Nach Abstimmung im Thüringer Landtag
Debatte über das Verhältnis der CDU zur AfD

Nach der Verabschiedung eines CDU-Gesetzentwurfs im Thüringer Landtag auch mit Stimmen der AfD wird über die Haltung der Christdemokraten diskutiert. Linke, SPD und Grüne warfen der CDU vor, die Brandmauer zur AfD eingerissen zu haben.

15.09.2023
    Die Abgeordneten von AfD und CDU sitzen im Thüringer Landtag.
    Abgeordnete von CDU und AfD stimmen ab im Thüringer Landtag - die Regierungsfraktionen von Linken, Grünen und SPD kritisieren scharf, dass die CDU aus der politischen Linie der Bundes-CDU "nach rechts ausschert". (picture alliance / dpa / Martin Schutt)
    Thüringens Ministerpräsident Ramelow sagte im Deutschlandfunk, das sei in seinem langen parlamentarischen Leben der "schwärzeste Tag aller Tage" gewesen. Das Ziel, Familien zu stärken, hätte auch zusammen mit den Regierungsparteien erreicht werden können. Die CDU müsse sich fragen, ob es ihr auf Inhalte ankomme oder ob sie am Ende die Türe öffne, damit die AfD von einer bürgerlichen Mehrheit sprechen könne, sagte der Linken-Politiker.
    Der SPD-Bundesvorstand schrieb im Kurznachrichtendienst X, die Thüringer CDU habe mit der Höcke-AfD gemeinsame Sache gemacht. Die Grünen-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Göring-Eckardt sprach von einem Tabubruch, kritisierte aber auch die FDP. Deren Parteichef Lindner erklärte, die gemeinsame Abstimmung mit der AfD sei kein gutes Signal. Der thüringische FDP-Bundestagsabgeordnete Ullrich sagte im Deutschlandfunk, er verstehe die Aufregung über den Vorgang nicht. Die FDP im thüringischen Landtag habe einem Antrag der CDU zugestimmt, der so im Landes- und Bundesprogramm der FDP stehe. Eine Zusammenarbeit mit der AfD gebe es aber nicht, betonte Ullrich.

    Prien verteidigt Abstimmung

    Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Prien verteidigte das Verfahren. Es sei infam, der CDU eine Nähe zur AfD zu unterstellen, sagte sie im Deutschlandfunk. Es habe bei dem Antrag der Christdemokraten im Landtag in Erfurt keinerlei Absprachen mit der AfD gegeben. Prien unterstrich, die CDU müsse in der Lage sein, konstruktive Oppositionsarbeit zu leisten - ohne sich dafür gleich Vorwürfe anhören zu müssen. Ähnlich äußerte sich der CDU-Vorsitzende Merz. (Das vollständige Interview mit Karin Prien können Sie hier nachlesen.)

    Günther distanziert sich

    Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident und CDU-Landeschef Günther distanzierte sich vom Verhalten seiner Partei in Thüringen. Die zunehmende Radikalisierung der AfD erfordere eine noch konsequentere Haltung gerade einer konservativen Partei, sagte Günther in Kiel. Dies gelte auch für eigene Initiativen, die absehbar nur mit Hilfe der AfD Aussicht auf Erfolg hätten. Das Vorgehen in Thüringen widerspreche dieser Haltung.
    Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Wüst sagte, der thüringische AfD-Chef Höcke sei ein "brandgefährlicher Politiker". Mit diesem dürfe man "gar nichts machen". Wüste ergänzte, die Verhältnisse im Thüringer Landtag seien schwierig. Er könne sich nicht zu dem Fall äußern, bevor er nicht die genauen Hintergründe der Abstimmung kenne. Entscheidend für ihn sei, ob es in Thüringen eine heimliche Absprache zwischen CDU und AfD im Vorfeld gegeben habe. Das sei etwas anderes, als wenn die AfD "einfach nur mitgestimmt" hätte. Für ihn stehe fest, dass eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen sei, betonte Wüst.
    AfD-Bundessprecherin Weidel schrieb auf X, die Brandmauer sei Geschichte, Thüringen erst der Anfang. Die AfD ist in Thüringen vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft.

    Ramelow will Verfassungsbeschwerde prüfen

    Die CDU-Fraktion im Erfurter Landtag hatte gemeinsam mit FDP und AfD gegen den Willen der rot-rot-grünen Minderheitsregierung eine Senkung der Grunderwerbsteuer von 6,5 auf fünf Prozent durchgesetzt. Auch Freibeträge sollen gewährt werden. Die Landesregierung von Ministerpräsident Ramelow will eine Verfassungsbeschwerde prüfen. Rechtlich gesehen dürfe das Land nur die Höhe des Steuersatzes festlegen, heißt es zur Begründung.
    Diese Nachricht wurde am 15.09.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.