Heute vor 25 Jahren überquerten Hunderte DDR-Bürger die Grenze von Ungarn nach Österreich - Auslöser dafür war das sogenannte "Paneuropäische Picknick", von einem Ungarn und einem Österreicher organisiert.
"Ich sah Leute, junge Leute, wie sie sich mit Gepäck zu die Grenze gezogen haben. Dann hab ich es auch beobachtete, dass die Ostdeutsche sind, und dann bin ich mitgekommen und so kam ich zu diesem Tor und konnte dann dieses historische Ereignis filmen."
Der ungarische Arzt György Karpati war dabei, als am 19. August 1989 hunderte von DDR-Bürgern ein offenes Grenztor an der ungarischen Grenze nach Österreich überquerten. Schon einige Tage vorher waren plötzlich Tausende von Flugblättern auf Campingplätzen von der ungarisch-österreichischen Grenze bis zum Plattensee aufgetaucht: eine Einladung zu einem - so wörtlich - "Paneuropäischen Picknick" in Sopron am Ort des "Eisernen Vorhangs". Wobei der Eiserne Vorhang zu Recht bereits in Anführungszeichen stand. Denn seit Mai bauten die Ungarn Minen und Überwachungsanlagen entlang der Grenze ab. Auf dem Flugblatt unterbricht eine Rose symbolisch ein Stück Stacheldraht. Schirmherren der Einladung sind Dr. Otto Habsburg und Imre Pozsgay. Der eine Sohn des letzten k.u.k- Monarchen und EU-Abgeordneter, der andere ungarischer Reformkommunist.
Organisatoren wurden vom Ansturm überrascht
Treffpunkt war ein Grenztor an einer seit 1948 gesperrten Straße zwischen dem österreichischen St. Margarethen und dem ungarischen Sopron. Laszlo Nagy, einer der Oppositionellen, die 1989 das Picknick organisierten:
"An dieser Tag dieser Tor war geöffnet von drei Uhr bis sechs Uhr. Wir wollten erreichen, dass die österreichischen Freunde von drüben leichter zu unsere Picknick kommen. Unser Slogan war "Bau ab und nimm mit!""
Die Besucher sollten kleine Stücke vom Grenzzaun abzwicken und als Souvenir mit nach Hause nehmen. Doch es kam anders, ganz anders: Rund 700 DDR-Bürger nutzten die Gelegenheit - und rannten durch das offene Tor in den Westen, nach Österreich. Und damit, so sagt er heute noch, hatte Mitorganisator Laszlo Nagy auf keinen Fall gerechnet:
"Laut Schätzungen der Polizei 20.- bis 25.000 Leute sind gekommen, größtenteils aus Ungarn, knapp tausend aus der DDR, aber die waren unerwartet."
Unerwartet auch für die sechs ungarischen Grenzer, die an diesem Tag Dienst schoben. Zum Glück reagierten sie nicht panisch, sondern sehr gelassen. Sie schauten einfach weg. Dabei ist Arpad Bella, damals Grenzoffizier, so einiges durch den Kopf gegangen:
"Gegen so große Menge darf nicht Panik, darf nicht Gegenstoß machen. Weil wenn wir dann Panik ausbrechen, ein Panik ist nicht verhandelbar. Und deswegen, wenn sie kommen, ich werde sie hinaus lassen."
Auslöser für komplette Grenzöffnung
Zu denen, die vor 25 Jahren hinausgelassen wurden, gehörte auch Walter Sobel mit seiner Frau und zwei Kleinkindern. Auch er begann einfach zu laufen, als er das offene Grenztor sah. Dass die Familie es geschafft hatte, wurde Sobel erst bewusst, als er und die anderen Flüchtlinge mit Bussen nach Wien gebracht worden waren:
"Das was hier alles war, das haben wir gar nicht richtig wahrgenommen. Wir waren ja auch noch so, dadurch, dass alles so stasi-verseucht war, es hat ja auch keiner mit dem anderen geredet. Erst als wir hier drüben waren, und uns in den Armen gelegen waren, das war dann schon sehr ergreifend."
Übrigens: Nach diesem denkwürdigen Tag dauerte es vor 25 Jahren nicht einmal mehr drei Wochen, bis die Ungarn die Grenze nach Österreich komplett öffneten. Der letzte Auslöser dafür war wohl der 19. August 1989. Und deshalb gedenken seither jeden 19. August an der Grenze bei Sopron Ungarn und Österreicher der damaligen Ereignisse.