Es habe eine Ausdifferenzierung der Ultraszene gegeben, so Jonas Gabler, der Mitbegründer der Kompetenzgruppe Fankulturen und Sport an der Leibniz Universität Hannover ist. Es gebe häufig mehrere Ultragruppen an einem Standort. Ein Teil habe sich radikalisiert. Dadurch entstehe Druck auf andere Gruppen, ebenso eine solche Verwandlung zu durchleben. Der Druck von außen sei eher größer als kleiner geworden, so Gabler, sowohl durch die Politik aber auch die Medien. Die "Bild"-Zeitung habe fast eine Kampagne gefahren, "die die Ultras ins Visier nimmt". Gabler kritisierte: "Man könnte den Eindruck bekommen, Ultras seien eine ähnliche Bedrohung wie Terrorismus oder organisierte Kriminalität."
Dass sie pauschal als bedrohlich wahrgenommen würden, habe die Radikalisierung befördert, so Gabler, nach dem Motto: "Wenn ihr uns so seht, verhalten wir uns auch so."
Die Fans hätten zudem das Gefühl, dass Zuschauer immer weniger wichtig seien. Die Eintrittsgelder machten im Vergleich zu internationalen Märkten und Fernsehgeldern nur noch einen geringen Anteil aus.
Fans haben das Gefühl, keinen Unterschied mehr zu machen
Fans würden sich in der Folge entfremden und sich selbst als einzige Konstante sehen, während Spieler und Trainer häufig wechseln würden. Die Ultragruppen würden als Reaktion ihr eigenes Süppchen kochen, sich weniger für Fanpolitik interessieren, weil sie das Gefühl hätten, nichts bewegen zu können.
Es bestehe die Gefahr, dass eine neue Generation heranwachse, die sich aufgrund des neuen, gewaltbereiten Images der Ultras der Szene anschließe und sich in eine gewaltaffinere, actionaffinere Richtung bewege. Diejenigen, die sich vor zehn bis 15 Jahren angeschlossen hätten, hätten dies eher wegen Fahnen, Choreographien und inhaltlicher Gründe getan.
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