[*] Im Teaser haben wir einen zeitlichen Bezug korrigiert.
"Heute begehen wir den 71. Republikgeburtstag. Es gibt sicherlich einige Ursachen, dass es unser Heimatland heute nicht mehr gibt. Und doch ist der Sozialismus nicht tot!"
Am 7. Oktober vergangenen Jahres, es ist der 71. Gründungstag der Deutschen Demokratischen Republik, steht die Freie Deutsche Jugend in Dresden im Regen. Auf einem Rasenstreifen am Pirnaischen Platz haben sich rund 20 aufrechte Kommunisten versammelt, um dem untergegangen zweiten deutschen Staat ihre Ehrerbietung zu erweisen. Freilich: Von Jugend ist bei dieser surrealen Veranstaltung, die auch auf Youtube zu bewundern ist, wenig zu sehen, dafür umso mehr Damen und Herren im fortgeschrittenen Pensionsalter. Jugend repräsentiert hier allein ein Mädchen im Blauhemd, das dem Hauptredner den Regenschirm hält, während dieser sein völlig durchnässtes Manuskript zu ordnen versucht.
Das also ist geblieben vom einstigen staatlichen DDR-Jugendverband, in dem zeitweise rund 80 Prozent aller 14- bis 25-Jährigen organisiert waren und zu dessen erstem Chef in der Sowjetischen Besatzungszone und frühen DDR ein 33-jähriger Kommunist namens Erich Honecker avancierte.
Vorläuferin 1936 im Pariser Exil
71 Jahre zuvor, hatte der bei einem Fackelzug zur Republikgründung in Berlin allerdings noch 200.000 statt 20 Jugendfreunde mobilisieren können. Der DDR-Rundfunk berichtete damals:
"Immer wieder neu anmarschierende Demonstrationszüge mit Transparenten und Losungen. Und vor allem aber immer wieder mit den blauen Fahnen der Freien Deutschen Jugend mit der aufgehenden Sonne - über allem aber die größten Fahnen immer die schwarz-rot-goldenen der Deutschen Demokratischen Republik."
"Das war in Hoddesdon in Hertfordshire. Und wir brauchten eine Fahne, jeder war auf diese Fahne gesinnt. Und ich habe diese Fahne entworfen, und zwar war es eine Sonne auf blauem Hintergrund, und habe sie selber genäht aus Stoff", erinnerte sich Barbara Cartlidge 2003 im Deutschlandfunk. Als 16-jährige Jüdin war sie Ende 1938 mit ihrer Mutter aus Nazi-Deutschland nach England geflohen - und stieß dort auf andere deutsche Jugendliche, unter ihnen auch junge Kommunisten, die schon 1936 im Pariser Exil eine erste Organisation mit dem Namen "Freie Deutsche Jugend" gegründet hatten.
Das offizielle Gründungsdatum der FDJ in der DDR-Geschichtsschreibung freilich ist der 7. März 1946. In der Chronik der FDJ, Ausgabe 1976, ist darüber zu lesen:
"Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland entspricht dem Antrag des Zentralen Antifaschistischen Jugendausschusses vom 26. Februar und gestattet die Gründung der FDJ als selbständige antifaschistisch-demokratische Organisation der deutschen Jugend."
Überparteilichkeit "zum Schein"
Mit der Neugründung der FDJ in der Sowjetischen Besatzungszone wirft diese zugleich ihre zehnjährige Vorgeschichte über Bord, denn die eher locker organisierten und oft autonom agierenden Exilgruppen taugen nicht als Vorbild für jenen zentral gelenkten Jugendverband, der den Kommunisten im Nachkriegs-Berlin vorschwebt. Schon im September 1945 bildet sich dort ein "Zentraler Antifaschistischer Jugendausschuß" unter der Leitung Erich Honeckers.
Anders als die Gruppe um Walter Ulbricht, dem späteren Generalsekretär der SED, die Ende April 1945 aus dem Moskauer Exil heimkehrt, hat Honecker die Zeit vor dem Zusammenbruch im Brandenburger Zuchthaus verbracht und ist dadurch nicht Teil des Netzwerkes. Dieses Manko kompensiert er mit Ehrgeiz und absoluter Loyalität zu Ulbricht.
"Die FDJ startete im Frühjahr 1946 mit dem Anspruch, eine überparteiliche Organisation zu sein." Der Historiker Ulrich Mählert hat über die FDJ promoviert und ist seit 20 Jahren wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. "Und die SED hat mit Engelszungen und mit Druck und Überredung die Vertreter der kirchlichen Jugendarbeit und der bürgerlich-demokratischen Jugendarbeit dazu gebracht, diese Gründung mitzutragen. Aber diese Überparteilichkeit war letztlich immer zum Schein."
West-FDJ 1951 verboten
"Fort mit den Trümmern und was Neues hingebaut / um uns selber müssen wir uns selber kümmern / und heraus gegen uns, wer sich traut!"
1948 textet Bertolt Brecht zur Musik von Paul Dessau das "Aufbaulied der FDJ" - und gerät prompt mit Honecker aneinander, dem die Textzeile "denn kein Führer führt aus dem Salat" missfällt. Schließlich huldigt auch die FDJ mit der fortschreitenden Stalinisierung in der sowjetischen Besatzungszone mehr und mehr einem großen Führer.
Auf der ersten FDJ-Funktionärskonferenz 1950 gelobt Honecker in falschem Deutsch, "dass unser Verband alle Anstrengungen macht, um das große Vertrauen, dass der Führer des weltumspannenden Friedenslagers, Generalissimus Stalin, in sie setzt, zu rechtfertigen!"
Ebenso wie die Parteien der vormaligen Sowjetischen Besatzungszone, ist zu dieser Zeit auch die FDJ bereits völlig gleichgeschaltet - im Sinne der SED. Ihr West-Ableger wird 1951 von der Bundesregierung verboten werden. (*) Honeckers Zeit als FDJ-Chef zieren einige Pleiten und Pannen: Schon 1950, beim ersten gesamtdeutschen Pfingsttreffen der Jugend in Ost-Berlin, wird er von den Sowjets zurückgepfiffen, als er großspurig einen Sternmarsch durch die Westsektoren ankündigt, was dort nach den Erfahrungen der Blockadezeit für Invasionsstimmung sorgt. Der Oberbürgermeister West-Berlins, Ernst Reuter, erklärt im RIAS:
"Wir werden besonders dafür sorgen, dass die beauftragten Funktionäre dieser Organisation bei uns richtig in Empfang genommen werden und einen Anschauungsunterricht dafür bekommen, dass ein Umsturz oder ein Putschversuch in Berlin nicht möglich ist!"
Gesinnungsterror schon in frühen Jahren
Mitte 1952 initiiert Honeckers FDJ einen "Dienst für Deutschland", bei dem jugendliche Freiwillige zwischen 17 und 21 Jahren ein halbes Jahr lang beim Aufbau wichtiger Industrieprojekte mithelfen sollen. Zunächst ohne Geschlechtertrennung in eilig errichteten Lagern fernab größerer Ortschaften zusammengepfercht, häufen sich hier bald Seuchen, Prostitution, Geschlechtskrankheiten und Suizidversuche. Nach nicht einmal einem Jahr ist der sogenannte "DD" Geschichte - und fortan ein Tabuthema, das in der Chronik der FDJ ebenso wenig Erwähnung findet wie jener Kirchenkampf, den Partei und FDJ Anfang 1953 vom Zaun brechen: Sein Ziel ist die Zerschlagung der evangelischen "Jungen Gemeinde", die als Alternative zum Staatsjugendverband umso mehr Zulauf erhält, je mehr sich die FDJ stalinisiert. Bei der versuchten Ausschaltung der unliebsamen Konkurrenz greift man nun auch an den Schulen zu offenem Gesinnungsterror:
"Im Rahmen einer Versammlung am 31.3.1953 beschlossen die Schüler der Oberschule Wittstock, wegen störender Wühlarbeit gegen die FDJ und ständiger Hetze gegen die Deutsche Demokratische Republik 19 Mitglieder der Jungen Gemeinde aus der FDJ auszuschließen. Diese 19 Mitglieder der Jungen Gemeinde wurden von der Schule verwiesen."
Eine typische Beschreibung aus einem Rapport an den FDJ-Zentralrat. Erst unmittelbar vor dem Arbeiter-Aufstand des 17. Juni 1953 wird die Kampagne abgebrochen - wieder auf Weisung aus Moskau. Mit der Volkserhebung bricht das hehre Bild zusammen, das Honecker von seinem Verband gezeichnet hatte: Massenweise verbrennen FDJler ihre Mitgliedsbücher, und unter den Aufständischen finden sich überproportional viele Jugendliche.
Mählert: "In dieser Situation hat dann Ulbricht die schützende Hand über Honecker gehalten, als dass er in einer ganz konfrontativen Diskussion im Politbüro meinte:
'Honecker ist jetzt kein Thema mehr für die FDJ, der geht nach Moskau auf Parteischule.'"
'Honecker ist jetzt kein Thema mehr für die FDJ, der geht nach Moskau auf Parteischule.'"
Honecker hinterlässt eine FDJ, die er auftragsgemäß von einem formal unabhängigen Verband zu einem Transmissionsriemen der SED-Politik gemacht hat.
Twist-Keller und Gitarrenbewegung
Besonders transparent wird diese blinde Gefolgschaft der FDJ etwa in der DDR-Jugendpolitik der 60er Jahre. Kaum hat die Partei 1963 mit einem Jugendkommuniqué auch kulturpolitisch etwas Leine gelassen, etabliert die FDJ in Berlin-Treptow einen "Twist-Keller" und initiiert eine "Gitarrenbewegung", in der junge Beatbands gefördert werden sollen. Der Jugendverband macht sich locker - so auch auf dem dritten und letzten Deutschlandtreffen der Jugend 1964 in Ost-Berlin. Die eigens eingerichtete Festivalwelle DT64 berichtet:
"Doris, 17 Jahre alt, mit Freund sogar hier - darf man sagen ja?"
"Darf man sagen, ja."
"Was wirst Du heute Abend noch machen?"
"Wir wollten nach Treptow zur 'Weißen Flotte' fahren, da ist 'Luft, Wasser und Lampions', mit Tanz und so…"
"Hundert Kapellen spielen heute Abend, also Du wirst bestimmt eine Ecke finden, wo man twisten kann. Mit den Schuhen?"
"Ja, warum nicht?"
"Der Absatz ist ein bisschen hoch…"
"Ach i wo!"
"Darf man sagen, ja."
"Was wirst Du heute Abend noch machen?"
"Wir wollten nach Treptow zur 'Weißen Flotte' fahren, da ist 'Luft, Wasser und Lampions', mit Tanz und so…"
"Hundert Kapellen spielen heute Abend, also Du wirst bestimmt eine Ecke finden, wo man twisten kann. Mit den Schuhen?"
"Ja, warum nicht?"
"Der Absatz ist ein bisschen hoch…"
"Ach i wo!"
Als die kurze liberalere Phase mit dem 11. Plenum des SED-Zentralkomitees im Dezember 1965 endet, ist unter den Spitzenfunktionären, die sich pflichtgemäß in peinigender Selbstkritik üben, auch der damalige FDJ-Chef Horst Schumann. Kurz zuvor war auch er noch beim Twist-Tanzen gesichtet worden.
"Es wurde zugelassen, und wir im Zentralrat der FDJ haben es auch zugelassen, dass einzelne Sätze des Jugendkommuniqués aus dem Zusammenhang heraus gelöst zu Leitsätzen wurden, wie 'Ihr seid die Hausherren von morgen' oder 'Die Jugend ist heute früher reif' und andere. Und bei dem 'früher reif' wurde ungerechtfertigterweise auch ideologische Reife einbezogen."
Dualismus aus Reglementierung und Förderung
Nach der Tagung propagiert die FDJ an Schulen, in Betrieben und Universitäten die "Singebewegung" als Alternative zum nun verteufelten Beat. Auch hier offenbart sich jener Dualismus aus Reglementierung und Förderung, der für den Verband typisch ist.
"Was haben wir denn an der FDJ / wir haben uns und keinen Gott / und Tage alles and're als von Seide / und manche laute und auch leise Freude"
Und manchmal sogar die Gelegenheit, dem mitunter tristen DDR-Alltag zu entfliehen. Sei es 1973 bei den "Weltfestspielen der Jugend und Studenten" in Ost-Berlin, die vielen als buntes Polit-Woodstock in Erinnerung bleiben werden, bei Reisen mit dem verbandseigenen Reisebüro "Jugendtourist" - oder auch bei der Arbeit in zentralen FDJ-Jugendobjekten wie der Erdgastrasse im sowjetischen Bruderland. DT64 berichtete:
"23. Mai 1977, 12 Uhr Moskauer Zeit. Nach über einstündiger Fahrt sind wir vom Wohnlager Talnoje kommend in einem Wäldchen am Rande eines der riesigen ukrainischen Felder am Kilometer 1.976,4 der in östlicher Richtung endlos wirkenden Rohrschlange angekommen. Heute nun ein großer Tag hier am Zentralen Jugendobjekt der FDJ, der 'Druschba-Trasse', gut zwei Jahre alt inzwischen, in der ukrainischen Sowjetrepublik. Die letzte Sektion wird drei Tage vorfristig verschweißt."
Hassliebe der DDR-Jugendlichen zur FDJ
Die meisten DDR-Jugendlichen dürften der FDJ in einer Art Hassliebe verbunden gewesen sein. Auch Ulrich Mählert betont diese Ambivalenz:
"Da gibt es dann tatsächlich so diese Spaltung zwischen dem Pflichtprogramm, dass man dann eben an bestimmten Feiertagen im Blauhemd zu erscheinen hatte, und die allermeisten Jugendlichen, denen das völlig zuwider war, im Blauhemd zur Schule zu fahren… da hatten alle ihre Pullis oder Jacken drüber. Dann stand man beim Appellhof, hat diese Veranstaltung über sich ergehen lassen und sah zu, dass man danach das Blauhemd möglichst schnell nicht mehr zu sehen bekommen hat. Die FDJ im Alltagsleben war dann halt häufig die FDJ des Jugendklubs vor Ort, und da war dann der Umstand, dass das von der FDJ getragen wird für die Jugendlichen tatsächlich nicht besonders relevant gewesen."
Im Gegensatz zu westlichen Jugendverbänden war die FDJ - zu der organisatorisch auch der Pionierverband "Ernst Thälmann" gehörte - in Grundorganisationen aufgegliedert, die in Betrieben, Universitäten, Schulen und bei der Armee existierten.
"Das heißt, man hat die Jugendlichen dadurch viel leichter rekrutieren können für die Organisation, weil sie sich im schulischen Umfeld, oder später dann im Studium oder Betrieb, dazu bekennen mussten, ob sie nun Mitglied der FDJ werden oder nicht."
Eine Schülerin erinnert sich: "Als ich in der Achten war, da war ein Mädchen, die nicht in der FDJ war, die hatte sich aber vorher überlegt, dass sie nicht studieren will. Dann kam 'Schwerter zu Pflugscharen', und sie hatte den Sticker und sie musste zum Direktor. Dann wollte sie keinen Wehrerziehungsunterricht mitmachen, dann war sie wieder beim Direktor. Da musste man ein kräftiges Kreuz haben, um das durchzustehen. Und schon insofern hat man sich überlegt, ob man reingeht oder nicht reingeht."
Unter Druck in den 80er-Jahren
Die Anfang der 80er-Jahre entstehende, kirchlich dominierte unabhängige Friedensbewegung mitsamt ihrem oppositionellen Umfeld und eine sich entwickelnde "Aussteigerszene" mit allen Widerspiegelungen westlicher Jugendkultur - von Punks bis Gothics - nimmt der uniforme Blauhemd-Verband als Bedrohung wahr. Und das zu recht: Das Leipziger Institut für Jugendforschung warnt 1987 Politbüro und FDJ vor der schwindenden Identifikation junger DDR-Bürger mit ihrem Staat, vergeblich: Bei unveränderter ideologischer Starrheit - auch gegenüber den Entwicklungen in der Sowjetunion unter Generalsekretär Michail Gorbatschow - rettet sich die FDJ in den letzten Jahren der DDR immer mehr in eine populistische Brot- und Spiele-Taktik.
Mählert: "Da wurden wirklich - ich sag mal spöttisch - die letzten Devisen zusammengekratzt, um Massenevents zu schaffen. Da kam es dann zu so Paradoxien, dass Zehntausende von Jugendlichen im Open-Air-Konzert zusammen mit Bruce Springsteen 'Born in the USA' sangen und im Publikum US-Fahnen geschwenkt wurden. So ein bisschen ist die Devise gewesen: Ihr tut so, als ob ihr uns folgt - und wir tun so, als ob wir das glauben."
Allerdings hat die Jugend inzwischen ein feines Gespür für derartige Vereinnahmungsversuche entwickelt: So wird Eiskunstlauf-Star Katarina Witt 1988 als Ansagerin bei einem Bryan Adams - Konzert in Weißensee von der Bühne gepfiffen, weil sie bei der Jugend als Aushängeschild des SED-Staates gilt.
Mitgliederschwund nach dem Mauerfall
6. Oktober 1989: Am Vorabend des 40. Republikgeburtstages liefern Blauhemden aus der ganzen DDR mit einem Fackelzug in Ost-Berlin das gespenstische Vorspiel zum Finale der Ära Honecker. Nach dessen Sturz zerfällt die Staatsjugend noch rasanter als die Staatspartei, die sie lenkte. Eberhard Aurich tritt im November als FDJ-Chef zurück. Mit einem "Runden Tisch der Jugend" im Zentralratsgebäude Unter den Linden versucht man im Winter 1989 noch, den Einfluss unter den neu entstehenden Jugendverbänden nicht gänzlich zu verlieren. Doch allein in dem knappen Jahr zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung wird die Mitgliederzahl der FDJ von 2,3 Millionen auf 22.000 sinken.
"Ich denke, wir sollten die FDJ in ihrer jetzigen Form auflösen und einen neuen Verband gründen, der sich vielleicht 'Sozialistischer Jugendverband' nennen könnte. Andere Jugendverbände sind genug gegründet worden, und dieser Jugendverband hätte vielleicht eine Chance zu überleben, wenn er sich klare Linien und klare Form gibt."
Ein Delegierter des letzten FDJ-Kongresses, zu dem die erodierende Organisation Ende Januar 1990 an den Ort ihres ersten Parlaments 1946, nach Brandenburg an der Havel, zurückkehrt. Doch der Bruch mit der Vergangenheit gerät halbherzig: das Logo mit der aufgehenden Sonne verschwindet - kurzzeitig - in der Versenkung, die FDJ aber - nunmehr schreibt sie sich selbst in Kleinbuchstaben - geistert weiter wie eine Untote durch das bald wieder vereinte Land. Für Aufsehen sorgen in den frühen 90er-Jahren allein noch Skandale um einstige Jugendfunktionäre, die sich im Wende-Wirrwarr lukrative Immobilien und Veranstaltungstechnik des Verbandes unter den Nagel gerissen hatten.
"Politisches Kasperle-Theater"
Heute ist die FDJ im Berliner Karl-Liebknecht-Haus Untermieter in der Zentrale der Partei "Die Linke", ihre Mitgliederstärke dürfte im unteren dreistelligen Bereich liegen. Auf dem Territorium der Alt-Bundesrepublik ist die FDJ nach wie vor verboten, während sie - eine skurrile Folge des Einigungsvertrages - auf dem Gebiet der einstigen DDR legal geblieben ist. Ulrich Mählert:
"So kommen wir jetzt zu dieser merkwürdigen Spaltung, die dazu führt, dass diese Restbestände der FDJ, die ja zumeist aus Westdeutschland stammen - irgendwelche jungen linken Sektierer - dass die, so ähnlich wie die DDR-Jugend, auf dem Weg in den Osten das FDJ-Hemd unterm Pullover tragen und dann im Osten - ja letztendlich irgendwo so eine Art politisches Kasperle-Theater ohne jegliche politische Relevanz inszenieren."
So wie die Dresdner Jugendfreunde, die auch auf ihrer mehr feuchten als fröhlichen Jubiläumsparty im Herbst 2020 keinen Zweifel daran ließen, wohin die Reise gehen soll: vorwärts nimmer - rückwärts immer.
"Die DDR, der Sozialismus auf deutschem Boden - das ist unsere Zukunft! Dafür gilt es zu kämpfen. Freundschaft!"
(*) In einer früheren Version wurde eine falsche Verbotsinstanz genannt.