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Debatte um Flüchtlingspolitik
Schäuble: "Wir brauchen Zuwanderung"

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble fordert seine Politiker-Kollegen auf, besser über den Nutzen von Zuwanderung aufzuklären. Anders reagieren dagegen seine CDU-Parteifreunde aus Sachsen auf die Pegida-Proteste: Sie wollen die Asylpolitik auf den Prüfstand stellen.

Von Stefan Maas |
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) spricht am 09.09.2014 im Reichstag in Berlin während der Sitzung des Bundestags.
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am 09.09.2014 während der Sitzung des Bundestags. (Maurizio Gambarini, dpa picture-alliance)
    Für Wolfgang Schäuble steht fest: Politiker sind angesichts der islamfeindlichen Proteste in mehreren deutschen Städten in der Pflicht, besser zu erklären, welchen Sinn und Nutzen Zuwanderung hat. "So wie uns nach dem Zweiten Weltkrieg Millionen Flüchtlinge und Vertriebene beim Aufbau unseres Landes genützt haben und später die Gastarbeiter, so brauchen wir auch heute Zuwanderung", sagte der Bundesfinanzminister im Interview mit der "BILD"-Zeitung. Deshalb müsse die Politik besser darin werden, die Veränderungen im Alltag und in der Welt zu erklären. Der Präsident des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer, sagte in der Rheinischen Post, unter den Flüchtlingen seien viele mit guter Schulbildung. Zum Beispiel aus dem Irak und Syrien. Und viele mit großem praktischen Geschick.
    Die Politik müsse Rahmenbedingungen schaffen, um diese Menschen auszubilden. Viele Handwerksbetriebe fänden schon jetzt keine Lehrlinge mehr. Und würden gerne junge Flüchtlinge ausbilden. Dann müsse aber auch klar sein, dass diese über die gesamte Lehrzeit in Deutschland bleiben dürften. Die Betriebe brauchten Planungssicherheit, sagte Wollseifer. Wichtig sei auch, dass die Flüchtlinge schnell Deutschkurse besuchen könnten, um in der Berufsschule und im Betrieb mithalten zu können. Für schnellen Zugang zu Deutschkursen sprach sich auch der stellvertretende hessische Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung aus".
    EKD-Chef im DLF: Pegida ist "unerträglich"
    Die islamfeindlichen Pegida-Demonstrationen in Dresden, bei denen am vergangenen Montag rund 17.500 Menschen auf die Straße gegangen waren, bezeichnete Al-Wazir als Aufstand der Zukurzgekommenen und Angstbeladenen. Der hessische Wirtschaftsminister fügte hinzu, Menschen aus anderen Ländern würden sich nun überlegen, ob sie nach Sachsen gingen. Das sei eine Katastrophe für die wirtschaftliche Entwicklung der ostdeutschen Länder.
    Heinrich Bedford-Strohm, der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof, sagte im Interview der Woche des Deutschlandfunks, auch ihm mache die Pegida-Bewegung Sorge. Es sei aber nicht genug, die Demonstranten einfach nur zu verurteilen.
    "Natürlich muss man sich klar davon absetzen. Natürlich muss man das klar verurteilen. Es ist unerträglich, wenn Menschen da auf die Straße gehen gegen noch Schwächere. Aber wir müssen natürlich auch überlegen, wie können wir diesen Menschen klar machen, dass die Angst, aus der heraus sie da auf die Straße gehen, eben nicht berechtigt ist."
    Sachsen-CDU will Asylpolitik prüfen
    Unterdessen hat die CDU in Sachsen angekündigt, als Reaktion auf die Pegida-Demonstrationen, bei denen die Redner Angst vor einer angeblichen Überfremdung schüren, die Zuwanderungs- und Asylpolitik überprüfen zu wollen. Michael Kretschmer, der Generalssekretär des Landesverbandes sagte der Deutschen Presseagentur, eine Expertenkommission solle eine kritische Bestandaufnahme machen, die Unterschiede zwischen Zuwanderungs- Asyl- und Flüchtlingspolitik definieren. Und eine ehrliche Einschätzung liefern, welche Versäumnisse es gebe. Der CDU-Politiker erklärte, seine Partei stehe zum Grundrecht auf Asyl. Für die Union stehe aber auch fest, dass die Prüfungsverfahren beschleunigt werden müssten. Und Menschen ohne einen Rechtsanspruch Deutschland wieder verlassen müssten.
    Der Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Deutschland, Safter Cinar, kritisierte im "Tagesspiegel am Sonntag", dass Politiker der Pegida-Bewegung in den vergangenen Tagen und Wochen immer wieder Dialogangebote gemacht haben. "Wofür soll man Verständnis haben? Dass in der Hauptstadt Sachsens, wo es ein Prozent Muslime gibt, angeblich das Abendland untergeht?" Nötig sei vielmehr eine klare Abgrenzung von Fremdenfeindschaft und Rassismus.