit drin steckt, dann möchte man die 14 Tage doch so einen Urlaub verbringen, wie wir ihn hier in Köthen verbracht haben. Die Ruhe, die Wanderungen, das gute Essen."
"Und nette Wirtsleute."
"Jawohl, sehr nett."
Besonders verdiente Werktätige und auch Funktionäre erhielten sogenannte Auszeichnungsreisen, konnten in begehrten Interhotels wohnen oder auf Urlauberschiffen die Meere befahren.
"Ein Ehepaar kommt gerade auf mich zu. Sie haben gerade schon mal einen kleinen Rundgang auf diesem Schiff gemacht, wie gefällt's Ihnen denn?" - "Also, ich muss sagen, es ist eigentlich überwältigend, ich war noch nie auf so einem Schiff, und ich muss sagen, es ist sehr schön eingerichtet."
"Was haben Sie für eine Kabine, wenn ich fragen darf?" - "612, das ist auf dem B-Deck. Mittendrin ist das, sehr schön eingerichtet. Wir können uns da wohlfühlen. Ich bin bei Chemie Leuna, bei Leipzig beschäftigt, das ist als Auszeichnung gedacht."
Extrem hohe Nachfrage
Kurz vor der Wende verfügte der Feriendienst über rund 700 Erholungsheime, und mit mehr als 400 Einrichtungen, wie zum Beispiel Pensionen oder Hotels, hatte die Gewerkschaft Nutzungsverträge abgeschlossen. Hervorragende Arbeitsleistungen und gesellschaftspolitisches Engagement erhöhten die Chancen, einen der begehrten Ferienplätze zu bekommen. Auch die Betriebe selbst besaßen Ferienheime, Bungalows und Wohnwagen. Obwohl die Angebote von Jahr zu Jahr zunahmen, reichten sie nie aus und private Quartiere zu mieten, war so gut wie unmöglich, denn das war vom Staat nicht erlaubt.