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Debatte über Moscheesteuer
Mehr Unabhängigkeit vom Ausland

Sie hat die Debatte ausgelöst und rudert jetzt zurück: Die liberale Muslima Seyran Ates fordert inzwischen eine freiwillige Abgabe statt einer Moscheesteuer, um Gemeinden in Deutschland unabhängig zu machen von ausländischen Geldgebern. Dafür gibt es aus der Politik viel Zustimmung, aber auch Kritik.

Von Volker Finthammer |
    Mittagsgebet in der Sehitlik Moschee in Berlin Neukoelln bei einem Tag der offenen Tür.
    Mittagsgebet in der Sehitlik Moschee in Berlin Neukoelln bei einem Tag der offenen Tuer Berlin 03 (imago stock&people)
    Die der Debatte um die Moscheesteuer zugrunde liegende Idee findet breite Unterstützung. Dass sich in Deutschland wirkende Religionsgemeinschaften in ersten Linie von ihren Gläubigen und Mitgliedern finanzieren sollen und nicht durch ausländische Geldgeber, seien es private oder staatliche, die darüber auch Einfluss auf die Ausrichtung der Glaubensgemeinschaft nehmen wollen.
    Das gilt etwa auch für die Ausbildung der Imame, die vom größten deutschen türkisch islamischen Kulturverein Ditib, der bundesweit knapp 900 islamische Gemeinden betreut, aus türkischen Imamschulen als Prediger nach Deutschland geholt werden und deren Finanzierung überwiegend über ausländische Staaten, an erster Stelle der Türkei erfolgt. Die in Deutschland erhobene Moscheesteuer würde radikalen Kräften besser entgegenwirken und den Einfluss aus dem Ausland verringern, lautet die zentrale Überlegung.
    Moscheesteuer: Möglich, aber ein juristisch weiter Weg
    Doch wirft die Idee im nächsten Schritt gleich weitere Fragen auf. So sind die christlichen Kirchen in Deutschland als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert und finanzieren sich weitgehend aus der Kirchensteuer. Juristisch wäre dieser Weg auch für andere Religionsgemeinschaften möglich, doch Seyran Ates, die Gründerin der liberalen Moschee in Berlin, die den Vorstoß vor den Weihnachtstagen gewagt hatte, erklärte heute im ARD-Morgenmagazin, dass es ihr dabei nicht um das gleiche Finanzierungsmodell wie bei den christlichen Kirchen geht.
    "Es ist keine gute Idee, die aktuelle Verbände zu Körperschaften des öffentlichen Rechts zu erklären und eine kirchensteuerähnliche Moscheesteuer einzuführen. Wir sollten das als Arbeitstitel nehmen und über neue Modelle nachdenken, wie wir das mit dem Islam machen."
    Moscheesteuer nur als Arbeitstitel verwenden
    Denn eine rechtliche Gleichstellung mit den christlichen Kirchen in Deutschland, die wäre aufgrund der derzeitigen Ausrichtung der islamischen Verbände wenig hilfreich.
    "Das Problem hier in Deutschland auch mit der Deutschen Islamkonferenz oder insgesamt bei der Frage der Integration der Muslime ist, dass man immer versucht, an der Stelle, wo es ums Geld geht, den Islam zu verkirchlichen, aber gleichzeitig auf der anderen Seite, wenn es um religiöse Praktiken geht sagt, ja, das ist ihre Religion, sie dürfen machen, was sie wollen."
    Dennoch sollten Wege gefunden werden, wie sich auch die islamischen Glaubensverbände in Deutschland überwiegend von ihren Mitgliedern finanzieren. Seyran Ates forderte deshalb die Einführung einer freiwilligen Abgabe, der Zakat, die auch im islamischen Recht als soziale Pflichtabgabe verankert ist.
    "Die da bedeutet: Vom reinen Kapitalvermögen, vom ruhenden Kapitalvermögen, 2,5 Prozent abzugeben. Mann könnte dieses Modell nehmen. Das ist nämlich eine Pflicht der Muslime und dann schauen, dass man das in diesem Mittelfeld Richtung Kirchensteuer eine Konstruktion bildet und da sind die Juristen jetzt gefragt, dass man das durchaus transparent gestaltet."
    Moscheen in Deutschland unabhängig machen vom Ausland
    Die Geldströme aus dem Ausland sind das wesentliche Argument in der politischen Debatte der letzten Tage, weshalb der Vorstoß vom Grundsatz her zahlreiche Unterstützer findet:
    "Wir müssen schauen, dass wir unabhängig vom Ausland werden, das wir wissen, wo ein deutscher Islam auch seine Finanzierung herbekommt", sagt der CSU-Abgeordnete Michael Frieser. Und für den Grünen Innenexperten Konstatin von Notz ist klar, dass die Ausbildung der Imame künftig in Deutschland stattfinden sollte. Notz würde aber auch soweit gehen, das Kirchensteuerrecht auch auf die islamischen Verbände zu übertragen.
    "Wenn man schon so ein funktionierendes Instrument im deutschen Verfassungsrecht hat, dann sollte man das sehr ernsthaft diskutieren, ob das eben nicht auch für den Islam möglich ist. Für andere Religionsgemeinschaften hat man das auch schon angewendet", so Notz im NDR. Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland Aiman Mazyek begrüßte das im MDR und will den Moscheen die Entscheidung selbst überlassen.
    "Wir sollten hier durchaus ein positiven Wettbewerb aufziehen, der dann letztendlich den Moscheen die Entscheidung selber überlässt. Möchten sie daran teilnehmen oder möchten sie ein anders Konzept. Und die Diskussion geht nicht so, entweder machen sie alle mit oder keiner macht mit, sondern man kann ja schon einmal beginnen."
    Doch vor der Steuer könnte auch für Mazyek die freiwillige Abgabe in Form der Zakat stehen. Aber in jedem Fall müsse der Staat bei der Organisation mithelfen.