Georg Ehring: Der Klimawandel ist da, doch eine Einigung darüber, wer wie viel zum Kampf gegen die weltweite Erwärmung beitragen soll, ist nach wie vor weit entfernt. Immerhin hat sich die Staatengemeinschaft vorgenommen, Entwicklungsländer bei der Anpassung an den unvermeidlichen Klimawandel und bei eigenen Bemühungen um Emissionsminderung zu unterstützen. Beim Weltklimagipfel in Kopenhagen wurden dafür Milliardensummen zugesagt. Jetzt tagen die Klimadiplomaten im chinesischen Tianjin. Ein Thema dabei ist dieser Fonds zur Anpassung. Am Telefon begrüße ich Jan Kowalzig, Klimaexperte bei der Hilfs- und Entwicklungsorganisation Oxfam Deutschland. Guten Tag, Herr Kowalzig.
Jan Kowalzig: Guten Tag, Herr Ehring.
Ehring: Herr Kowalzig, Milliardensummen wurden damals in Kopenhagen zugesagt. Reichen die aus?
Kowalzig: In Kopenhagen wurde zugesagt, dass die reichen Länder ihre Unterstützung für die armen Länder auf 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr steigern werden. Ob diese Summe ausreicht oder nicht, hängt sehr davon ab, wie viel von diesen Geldern tatsächlich öffentliche Unterstützung ist und wie viel auf den privaten Sektor sozusagen abgeschoben wird. Das heißt, es ist zu früh zu sagen, ob das ausreichen wird. Das wird möglicherweise die Konferenz in Cancun dann zeigen.
Ehring: Wie steht es denn um die Bereitschaft der öffentlichen Geldgeber?
Kowalzig: In Zeiten der knappen Kassen ist natürlich die Bereitschaft, direkt aus den Haushalten der Länder Geld abzuzweigen für die Unterstützung der armen Länder, sehr gering und deswegen kommt es darauf an, neue Instrumente zur Generierung dieser Gelder zu vereinbaren. Also zum Beispiel die Frage einer Finanztransaktionssteuer steht ja im Raum, die Milliarden generieren würde und auf die Weise es auch ermöglichen würde, den armen Ländern diese Unterstützung zukommen zu lassen, ohne die öffentlichen Haushalte zu belasten. Das wird zurzeit diskutiert, in China, in Tianjin, aber auch in Cancun natürlich. Was dabei herauskommt, wird man sehen müssen.
Ehring: Können Sie denn ein Beispiel nennen, was mit dem Geld dann passieren soll?
Kowalzig: Das aus unserer Sicht wichtigste ist, dass mit diesem Geld die in Armut lebenden Menschen in den Entwicklungsländern darin unterstützt werden, sich gegen die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels anzupassen. Das heißt, dass der Landwirtschaftssektor in Ländern in Afrika zum Beispiel klimasicher gemacht wird, das heißt, dass die Ernten auch langfristig gesichert werden durch Bewässerungssysteme, Regenwasserrückhaltebecken, aber auch die Einführung von neuen Getreidesorten, die mit den zunehmenden Trockenheiten besser klarkommen.
Ehring: Deutschland sieht sich ja als Vorreiter in der Klimapolitik. Wird unser Land denn hier jetzt seiner Verantwortung gerecht?
Kowalzig: Die Vorreiterrolle von Deutschland steht zurzeit ja sehr auf dem Prüfstand, weil durch das zweifelhafte Energiekonzept der Bundesregierung, das weiterhin auf die Atomenergie setzt und auch den Neubau von Kohlekraftwerken. Beides behindert den Ausbau der erneuerbaren Energien und von Vorreiterrolle ist da nichts zu spüren. Das andere Problem ist auch, dass Deutschland zwar in Kopenhagen zugesagt hat, den armen Ländern eine Anschubfinanzierung zur Verfügung zu stellen, zum Beispiel gegen die Folgen des Klimawandels. Bei genauer Betrachtung stellt sich aber heraus, dass diese Gelder im Wesentlichen recycelte Zusagen von vergangenen Jahren sind, also tatsächlich gar kein neues Geld da drin ist. Insofern wird die Vorreiterrolle rhetorisch noch hochgehalten, aber de facto ist sie eigentlich nicht mehr vorhanden.
Ehring: Woran liegt das? Wie ist das aus Ihrer Sicht zu erklären, dass sich das so geändert hat?
Kowalzig: In Fragen der Energiepolitik hat man das ja verfolgt in den letzten Wochen. Da geht es um die Interessen der großen Energiekonzerne und nicht um die Prioritäten, die der Klimawandel uns eigentlich auferlegen müsste. Das ist eine ganz klare Klientelpolitik. Und bei den Fragen der finanziellen Zusagen, da ist es vermutlich, wie ich vorhin schon sagte, wegen der knappen Haushaltslage so, dass verzweifelt versucht wird, was können wir auf unsere Zusage anrechnen, ohne tatsächlich neue Gelder bereitzustellen.
Ehring: Erwarten Sie denn, dass es Fortschritte gibt bei der Konferenz in Tianjin?
Kowalzig: Tianjin ist ja nur sozusagen ein Schritt zum Klimagipfel in Cancun. Das heißt, die wirklichen Fortschritte und Entscheidungen, die werden dann in Mexiko im Dezember gefällt. Tianjin kann aber bei einigen Themen Fortschritte bringen, das heißt, größere Klarheiten schaffen, zum Beispiel der Frage, wie soll denn der in Kopenhagen versprochene globale Klimafonds eigentlich aussehen, wer verwaltet die Gelder, woher kommt das Geld, welche Instrumente nutzen wir, um Gelder zu generieren. Da kann es graduelle Fortschritte geben, aber wie gesagt: Entschieden wird erst in Mexiko.
Ehring: Jan Kowalzig von der Organisation Oxfam war das. Herzlichen Dank.
Jan Kowalzig: Guten Tag, Herr Ehring.
Ehring: Herr Kowalzig, Milliardensummen wurden damals in Kopenhagen zugesagt. Reichen die aus?
Kowalzig: In Kopenhagen wurde zugesagt, dass die reichen Länder ihre Unterstützung für die armen Länder auf 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr steigern werden. Ob diese Summe ausreicht oder nicht, hängt sehr davon ab, wie viel von diesen Geldern tatsächlich öffentliche Unterstützung ist und wie viel auf den privaten Sektor sozusagen abgeschoben wird. Das heißt, es ist zu früh zu sagen, ob das ausreichen wird. Das wird möglicherweise die Konferenz in Cancun dann zeigen.
Ehring: Wie steht es denn um die Bereitschaft der öffentlichen Geldgeber?
Kowalzig: In Zeiten der knappen Kassen ist natürlich die Bereitschaft, direkt aus den Haushalten der Länder Geld abzuzweigen für die Unterstützung der armen Länder, sehr gering und deswegen kommt es darauf an, neue Instrumente zur Generierung dieser Gelder zu vereinbaren. Also zum Beispiel die Frage einer Finanztransaktionssteuer steht ja im Raum, die Milliarden generieren würde und auf die Weise es auch ermöglichen würde, den armen Ländern diese Unterstützung zukommen zu lassen, ohne die öffentlichen Haushalte zu belasten. Das wird zurzeit diskutiert, in China, in Tianjin, aber auch in Cancun natürlich. Was dabei herauskommt, wird man sehen müssen.
Ehring: Können Sie denn ein Beispiel nennen, was mit dem Geld dann passieren soll?
Kowalzig: Das aus unserer Sicht wichtigste ist, dass mit diesem Geld die in Armut lebenden Menschen in den Entwicklungsländern darin unterstützt werden, sich gegen die unvermeidlichen Folgen des Klimawandels anzupassen. Das heißt, dass der Landwirtschaftssektor in Ländern in Afrika zum Beispiel klimasicher gemacht wird, das heißt, dass die Ernten auch langfristig gesichert werden durch Bewässerungssysteme, Regenwasserrückhaltebecken, aber auch die Einführung von neuen Getreidesorten, die mit den zunehmenden Trockenheiten besser klarkommen.
Ehring: Deutschland sieht sich ja als Vorreiter in der Klimapolitik. Wird unser Land denn hier jetzt seiner Verantwortung gerecht?
Kowalzig: Die Vorreiterrolle von Deutschland steht zurzeit ja sehr auf dem Prüfstand, weil durch das zweifelhafte Energiekonzept der Bundesregierung, das weiterhin auf die Atomenergie setzt und auch den Neubau von Kohlekraftwerken. Beides behindert den Ausbau der erneuerbaren Energien und von Vorreiterrolle ist da nichts zu spüren. Das andere Problem ist auch, dass Deutschland zwar in Kopenhagen zugesagt hat, den armen Ländern eine Anschubfinanzierung zur Verfügung zu stellen, zum Beispiel gegen die Folgen des Klimawandels. Bei genauer Betrachtung stellt sich aber heraus, dass diese Gelder im Wesentlichen recycelte Zusagen von vergangenen Jahren sind, also tatsächlich gar kein neues Geld da drin ist. Insofern wird die Vorreiterrolle rhetorisch noch hochgehalten, aber de facto ist sie eigentlich nicht mehr vorhanden.
Ehring: Woran liegt das? Wie ist das aus Ihrer Sicht zu erklären, dass sich das so geändert hat?
Kowalzig: In Fragen der Energiepolitik hat man das ja verfolgt in den letzten Wochen. Da geht es um die Interessen der großen Energiekonzerne und nicht um die Prioritäten, die der Klimawandel uns eigentlich auferlegen müsste. Das ist eine ganz klare Klientelpolitik. Und bei den Fragen der finanziellen Zusagen, da ist es vermutlich, wie ich vorhin schon sagte, wegen der knappen Haushaltslage so, dass verzweifelt versucht wird, was können wir auf unsere Zusage anrechnen, ohne tatsächlich neue Gelder bereitzustellen.
Ehring: Erwarten Sie denn, dass es Fortschritte gibt bei der Konferenz in Tianjin?
Kowalzig: Tianjin ist ja nur sozusagen ein Schritt zum Klimagipfel in Cancun. Das heißt, die wirklichen Fortschritte und Entscheidungen, die werden dann in Mexiko im Dezember gefällt. Tianjin kann aber bei einigen Themen Fortschritte bringen, das heißt, größere Klarheiten schaffen, zum Beispiel der Frage, wie soll denn der in Kopenhagen versprochene globale Klimafonds eigentlich aussehen, wer verwaltet die Gelder, woher kommt das Geld, welche Instrumente nutzen wir, um Gelder zu generieren. Da kann es graduelle Fortschritte geben, aber wie gesagt: Entschieden wird erst in Mexiko.
Ehring: Jan Kowalzig von der Organisation Oxfam war das. Herzlichen Dank.