"Restauriert, ja?" - "Bitte?" - "Ist die restauriert, ja?" - "Die ist original!" - "Ja, aber restauriert!" - "Ja, Ja, ja, ja ..."
Original oder restauriert? Das ist die große Frage am Einlass des großen Schwalbe-Treffens im thüringischen Suhl. Und fast jeder versucht zu schummeln und sagt: "Original".
"Und da muss man ein bisschen aufpassen. Manche streiten da eben, aber es nützt ja nichts!"
Dietmar Uhlig ist der Türsteher, der die Schwalben checkt. Absolut unbestechlich. Neulackierung ist eben nicht "original".
"Sie sehen schon, das ist die Original-Schwalbe 1964 jetzt auf diesem Barkas drauf ..."
"Alles mal hier weg!"
"Das muss mal hier frei werden!"
Die Original-Schwalbe von 1964 wird auf einem Kleintransporter eingefahren: Ein grauer, halbverkleideter "zweisitziger Roller mit Spritzschutz" - wie das heutige Kultobjekt damals umschrieben wurde.
"Das sollte ein Gebrauchsfahrzeug sein"
Hunderte davon stehen ringsum, "atlantikblau, lichtrot, saharabraun, ibizarot" ... Bei den Namen ließen sich die Suhler Fahrzeugbauer nicht lumpen. Der Blick ging damals vor 50 Jahren weit raus in die Welt. Aber das Ziel lag dann doch ganz praktisch in der noch fast autolosen DDR.
"Na ja, wir hatten ja hauptsächlich das Ansinnen: Das sollte ein Gebrauchsfahrzeug sein. Damit wurde zur Arbeit gefahren, damit ist der Bauer der LPG mit auf Feld gefahren, alles mögliche. Das war eben ein Beförderungsmittel, das einfach sein musste, robust sein musste. Und das hat sich auch bewiesen, dass wir das Ziel erreicht haben."
Erhard Werner war Konstrukteur der Schwalbe. Nein, dass sie 50 Jahre später immer noch fährt und plötzlich als cool gilt, war damals nicht vorstellbar:
"Ja, es ist kurios! Wir haben damals auch gesagt: Die Schwalbe, das ist ursprünglich nur ein Frauenfahrzeug, so gedacht, so ein bisschen für die gediegenen. Mancher hat auch gesagt, ist ein Rentnerfahrzeug. War dann ja auch so, dass die ganzen Abschnittsbevollmächtigten der DDR eine Schwalbe bekamen als Dienstfahrzeug."
Nein, ein Motorroller mit Spritzschutz, auf dem eine Gemeindeschwester oder ein Polizist in hässlicher Uniform daher kam, KONNTE damals nicht cool sein. Auch wenn die Schwalbe praktisch war. Die meisten hier sehen das HEUTE anders:
"Meine Eltern sind früher damit rumgeknattert, und für junge Leute, man kann 60 damit fahren, was sich im Stadtverkehr, gerade in Berlin, bei den aggressiven Taxifahrern doch manchmal ganz gut auszahlt."
"Die Schwalbe war in der Familie"
Stefan Lehmann hat eine cremeweiße Schwalbe mit cremeweißem Anhänger und einem cremeweißen Surfboard an der Seite. Ein Bastler. Auf eine Stunde Fahren kämen zwei Stunden Schrauben, sagt er. Also doch nicht nur praktisch!
"Schwalbe, weil man aus dem Osten kommt und weil es was ist, was man erhalten sollte. Und was cool ist, es ist cool!"
Das mit dem Erhalten nimmt auch Martin Bienek sehr ernst:
"Die Schwalbe war halt in der Familie. Die hat mein Opa 1972 gekauft, danach die Tante hat sie gefahren, meine Mutter, mein Cousin, mein großer Bruder, mein kleiner Bruder, alle, und ich natürlich."
Inzwischen hat er vier Schwalben, darunter eine aus dem ersten Baumonat 1964 - und damit Schwalbe-Adel! Nebenan, beim Teile-Markt, bietet einer 1.000 Euro für eine Original-Sitzbank. Sammler eben. Der Schwalbe-Boom im Westen heizt die Preise an:
"Wenn man in Stuttgart sich ne Schwalbe kaufen möchte, dann zahlt man doch zum Teil den doppelten Preis im Vergleich zu Berlin!"
Keine Chance für die Vespa
Die Frage, warum Schwalbe, lässt sich wohl nicht eindeutig klären: Tradition, Retro-Lust, aber auch ganz praktische Gründe spielen ineinander. Und am Ende gibt es auch noch den verächtlichen Blick zur berühmten Konkurrenz:
"Mir selber ist es mal passiert, ich hab mal eine Vespa gefahren und hatte große Schwierigkeiten damit. Kleinere Räder und der Motor einseitig hinten. Das sind wir nicht gewohnt."