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De Maizières Leitkulturdebatte-Vorstoß
Viel Kritik und höhnische Kommentare

Wer in Deutschland Leitkultur sagt, muss sich um den Spott nicht sorgen. Auf Facebook und Twitter hagelte es am langen Wochenende höhnische Kommentare für den Vorstoß des Bundesinnenministers für eine neue Leitkulturdebatte in Deutschland. Heftige Kritik kam auch von fast allen politischen Parteien.

Von Christiane Habermalz |
    "Was ist deutsch" steht am 15.09.2014 in Berlin im AWO Begegnungszentrum in der Adalbertstraße auf einem Plakat.
    Der Innenminister hat die Diskussion um eine deutsche Leitkultur neu entfacht. Grünen-Chef Cem Özdemir betonte hingegeben, für ihn gelte eine europäische Leitkultur. (picture-alliance/ dpa/ Jens Kalaene)
    "Aldi, Wald, Mülltrennung", so der Vorschlag eines Tweets, "Draußen nur Kännchen", ein anderer. Und heftige Kritik erntete Thomas de Maizière auch postwendend von fast allen politischen Parteien. SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel nannte den Vorstoß auf Twitter eine "peinliche Inszenierung", der frühere Umweltminister der Grünen, Jürgen Trittin, sprach von "rechter Stimmungsmache". Die deutsche Leitkultur sei das Grundgesetz, sagte SPD-Vize Ralf Stegner der ARD.
    "Und ansonsten gilt die Vielfalt. Da brauche wir nicht eine konservative Partei, die den anderen vorschreibt, wie sie leben sollen."
    Fraktionsvorsitzender Thomas Oppermann und Kanzlerkandidat Martin Schulz legten am Montag nach: De Maizière entfache eine Scheindebatte, um von seinem Versagen im Fall des rechtsextremen Bundeswehrsoldaten abzulenken, der sich ins Asylsystem eingeschlichen habe, so Schulz. Auch die FDP sprach von einem "Ablenkungsmanöver", statt eines Entwurfs für ein Einwanderungsgesetz gebe es eine Symboldebatte über Leitkultur, kritisierte Parteichef Christian Lindner. Unterstützung erhielt de Maiziere von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer und von CDU-Vize Julia Klöckner. Was de Maiziere fordere, sei das kleine Einmalseins unseres Zusammenlebens, sagte sie in Mainz. Nicht das, was er gesagt habe, sondern das, was daraus gemacht werde, sei der Skandal.
    Zehn Punkte für eine neue Leitkultur
    De Maizière hatte in der "Bild am Sonntag" zehn Punkte für eine neue Leitkultur für Deutschland formuliert, darunter Thesen wie: "Wir sind eine offene Gesellschaft. Wir zeigen unser Gesicht. Wir sind nicht Burka". Dabei hatte er klargestellt, dass es nicht darum gehe, anderen etwas vorzuschreiben, sondern eine Kultur vorzuleben. Wer mit einer Bleibeperspektive nach Deutschland komme und eine solche Leitkultur nicht kenne oder gar ablehne, dessen Integration werde aber kaum gelingen, schreibt der Innenminister.
    Neben Sprache, Grundgesetz und Achtung der Menschenwürde zählt er als Teil einer deutschen Kultur unter anderem das Bekenntnis zu Bildung und Leistung auf, aber auch die sozialen Sicherungssysteme. Das besondere Verhältnis zum Existenzrecht Israels aufgrund der eigenen Geschichte gehöre ebenso dazu wie die Übereinkunft, dass Konflikte gewaltfrei gelöst würden. "Für uns sind Respekt und Toleranz wichtig, wir stören uns daran, dass hier einiges ins Rutschen geraten ist", schreibt de Maizière. Zu einer Leitkultur für Deutschland gehörten auch die christliche Prägung, Traditionen, Kultur und heimatliche Verwurzelung - sowie ein aufgeklärter Patriotismus, der bedeute, dass man sein Land liebe, ohne andere zu hassen. Wer sich seiner eigenen Identität sicher sei, der könne auch selbstbewusst und tolerant anderen gegenüber treten. Grünen-Chef Cem Özdemir betonte, für ihn gelte eine europäische Leitkultur.
    "Die Aufklärung, die Werte der Französischen Revolution, die Trennung von Staat und Religion, das ist es, was die westliche Zivilisation, das ist es, was Europa ausmacht. Und wer hier glücklich werden will, Teil dieser Gesellschaft werden will, der muss sich zu diesen europäischen Werten, nennen Sie es von mir aus europäische Leitkultur bekennen."
    De Maizière wolle am rechten Rand nach Stimmen fischen, lautete der Hauptvorwurf auch der Linkspartei. Und während auf Twitter der Gartenzwerg zum am häufigsten geposteten Bild avancierte ging die AfD schon mal auf Distanz. "Modell de Maizière: Deutsche Leitkultur während der Legislatur torpedieren, zwei Wochen vor der Wahl den großen Kulturverteidiger spielen", twitterte Parteivorsitzende Frauke Petry mit Blick auf die Schleswig-Holstein Wahl.